Trauerweiden
Kiefer des Alten mahlten weiter.
»Jedenfalls war ich es nicht. Ich muss euch enttäuschen.«
Die Kommissare wechselten einen Blick. »Ja, so einfach ist es nun leider nicht, wir bräuchten das schon noch etwas präziser«, meinte Heiko.
Monika stach ein weiteres Stück vom Kuchen ab. »Ich hab doch schon gesagt, dass ich mit dem Taxi heim bin.«
Der Alte leckte sich die Lippen.
»Wir haben aber keinen Taxifahrer gefunden, der Sie mitgenommen haben soll.«
Monika runzelte die Stirn. Dann lachte sie unfroh auf.
»Der alte Zigeuner. Ist ja klar, dass er den Mund hält, er hatte ja schließlich den Zähler aus. Ich fahre in solchen Fällen immer mit dem Hubertus, der fährt für den Taxi Arslan.«
»Wir werden das überprüfen, Frau Silberschmidt.«
»Tun Sie das«, sagte die Pflegerin und wirkte plötzlich sehr, sehr müde, »tun Sie das.«
Lisa schürzte die Lippen. »Ich hoffe, du hast heute Abend noch nichts vor«, wechselte sie das Thema. Heiko runzelte die Stirn. Das hörte sich komisch an. So förmlich. Irgendwas war da im Busch. Was Ungutes.
»Du weißt doch, dass Eva uns diesen Salsakurs geschenkt hat. Nun, die erste Stunde ist heute Abend.« Lisa lächelte ein feines Lächeln, und Heiko konnte einen gewissen Triumph in ihrer Mimik ausmachen. Sie hatte ihn absichtlich nicht vorher gefragt. Auf die Weise hatte er nichts dagegen sagen können.
»Aber … «, begann er und Lisa zog die Augenbrauen hoch.
»Was, aber? Du willst mir doch nicht etwa mein Geburtstagsgeschenk verderben?«
Heiko brummte missmutig. Verdammt. Er würde wohl in den sauren Apfel beißen müssen. Schnell beauftragten die beiden Ermittler noch Simon mit der Überprüfung von Monikas Alibi, bevor Heiko sich in sein Schicksal ergab.
Der Typ erinnerte frappierend an Jean-Pierre, den französischen Saunameister. Obwohl er mit dem langhaarigen Pferdeschwanzfranzosen äußerlich rein gar nichts gemeinsam hatte – der Kerl war Latino, klein, aber drahtig und durchaus nicht unansehnlich, leider – aber mit dem Franzosen hatte er trotzdem gewaltige Ähnlichkeit. Er hatte sich als Juan vorgestellt. Juan wirkte genauso widerlich leidenschaftlich und sensibel wie der verirrte Saunameister. Auf eine Weise, auf die die Weiber hereinfielen. Schon seit fünf Minuten hing Lisa geradezu an den braunen Lippen, die eben über Dinge wie »Sensualidad« und »Pasion« referierten. Heiko musterte die anwesenden Paare. Während die Damen sämtlich ein selig-verklärtes Lächeln im Gesicht trugen, wirkten die Männer eher so, als dächten sie das Gleiche wie er: Was für ein unnötiger Schwachsinn, so unnötig wie ein Kropf, aber na ja, wenn sie unbedingt will. Verstohlen wanderten die Blicke der meisten im Raum umher, um schließlich an der Bar kleben zu bleiben und die Bierpreise zu studieren. »Un denken Sie immer daran, Seniores, Ihre Frau ist das Kostbarste, was Sie haben, por eso tratanla asi, also behandeln Sie sie auch so.« Alle Frauen seufzten und klimperten mit den Wimpern. Schleimer, dachte Heiko, was für ein elender kleiner Schleimer. »Aber wir sin hier nicht zum Reden, Seniores, sondern um zu tanzen. Also, Pedro«, ergänzte Juan und rollte hingebungsvoll die Rs. Er schnippte mit den Fingern, seltsamerweise, ohne dabei schwul zu wirken, verdammt, jetzt kam der Typ auch noch männlich rüber. Pedro, Juans Assistent, der mit seinem gegelten Pferdeschwanz und seinem rosafarbenen Hemd schon viel eher das Klischee vom schwulen Tanzlehrer erfüllte, nickte weise und ging zum DJ-Pult. Er klickte eine Weile mit der Maus herum und nickte seinem Kollegen schließlich zu. »Der erste Tanz, den wir lernen, heißt Bachata. Das Lied, das Pedro und ich für diesen Tanz ausgewählt haben, heißt »Obsesión«.« Lisa seufzte erneut und streichelte Heiko glücklich am Arm. »Obsesión bedeutet Besessenheit«, erläuterte Juan. Das passt ja prima zu dem Gehopse, dachte sich Heiko. Früher hätte man die Leute bei solchen Zuckungen garantiert eingewiesen. »Das Lied geht um einen jungen Mann, der in eine Frau verliebt ist. Sie hat aber einen Freund, der sie nicht liebt. Und der Mann will sie überzeugen, dass er der Richtige für sie ist. Aber sie hält ihn für besessen und glaubt ihm nicht und … ach, hören Sie selbst, una cancion superbonita.« Die ersten Töne erklangen, dann irgendein gewisperter spanischer Schmalz, und die nächste halbe Stunde kommandierte Juan »Rechts-ran-rechts-ran-links-ran-links-ran« und erteilte Befehle wie
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