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Trauerweiden

Trauerweiden

Titel: Trauerweiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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wusste die Moni ganz genau, dass der Florian auf der Party und somit aus der Bahn war. Vielleicht hatte sie sogar einen Spion auf der Party«, gab Lisa zu bedenken. »Hm?«
    »Ihr Bruder war doch auf der Party. Den hätte sie fragen können.«
    »Richtig«, stimmte Heiko zu, »und der hätte nicht mal merken müssen, dass er ein Komplize ist. Und anatomische Kenntnisse hat sie auch. Sie ist doch Pflegerin.«
     
    Zurück auf dem Revier wählte Heiko die Nummer von Björn Silberschmidt und stellte die Telefonanlage auf laut. Es dauerte nicht lange, bis der Hörer abgenommen wurde und eine etwas hektisch wirkende Stimme sich mit einem »Silberschmidt, Automobilvertrieb?« meldete.
    »Guten Tag, Herr Silberschmidt, hier Wüst von der Kriminalpolizei Crailsheim. Meine Kollegin Luft hört zu, stört Sie das?«
    »Worum geht es denn?«
    »Sie kannten Jessica Waldmüller?«, fragte Heiko.
    »Flüchtig. Ich bin ein Kumpel vom Florian, wir gehen ab und zu mal was trinken. Wieso?«
    »Und Ihre Schwester kannte sie auch?«
    Am anderen Ende der Leitung war ein Schnauben zu hören. »Das ist ja wohl leicht untertrieben. Nachdem diese Tussi ihr den Florian ausgespannt hatte, war meine Schwester monatelang nicht zu gebrauchen. Das war damals ganz schlimm.«
    »Hm.«
    »Ja.«
    Heiko überlegte. Nun musste er clever vorgehen. Silberschmidt durfte nicht das Gefühl haben, er würde seine Schwester verpetzen.
    »Und sicherlich hat Ihre Schwester sich öfters bei Ihnen nach dem Florian erkundigt?«
    »Andauernd!«
    »Ja? Am Volksfestfreitag auch?«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann, nach einer ganzen Weile: »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
    »Ihre Schwester hat ein sehr gutes Motiv, Herr Silberschmidt. Und sie wusste, vielleicht von Ihnen, dass Jessica Waldmüller an diesem Tag alleine nach Hause gehen würde.«
    »So ein Quatsch«, ereiferte sich Silberschmidt. »Meine Schwester bringt doch niemanden um.«
    »Hat Ihre Schwester Sie auf der Party nun angerufen oder nicht?«, insistierte Heiko.
    Wieder Schweigen.
    »Wissen Sie, für so was gibt es Einzelverbindungsnachweise«, schaltete sich Lisa ein.
    Dann, nach einigem Zögern, kam die Antwort: »Also gut, sie hat mich angerufen, ja, aber sie ruft mich sowieso ständig an. Ob sie nach Florian gefragt hat, weiß ich nicht mehr, aber selbst wenn, dann wäre das nichts Außergewöhnliches, weil sie immer nach ihm fragt.«
    »Weil sie ihn immer noch liebt?«, vermutete Lisa.
    »Keine Ahnung, fragen Sie sie doch selber.«
    »Das werden wir, Herr Silberschmidt, ganz sicher werden wir das.«
    Heiko verabschiedete sich und beendete das Gespräch. Lisa hatte sich die Gießkanne gegriffen und tröpfelte vorsichtig Wasser in den Frauenschuh.
    »Das bestätigt doch unsere Theorie. Wenn Monika immer noch in Florian verliebt ist, dann wäre es nur logisch, dass sie Jessica weghaben will. Auf welche Weise auch immer.«
    »Sag ich doch schon lang. Du lässt dich ja von ihren weiblichen Reizen einwickeln.«
    »Iiiiich? Aber wie … «, Heiko hielt inne, besann sich aber eines Besseren, weil er nicht glaubte, dass Diskussionsversuche hier von Nutzen wären. »Quatsch«, sagte er also und schenkte Lisa sein schönstes Lächeln.
    »Jedenfalls. Monika will Florian zurück und bringt deshalb die Jessi um. Damit ihr Ex wieder frei ist. Macht doch Sinn.«
    »Also, dann schauen wir uns die Dame nochmal an.«
     
    Monika ging nicht an ihr Handy, aber ein Anruf im Ilshofener Altersheim ergab, dass sie gerade dort war. Heiko und Lisa setzten sich in den M3 und fuhren los.
     
    Heiko hasste Altenheime. Sie erinnerten ihn immer an den Tod seines Opas vor fünf Jahren. Der alte Herr war nach seinem zweiten Schlaganfall zum Pflegefall geworden, und seine Oma und Onkel Sieger hatten sich hingebungsvoll um ihn gekümmert. Trotzdem hatte die Pflege an den Angehörigen gezehrt. Aber den Opa ins Heim abzuschieben, das war nicht in Frage gekommen, keine Sekunde hatte das zur Debatte gestanden, zumindest anfangs nicht. Und es war ja noch okay, nicht gut, aber okay. Er hatte noch einigermaßen richtig getickt, meistens zumindest, und hatte nur bei den täglichen Verrichtungen Hilfe gebraucht. Ganz am Schluss mussten sie ihn dann doch ins Heim geben, weil es einfach nicht mehr gegangen war, und weil sich sein Zustand extrem verschlimmert hatte. Heiko sah an dem Gebäude hoch. Ein weiß gestrichener Kasten mit gefühlten 1.000 Fenstern, die wie schwarze, seelenlose Augen anklagend die Umgebung fixierten.

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