Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Titel: Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
Vom Netzwerk:
Persönlichkeitspsychologen sagen. Wir Menschen können unterschiedlich gut dissoziieren, die einen mehr, die anderen weniger. Und wer gut dissoziieren kann, kann sich oft „wegbeamen“ aus der zusammenhängenden Wahrnehmung der Alltagsrealität.
Ein eigenes Beispiel: Während ich bemerkt habe, dass meine Fähigkeit zu pathologischer Dissoziation (weiter unten mehr zu dieser Form der Dissoziation, die nur unter extremem Stress herausgefordert wird) geradezu lausig ist, bin ich eine gute Alltags-Dissoziiererin: Wo auch immer ich gehe, stehe oder sitze, kann ich alles um mich herum vergessen und mich in ein Buch, einen Kinofilm oder auch ein Manuskript vertiefen – oder einschlafen, falls nötig. Leider hat diese Fähigkeit erhebliche Nachteile, die mich zum typischen „zerstreuten Professor“ machen: Dauernd unterlaufen mir Fehlhandlungen (die Assoziationsketten sind unterbrochen). So habe ich beim Aufräumen schon mehr als einmal Dinge oder Verhaltensabläufe vertauscht, etwa das Salzfass in den Kühlschrank gestellt und die Milch aufs Küchenregal, eine geschälte Frucht weggeworfen und die Schale zum Mund geführt, und dauernd muss ich zu Hause ermahnt werden, doch bitte zuzuhören, weil mich ein spannender Zeitungsartikel ablenkt. Zu meiner Ehrenrettung möchte ich aber hinzufügen, dass mir das während Therapie- oder Supervisionssitzungen nicht passiert ...
    Wer dagegen immer „voll da ist“, also über eine weniger gute Alltagsdissoziation verfügt, wird sehr lange versuchen, alles assoziativ und zusammenhängend-kohärent wahrzunehmen – und wird unter Umständen bei Reizüberflutung weniger ausblenden können, daher eher einen „System Overload“ erleben, wie es im Computerjargon heißt. Dieser Mensch muss sorgfältig lernen, gezielt Zeiten fürs „Abschalten“ zu nutzen, da sonst Kopfschmerzen oder andere Überlastungsmerkmale drohen.
    Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass es zwischen Alltagsdissoziation und pathologischer Dissoziation unter Extremstress keinen fließenden Übergang gibt (Gleaves, 1996) – eine gute alltagsdissoziative Fähigkeit ist also kein brauchbarer Vorhersagewert dafür, dass Dissoziation auch in Stresssituationen besonders als Abwehrmechanismus eingesetzt wird.
    Eine Form der alltäglichen Dissoziation wird auch „Alltags-Trance“ genannt (siehe auch Wolinsky, 1993). Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Kino und sehen einen neuen Film, der Sie fasziniert. Sie werden vermutlich vergessen, was gerade vorhin gewesen ist, werden Ihre Sorgen hinter sich lassen; Ihre Verpflichtungen für morgen, die aktuelle Tageszeit, das Wetter draußen und der Sie umgebende Raum werden keine Rolle mehr spielen ... Stattdessen werden Sie hineingesogen in die Handlung – jedenfalls, wenn Sie gut dissoziieren können. Können Sie es schlecht, dann werden Sie ständig abgelenkt: Der popcornkauende Teenager hinter Ihnen, der lange Lulatsch vor Ihnen werden den Kinogenuss möglicherweise ebenso schmälern wie Alltagsgedanken und -sorgen, die Ihnen immer wieder in die Quere kommen; vielleicht ist Ihnen Ihre Sitzposition unbequem – und dies alles wird Sie daran hindern, sich vom Geschehen auf der Leinwand „absorbieren“ zu lassen.
    Schon dieses Beispiel zeigt: Die einen neigen dazu, intensiv zu dissoziieren – diejenigen, die sich „absorbieren“ lassen können von einem Geschehen –, während andere ständig vieles im Blick und in der Wahrnehmung haben – und eher Mühe haben, mal „abzuschalten“ vom Alltagsstress.
    Dieses „Abschalten“ in Form der Absorbtion ist ein ganz normales dissoziatives Phänomen: Manche Elemente der Wahrnehmung werden fokussiert, andere aus der Wahrnehmung weggedrückt oder verschoben. Hier eine Liste der gängigen Formen von Dissoziationen, von der alltäglichen bis zur extremen Dissoziation.
    Formen von Dissoziationen
Alltagsdissoziation: Absorbtion, Auto(bahn)-Hypnose.
Amnesie: a) biografisch; b) im Alltag – über die normale Vergesslichkeit hinaus: Wissen nicht willentlich zugänglich haben.
Derealisierung: Die Umgebung oder Teile davon nicht adäquat wahrnehmen (z. B. akustisch: nichts hören; oder hören, aber nichts verstehen) bei sonst normaler Funktion der Wahrnehmungsorgane.
Depersonalisierung: Das Selbst oder Teile davon nicht adäquat wahrnehmen, z. B. Körperteile nicht fühlen; Schmerzlosigkeit; „neben sich stehen“; evtl. sogar aus dem Körper „heraustreten“.
Fugue: Sich an einem anderen Ort wiederfinden und nicht

Weitere Kostenlose Bücher