Trauerweiden
eifersüchtig dieses Vieh war. Mehrfach schon hatte die Katze ihn gekratzt, und er war sich sicher, dass das kein Versehen gewesen war, wie Lisa immer behauptet hatte, sondern die reine Bosheit. Pure Berechnung zumindest. Denn schließlich beanspruchten sie beide Lisa für sich. Dass Heiko im Ernstfall auf jeden Fall am längeren Hebel säße, brachte ihm rein gar nichts, weil er ja schlecht mit dem Kater seiner Freundin eine Schlägerei anfangen konnte. Und so waren sie eben Feinde, heimlich, still und leise. Heiko betrachtete das Essen. Lisa hatte Lasagne gemacht. Er erinnerte sich vage, dass Lasagne das Lieblingsessen des Comic-Katers Garfield war. Wie passend! Einen kurzen Moment überlegte er, ob sie das wohl extra gemacht hatte, weil sie nun eine kleine Portion der Lasagne abstach und dekorativ in den Katzenfutternapf fallen ließ. Fehlte nur noch die Petersilie aus der Sheba-Werbung. Sofort rannte der Kater zur Schüssel und schnupperte an dem leckeren Nudelgericht. Tja, war wohl zu heiß. Pusten, Katze, pusten. Heiko lachte boshaft in sich hinein, was Lisa aber, Gott sei Dank, nicht sah. »Guten Appetit«, wünschte sie, und Heiko ließ den ersten Bissen Lasagne in seinem Mund verschwinden. Er kaute nachdenklich. Prüfend betrachtete ihn Lisa. Sie schien wohl auf eine Reaktion zu waren.
»Oh, äh, lecker«, beeilte sich Heiko zu versichern.
»Also, so wie ich das sehe, gibt es momentan zwei Verdächtige«, meinte Lisa, nachdem sie eine Weile schweigend gegessen hatten. »Zum einen Monika Silberschmidt, die auf jeden Fall ein Motiv hat. Und kein richtiges Alibi. Und dann diesen durchgedrehten Hofmeister, der sich die Beziehung zu Jessi meiner Meinung nach komplett ausgedacht hat.«
»Wie kommst du denn darauf?«
Lisa schluckte und sagte dann: »Keine Ahnung. Irgendwie spinnt der, findest du nicht?«
»Du vergisst Katja Blum«, wandte Heiko ein. »Die hat auch ein Motiv.«
»Jaaah«, gab Lisa zu, »aber ich weiß nicht … «
»Du traust ihr das nur nicht zu, weil sie dir leid tut«, unterstellte Heiko.
Lisa aß ein weiteres Stück Lasagne. Vielleicht hatte ihr Freund recht. Katja Blum tat ihr tatsächlich leid. »Wer ist denn dein Favorit?«
Heiko kaute konzentriert. »Weiß nicht. Vielleicht doch der Hofmeister. Obwohl ich es den beiden anderen auch zutrauen würde, durchaus.«
Er trank einen Schluck Rotwein, den Lisa exakt zum Nudelgericht passend ausgewählt hatte. »Der Hofmeister hätte ja eifersüchtig sein können, weil Jessica sich eben doch nicht von Florian trennen wollte. Die Tat ist so brutal, da muss eine starke Emotion im Spiel sein.« Heiko gab Lisa recht, widersprach ihr aber in einem Punkt: »Emotion ja, aber das Ganze war geplant. Ich bitte dich, ein exakter Stich ins Herz! Wenn da Eifersucht im Spiel wäre, dann hätte der Mörder das Opfer ja bestrafen wollen und sicher anders zugerichtet.«
Lisa machte »Hm« und sagte dann: »Ich finde, wir sollten den Hofmeister nochmal verhören. So richtig offiziell mit Druck auf dem Revier. Und wenn der wirklich Dreck am Stecken hat und so spinnt, wie du meinst, dann wird er vielleicht zusammenbrechen und ein Geständnis ablegen.«
Donnerstag, Tag der deutschen Einheit, 03. Oktober
»Und das ist also die Insel?«, fragte Lisa zweifelnd, als sie morgens vor dem Eingang des Palm Beach in Stein bei Nürnberg standen. Heiko hatte ihr einen Tag auf einer Insel versprochen. »Du wirst schon sehen«, meinte Heiko, drückte die Kippe aus und die beiden betraten das Freizeitbad. Lisa entdeckte als Erstes den Heilbrunnen. »Da würde ich nicht draus trinken«, riet Heiko. »Soll ja gesund sein, und so schmeckt es auch.« Lisa grinste. Danach fielen ihr die Edelsteine ins Auge. Achate, Amethyste und glitzernde Kristallformationen in allen Größen waren in Vitrinen ausgestellt. Kein Wunder, dass es ihrem Freund hier gefiel, ihm, dem passionierten Halbedelsteinsammler.
Zwanzig Minuten später betrat das Paar den Saunabereich des fränkischen Bades. Augenblicklich fühlte sich Lisa ins alte Ägypten versetzt. Man betrat die Sauna durch einen Bereich, der den klangvollen Namen »Isis-Bad« trug und offenbar als Damensauna diente. Und tatsächlich kam ihr der Ort schon jetzt wie eine orientalische Oase vor. Lebensgroße Frauendarstellungen, die an die ägyptische Kunst angelehnt waren, schmückten die Wände. Jedoch waren die Bilder nicht gemalt. Vielmehr handelte es sich um Mosaiken aus Achatscheiben in allen Größen und Farben. Lisa konnte es
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