Trauerweiden
Fall, dass sie jemals ein gemeinsames Haus mit Garten haben sollten. Da lagen sie also, in der hohen, lichtdurchfluteten gläsernen Halle, im riesigen Strandkorb, vor sich das Wellenbad, an den Wänden Bilder im Stil von Gauguin, und Lisa wusste in diesem Moment ganz genau, was Heiko mit der Insel gemeint hatte.
Freitag, 04. Oktober
»Weißt du, was ich noch komisch fand bei diesem Hofmeister?«, begann Lisa, als sie mit zwei Automatenkaffeebechern ins Büro kam.
»Hm«, brummte Heiko und signalisierte damit seine latente Bereitschaft zum Zuhören. »Dieser Typ hatte überhaupt kein Problem mit dem DNA-Test. Kein Gedanke daran, dass er sich mit einer Vaterschaft verdächtig machen könnte. Im Gegenteil, ich hatte den Eindruck, der wäre sogar stolz.«
»Hm.«
»Hörst du mir überhaupt zu?«
»Jaja.«
»Was machst du denn da?« Lisa stellte sich hinter ihn und entdeckte das Notizbuch mit dem rätselhaften Eintrag.
»Schrägstrich L G L (/lgl)«, murmelte Heiko. »Was heißt das bloß?«
»Vielleicht ist es eine Abkürzung«, schlug Lisa vor. »So wie lol.«
»Was ist denn lol?«, wollte Heiko wissen.
»Das heißt ›laughing out loud‹ und bedeutet ›Das finde ich voll witzig‹.«
»Aber warum dann der Schrägstrich? Und wer zum Teufel ist diese Marianne?«
»Es könnte auch Marion heißen«, schlug Lisa vor. »Oder Monika.«
»Die hatte aber auch eine Sauklaue«, beschwerte sich Heiko.
Lisa nippte am Kaffee. »Vielleicht wollte sie ja nicht, dass jeder das lesen kann. Florian. Dass der nichts davon mitkriegt. Die anderen Einträge sind nämlich sehr ordentlich.«
»Möglich«, murmelte Heiko.
Lisa seufzte. »Am besten fragen wir nochmal Florian Ehrmann«, schlug sie dann vor. »Vielleicht weiß der ja doch irgendwas.«
Sie fanden Florian Ehrmann wieder in der Werkstatt. Diesmal arbeitete er an einem Grabstein. Als er die Kommissare erblickte, legte er sofort Hammer und Meißel zur Seite und kam auf die beiden zu.
»Und?«, fragte er und zog erwartungsvoll die Augenbrauen hoch.
»Wir bräuchten nochmal Ihre Hilfe, Herr Ehrmann«, begann Lisa.
Ehrmann sackte richtiggehend in sich zusammen. »Und ich dachte schon, ihr hättet den Mörder«, seufzte er. Lisa versuchte ein aufmunterndes Lächeln. »So schnell geht es nicht«, meinte sie, »Aber wir haben einige heiße Spuren.«
»Kommt ihr mit raus? Ich würde eine rauchen … «
Eine Minute später standen sie in der Raucherecke des Firmengeländes. Neben der Tür war wenig dekorativ ein roter Standaschenbecher aufgestellt. Mit fahrigen Fingern fischte Ehrmann eine Zigarette aus der Schachtel. Heiko gab ihm Feuer. Der Mann inhalierte den Rauch tief, ganz tief. Lisa glaubte schon, er würde überhaupt nicht mehr ausatmen. Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, blies er aus und fragte: »Ihr habt angedeutet, ihr hättet Verdächtige? Nämlich?«
Lisa räusperte sich. »Also. Da wäre zunächst mal die Monika Silberschmidt, wegen der Sache mit … nun ja, Sie wissen schon.«
Ehrmann winkte ab.
»Ich bin da ja auch nicht grade stolz drauf. Aber auf seine Gefühle muss man hören, oder etwa nicht? Heißt es nicht ›Drum prüfe, wer sich ewig bindet‹?«
»Da haben Sie ganz recht, Herr Ehrmann«, stimmte die Kommissarin aus vollem Herzen zu.
»Und die Monika könnte so was nie. Nie im Leben. Die hätte ja gar keinen Grund.«
»Die Frau Silberschmidt war neulich Nacht nicht zufällig bei Ihnen?«, schaltete sich Heiko ein.
Florian wurde puterrot und schluckte. Nervöse Flecken erschienen auf seinem Hals. Er zog erneut an der Kippe, nahm aber diesmal keinen Lungenzug. »Wieso neulich?«
»Die älteren Damen haben da so was erwähnt«, log Heiko.
Wenn Ehrmann wüsste, dass Lisa den Mülleimer in seinem Bad durchforstet hätte, dann wäre das ihrem Verhältnis nicht gerade zuträglich.
»Also … neinnein, da haben sich die beiden aber getäuscht, das … also … wirklich nicht.«
Lisa dachte bei sich, was für verdammt schlechte Lügner die Männer doch waren. »Soso«, machte sie, damit Ehrmann zumindest ein schlechtes Gewissen bekäme. »Und dann hätten wir da noch die Katja Blum. Die ist offenbar bei einer Beförderung übergangen worden, zugunsten Ihrer Freundin.«
»Also von der hat die Jessi nur einmal ganz kurz was erzählt, dass die so langweilig und lahm sei, aber sonst weiß ich nichts über die. Ich glaube, ich würde sie nicht mal erkennen, wenn ich die auf der Straße treffen würde.«
»Die Frau Blum hat jedenfalls
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