Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
zwielichtigen Gewerbe arbeitet, stellt er sich ganz schön an.
„Ich muss es tun. Es wird Zeit, mehr über Ron herauszufinden, und ich bin sicher, er bewahrt alle wichtigen Unterlagen in seinem Bürosafe auf. Selbst wenn er mit dem Mord nichts zu tun hat, stimmt etwas nicht. Vielleicht will er mich nur um mein Geld bringen. Möglicherweise aber finde ich einen Hinweis darauf, ob er in den Mord an Barelli verwickelt ist.“
„Glaubst du etwa, in seinem Safe liegt ein Geständnis? So nach dem Motto Ich war’s. Ich habe Barelli ermordet ?“
„Spar dir deinen Sarkasmus. Hilfst du mir jetzt oder nicht?“
„Es muss einen anderen Weg geben.“ Mit verschränkten Armen lehnt er sich an die Küchentheke. Man könnte meinen, ich hätte von ihm verlangt, in Rons Büro einzubrechen. Dabei will ich nur, dass er Schmiere steht, während ich den Einbruch begehe.
„Ich bin ganz Ohr, wenn du einen besseren Vorschlag hast.“ Schweigen. Dachte ich es mir doch, ihm fällt auch nichts Gescheiteres ein. Die Stille hält für ein paar Sekunden an, dann aber breitet sich ein Lächeln über sein Gesicht aus.
„Natürlich habe ich einen besseren Vorschlag“, sagt er.
Ich bin nicht sicher, ob Christians Idee wirklich so gut war, als ich, bekleidet mit einem Blazer über einer dezenten grauen Hose, Rons Sekretärin gegenüberstehe. Meine neuerdings verlängerten Haare habe ich hochgesteckt und hoffe, damit über ihre neue Länge hinwegtäuschen zu können. Hinter mir auf den Stühlen, die für wartende Bankkunden reserviert sind, blättert Christian in einer Zeitschrift, während er so tut, als habe er mich noch nie gesehen.
Auch er trägt Geschäftskleidung, einen grauen Anzug, italienische handgearbeitete Schuhe und eine Sonnenbrille. Es war seine Idee, sich als potentieller Privatkunde einen Termin geben zu lassen und am helllichten Tag hierher zu kommen. Während ich Rons Sekretärin ablenke, will er sich in das Büro schleichen und Aufnahmen von den Unterlagen machen, die Ron in seinem Safe liegen hat. Ich kann nur hoffen, dass ich recht habe, was die Zahlenkombination betrifft.
„Ich möchte zu Ron“, sage ich ohne Umschweife zu Frau Gardner und versuche, die aufkeimende Eifersucht zu unterdrücken, als eine hübsche Mittzwanzigerin mit wiegenden Hüften und einem sehr kurzen Rock an Christian vorbeistolziert. Der verrenkt sich fast seinen Hals, um ihr hinterherzusehen. Männer!
„Herr Krämer ist nicht im Haus“, gibt Frau Gardner mir, ohne es zu ahnen, das Stichwort. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Christian die Zeitung zur Seite legt. Ich hole tief Luft.
„Ich will ihn sehen, jetzt gleich.“
„Er ist nicht da, Sie können es in einer Stunde noch einmal versuchen.“ Ungerührt tippt Frau Gardner weiter, tut so, als sei ich Luft.
„Das lasse ich mir nicht länger gefallen. Ich weiß genau, dass er hier ist! Sie sollten anfangen, Ihren Job anständig zu machen, anstatt mir mit ihren Lügengeschichten auf die Nerven zu gehen!“
Jetzt endlich habe ich ihre Aufmerksamkeit. Mit gerunzelter Stirn schaut sie mich an, während Christian sich hinter mir leise von seinem Sitz erhebt. Um von ihm abzulenken, nehme ich die Blumenvase, die auf Frau Gardners Tisch steht, und kippe den Inhalt über ihre Tastatur.
„Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?“ Hektisch putzt sie auf der Tastatur herum, aber ich bin noch lange nicht fertig. Mit einer weit ausholenden Bewegung wische ich ihren Schreibtisch leer. Ein lautes Krachen ertönt, als Ordner, Eingangskörbe, Stifte und sämtliche Dokumente auf dem Boden landen.
Die Tür zu Rons Büro schließt sich.
Frau Gardner starrt mich mit weit aufgerissenen Augen an.
„Vielleicht hat Ron jetzt Zeit für mich?“ Statt einer Antwort beginnt sie hastig, auf ihrem Handy herumzutippen.
„Schicken Sie sofort zwei Leute von der Security hierher. Hier ist eine Verrückte“, kreischt sie in den Hörer. Doch bevor ihre Helfer erscheinen, öffnet sich die Tür und Ron spaziert herein. Damit hatte ich nicht gerechnet. Eigentlich sollte er beim Mittagessen sein. Unser sorgfältig ausgeklügelter Plan sah vor, Christian mindestens zehn Minuten zu verschaffen. Damit er in aller Ruhe Aufnahmen von den Dokumenten machen kann. Wenn er fertig ist, wird er durch das Fenster in Rons Büro verschwinden.
„Was machst du denn hier?“, blaffe ich Ron an. Erhebe meine Stimme, damit Christian mich hören kann. „Warum bestellst du mich für ein Uhr her, wenn du genau
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