Traum ohne Wiederkehr
und nähme ein anderes Aussehen an. Seit ihrer Rückkehr in den Himmelsturm, während ihres zweiten Traumes, wußte sie, daß sie vor ihm auf der Hut sein mußte. Obwohl er so gut verschnürt war, daß er ihr körperlich nichts anhaben konnte, wich sie doch unwillkürlich immer weiter von ihm zurück, als könnte er allein durch seinen feindseligen Blick irgendeine Waffe gegen sie auslösen. Aber er sagte kein Wort und starrte sie nur reglos an, als wüßte er, daß ihr nichts Gutes bevorstand.
Sie selbst wußte so wenig, obgleich sie so viel studiert hatte und immer stolz auf all das Wissen gewesen war, das sie sich angeeignet hatte, um für ihre Handlungsräume aus dem Vollen schöpfen zu können. Von der Kommandozentrale aus war es vielleicht möglich, in diesen Teil des Schiffes ein lähmendes oder tödliches Gas strömen zu lassen, oder sie durch einen verborgenen Scanner mit einem Todesstrahl zu erledigen. Mit wilden Augen suchte Tamisan die Wände ab, um zu sehen, ob es vielleicht irgendwo eine Unebenheit oder eine schmale Spalte gab, durch die der Tod unbemerkt eindringen mochte.
Am Ende des kurzen Korridors befand sich eine geschlossene Luke, und ein paar Schritte von der Außenschleuse entfernt führte eine kurze Leiter zu einer ebenfalls geschlossenen Falltür hoch. Ständig wanderte ihr Blick von einer dieser Öffnungen zur anderen, bis es ihr endlich gelang, sich besser unter Kontrolle zu bekommen. Sie müssen nur abwarten, um festzustellen, daß ich lediglich bluffte – nur warten …
Ja! Sie haben gewartet und jetzt …
Die Luft um sie veränderte sich. Sie nahm einen allmählich zunehmenden Beigeschmack an. Er war nicht unangenehm, doch selbst das wohlriechendste Parfüm wäre ihr unter diesen Umständen als grauenvoller Gestank erschienen. Das Licht, das von der Decke ausging, wo die Luftschleuse in den Korridor mündete, veränderte sich ebenfalls. Zuvor war es hier hell wie an einem normalen sonnigen Tag gewesen, doch jetzt wirkte das Licht düsterer und war von einem bläulichen Ton. Unter ihm nahm ihre braune Haut eine gespenstische Färbung an. Mein Bluff hat versagt! Wenn ich vielleicht die Schleuse wieder öffnen und Luft hereinlassen könnte …
Tamisan taumelte zur Schleuse, faßte nach dem Verschlußrad und drehte mit aller Kraft. Kas versuchte erneut, sich von seinem unfreiwilligen Partner zu lösen. Seltsamerweise rührte der Mann sich überhaupt nicht, sein Kopf rollte schlaff mit geschlossenen Lidern zur Seite, als Kas’ Anstrengung seinen Körper bewegte. Tamisan stemmte sich gegen die Wand und wartete, daß die Außenschleuse sich öffne. Sie bemühte sich, den Atem anzuhalten, doch als sie unwillkürlich nach Luft schnappte, schüttelte sie erstaunt den Kopf. War es nur ihre überreizte Phantasie gewesen, die sie hatte glauben lassen, sie befände sich in Gefahr? Sie atmete bewußt ganz tief ein …
In ihrer Überraschung hätte sie fast laut aufgeschrien, tatsächlich stieß sie einen leisen Laut aus. Sie verlor weder das Bewußtsein noch ihre Kräfte. Ganz im Gegenteil, sie fühlte sich wohler, gestärkt. Sie nahm nun besonders tiefe Züge der parfümierten Luft, atmete sie langsam und genußvoll ein. Es war, als verlange ihr Körper nach dieser belebenden Nahrung.
Wie war es mit Kas? Ging es ihm wie ihr? Doch während sie tief und erfreut atmete, keuchte und würgte er. Sein Gesicht wirkte grauenvoll in diesem bläulichen Licht. Noch während sie ihn beobachtete, hörte er auf, sich zu rühren, und sein Kopf fiel schlaff zurück. Er lag so reglos wie der Raumfahrer unter ihm.
Welche Veränderung auch immer hier vorging, sie wirkte sich nur auf Kas und den Sternenmann aus. Bei letzterem war die Wirkung schneller eingetreten. Jetzt machte ihre trainierte Vorstellungskraft einen weiteren Sprung. Vielleicht war ihre Drohung, daß das Schiff in Gefahr geraten würde, gar nicht so weit hergeholt gewesen. Obgleich sie nicht die geringste Ahnung hatte, wie das Ganze bewerkstelligt worden war, mochte dieses Gas durchaus eine weitere der ungewöhnlichen Waffen der Oberkönigin sein.
Hawarel? Der Kapitän hatte vermutlich überhaupt nicht die Absicht gehabt, ihn zu schicken. Kann ich es wagen, ihn zu suchen? Tamisan zögerte. Mit einer Hand auf dem Schleusenrad blickte sie erst zur Leiter, dann zu der anderen Luke. Wenn diese merkwürdige Luftmischung auf alle im Schiff dieselbe Wirkung gehabt hatte wie auf Sannard, würde niemand hier in der Lage sein, sie aufzuhalten. Floh sie
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