Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
dreiundzwanzigste Dezember ein fast so schrecklicher Tag in unserem Leben gewesen war wie der Abend des zweiundzwanzigsten.
    Dad sah ausgeruht aus, als er mit den Roastbeef-Sandwiches, dem Olivensalat und einem ganzen Polentakuchen mit Pistazien und Mandeln wiederkehrte.
    Später, bei einem weiteren Kurzbesuch in Lorries Kabine, sagte sie: »Punchinello ist noch am Leben.«

    »In einem Hochsicherheitsgefängnis. Wegen dem brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.«
    »Ein bisschen Sorgen mache ich mir trotzdem.«
    Erschöpft schloss sie die Augen.
    Neben dem Bett stehend, betrachtete ich sie eine Weile, dann sagte ich leise: »Es tut mir so leid.«
    Sie war nicht eingeschlafen, wie ich gedacht hatte. Ohne die Augen zu öffnen, fragte sie: »Was denn?«
    »Dass ich dich da hineingezogen habe.«
    »Du hast mich in nichts hineingezogen. Du hast mir das Leben gerettet.«
    »Als du mich geheiratet hast, ist mein Fluch auch zu deinem geworden.«
    Sie öffnete die Augen und sah mir eindringlich ins Gesicht. »Hör mal, Bäckerjunge«, sagte sie. »Es gibt keinen Fluch. Es gibt nur das Leben.«
    »Aber …«
    »Hab ich nicht gesagt, du sollst mir zuhören?«
    »Jawohl, Ma’am.«
    »Es gibt keinen Fluch. Es gibt nur das Leben, so wie es eben ist. Und in meinem Leben bist du der größte Segen, den ich mir erhoffen konnte. Mehr will ich mir gar nicht wünschen.«
    Als sie bei meinem nächsten Besuch tatsächlich schlief, legte ich ihr behutsam die Kette mit der Gemme um den Hals.
    Zart, aber unzerstörbar. Schönheit, die fortdauerte. Das Profil immerwährender Liebe.

52
    Am 11. Januar 2003 wurde Lorrie aus dem Krankenhaus entlassen. Eine Weile blieb sie im Haus meiner Eltern, wo es mehr hilfreiche Hände gab.
    Sie schlief auf einem Klappbett in der Ateliernische meiner Mutter neben dem Wohnzimmer, unter dem wachsamen Blick eines unvollendeten Porträts von Lumpy Dumpy, irgendjemandes Lieblingstaube.
    Am Sonntag, dem sechsundzwanzigsten Januar, hatte Lorrie lange und erfolgreich genug normale Nahrung zu sich genommen, um unserer Meinung nach bereit für ein Festtagsmahl im Tock-Stil zu sein.
    Noch nie war unser Weihnachtstisch so üppig beladen gewesen. Es gab ernsthafte Debatten über die Gefahr, dass der Tisch unter der Last so vieler Köstlichkeiten zusammenbrechen konnte. Nach allerhand Berechnungen, zu denen die Kinder ihre ungeschulte, aber dafür fantasievolle Mathematik beitrugen, kamen wir zu dem Schluss, dass wir zwei Brötchen von dem für einen Zusammenbruch erforderlichen Gewicht entfernt waren.
    Zu acht versammelten wir uns zu dem aufgeschobenen Festmahl um die Tafel. Die Kinder saßen erhöht auf Kissen, die Erwachsenen wurden durch guten Wein in noch höhere Sphären gehoben.
    Noch nie hatten die Weihnachtskerzen unsere Gesichter so warm und hell erleuchtet. Die Kinder glühten wie vergnügte Kobolde, und wenn ich mich umschaute und Mom, Dad, Oma und Lorrie sah, fühlte ich mich pudelwohl.
    Bei der Suppe erklärte Oma: »Der Wein erinnert mich an den
Tag, an dem Sparky Anderson eine Flasche Merlot aufgemacht und einen abgetrennten Finger darin gefunden hat.«
    Gleichermaßen angeekelt und entzückt, kreischten die Kinder auf.
    »Weena«, sagte mein Vater warnend, »das ist keine passende Geschichte fürs Abendessen, besonders nicht, wenn es sich um das Weihnachtsessen handelt.«
    »Aber ganz im Gegenteil«, sagte Oma, »das ist die weihnachtlichste Geschichte, die ich kenne.«
    »Die hat überhaupt nichts Weihnachtliches an sich«, sagte Dad aufgebracht.
    Mom kam Oma zu Hilfe: »Doch, Rudy, sie hat recht. Es ist eine weihnachtliche Geschichte. Da kommt nämlich ein Rentier drin vor.«
    »Und ein dicker Kerl mit weißem Bart«, ergänzte Oma.
    »Übrigens«, warf Lorrie ein, »ich kenne noch immer nicht die Geschichte, wie Harry Ramirez im Kochtopf zu Tode gekommen ist.«
    »Das ist auch keine weihnachtliche Geschichte«, behauptete meine Mutter.
    Dad stöhnte.
    »Doch, ehrlich!«, sagte Oma. »Da kommt ein Zwerg drin vor.«
    Dad starrte sie mit offenem Mund an. »Was ist an einem Zwerg denn weihnachtlich?«
    »Hast du noch nie von Elfen gehört?«, fragte Oma.
    »Elfen und Zwerge sind nicht dasselbe.«
    »Die stehen aber in meinem Buch«, sagte Oma.
    »In meinem auch«, meldete sich Lucy.
    »Zwerge sind Menschen«, erläuterte Dad beharrlich, »und Elfen sind feenhafte Wesen.«
    »Feen sind auch Menschen«, widersprach Oma ärgerlich, »selbst wenn man sie heutzutage nicht mehr oft sieht.«

    »Sag mal«,

Weitere Kostenlose Bücher