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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Parkett.
    Wenn ich richtig gezählt hatte, waren insgesamt acht Schüsse gefallen; und wenn die Waffe das übliche Magazin enthielt, waren noch zwei übrig.
    Würgend, gurgelnd und zuckend starb Konrad Beezo. Ich hörte, wie die Luft durch seine zerstörte Kehle pfiff.

    Gern würde ich behaupten, dass ich ihm aus Mitleid noch zwei Kugeln in den Leib jagte, aber mit Mitleid hatte das nicht das Mindeste zu tun.
    Der Tod nahm sein Leben, und etwas Schlimmeres ergriff Besitz von seiner Seele. Ich konnte fast den Eishauch dieser Instanz spüren, die nahte, um sich zu nehmen, was ihr gehörte.
    Beezos Augen – nun war nur noch eines blau, das andere braun – waren so rund wie die eines Fischs. So glasig und gefühllos sie waren, sie waren doch erfüllt mit einem bodenlos tiefen Geheimnis.
    Obwohl mein rechtes Ohr bis zum Rand voll warmem Blut war, hörte ich, wie Annie im oberen Flur »Daddy? Mommy?« rief. Auch Lucy und Andy waren zu hören.
    Am oberen Ende der Treppe angelangt waren die Kinder noch nicht, aber sie kamen darauf zu.
    Um ihnen den Anblick der zerfetzten Leiche zu ersparen, donnerte ich hektisch: »In euer Zimmer! Verschließt die Tür! Hier unten ist ein Monster! «
    Was Monster anging, machten wir nie irgendwelche Späße. Wir gingen ernst und respektvoll mit den Ängsten der Kinder um.
    Deshalb glaubten sie mir aufs Wort. Ich hörte trappelnde Füße, gefolgt vom Dröhnen der Zimmertür, die mit solcher Gewalt zufiel, dass die Wände bebten, die Fensterscheiben klirrten und der an der Flurlampe hängende Mistelzweig an seinem Faden schwankte.
    »Lorrie«, flüsterte ich, ergriffen von der Furcht, dass der Tod, der Beezo geholt hatte, mit seiner Ernte noch nicht fertig war.
    Ich rannte in die Küche.

48
    Liebe vermag alles, die Toten aber weckt sie niemals wieder auf.
    Unser Geist ist wie Treibsand, der nichts mehr freigibt, und selbst das, was wir widerwillig in der Schule gelernt haben und längst vergessen glaubten, steigt weniger dann an die Oberfläche, wenn man es braucht, als dann, wenn ein dunkler Geist uns mit der Nutzlosigkeit unseres ganzen Wissens verspottet.
    Während ich zur Küche hetzte, kam mir diese Verszeile – Liebe vermag alles, die Toten aber weckt sie niemals wieder auf – aus dem Englischunterricht wieder in den Sinn, begleitet vom Namen der Autorin, Emily Dickinson. Die hatte oft Dinge geschrieben, um Trost zu spenden, doch diese Worte folterten mich.
    Was wir lernen, ist nicht dasselbe wie das, was wir wissen. Als ich durch die Schwingtür in die Küche stürmte, wusste ich, meine Liebe war so stark, dass sie vermochte, was Emily Dickinson ihr absprach.
    Wenn ich Lorrie tot vorfand, dann würde ich sie durch einen Willensakt wieder ins Leben zurückholen, durch die Kraft meines Bedürfnisses, immer mit ihr zusammen zu sein. Ich würde meine Lippen auf ihre legen und ihr meinen eigenen Lebensatem einhauchen.
    Obgleich ich wusste, dass es verrückt war, an meine wiederbelebende Kraft zu glauben, genauso verrückt wie alles, was Beezo geglaubt hatte, klammerte sich ein Teil von mir an diese Vorstellung. Hätte ich nämlich geglaubt, selbst meine Liebe könne
dem Tod kein Schnippchen schlagen, dann wäre ich in Hoffnungslosigkeit versunken wie ein lebender Toter.
    Nun, in der Küche angelangt, kam es auf jede Sekunde an, und alles, was ich tat, musste nicht nur rasch geschehen, sondern auch in der richtigen Reihenfolge. Sonst war alles verloren.
    Zuerst um den zerbrochenen Stuhl herum zum Telefon, ohne auch nur einen Blick auf Lorrie zu werfen. Der Hörer lag glitschig in meiner schweißigen Hand, während ich die Notrufnummer wählte und zwei Rufzeichen erduldete, die beide ewig dauerten.
    Die Polizistin, die sich vor dem dritten Läuten meldete, kannte ich. Sie hieß Denise Deerborn. Wir waren zweimal miteinander ausgegangen und hatten festgestellt, dass wir uns gut genug mochten, um unsere jeweilige Zeit nicht mit einer dritten Verabredung zu vergeuden.
    »Denise, hier ist Jimmy Tock«, stieß ich mit rauer, zitternder Stimme hervor. »Jemand hat auf meine Frau geschossen, auf Lorrie, sieht schlimm aus, wir brauchen einen Rettungswagen, bitte, schnell, bitte! «
    Da ich wusste, dass unsere Adresse auf dem Bildschirm vor Denise erschienen war, sobald die Verbindung zustande gekommen war, verschwendete ich keine Zeit mit weiteren Erklärungen und ließ den Hörer einfach fallen. Vom Kabel aufgefangen, klapperte er gegen einen Küchenschrank.
    Ich kniete mich neben Lorrie in die

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