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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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tranken wir Kaffee und aßen Gebäck. Das taten wir mit feierlichem Ernst, als würden wir die Kommunion empfangen.
    Um halb eins kam die OP-Schwester wieder, um uns mitzuteilen, Dr. Cornell werde länger brauchen als ursprünglich erwartet. Er rechne nun damit, in etwa einer Stunde mit uns sprechen zu können.
    Lorrie lag inzwischen über vier Stunden im Operationssaal.
    Kaffee und Backwerk wurden mir im Magen sauer.
    Als der Chirurg gemeinsam mit Mello Melodeon, unserem Hausarzt, um drei Minuten nach halb zwei auf uns zukam, trug er noch seine grüne Schutzkleidung und seine Haube. Dr. Cornell war etwa Mitte vierzig und kam mir ziemlich jugendlich vor, war jedoch von einer beruhigenden Aura der Erfahrung und Autorität umgeben.

    »Angesichts der Schwere der Verletzungen«, sagte er, »ist alles so gut gegangen, wie ich es mir nur erhoffen konnte.«
    Er hatte Lorries beschädigte Milz entfernt, ohne die sie gut auskommen konnte. Schlimmer war, dass er auch eine schlimm zerfetzte Niere hatte entfernen müssen, aber mit etwas Glück konnte sie mit der verbliebenen Niere ohne jede Behinderung weiterleben.
    Die Verletzungen der Milz- und der Mesenterialarterie hatten viel sorgfältige Arbeit erfordert. Als Ersatz hatte Dr. Cornell eine aus dem Bein entnommene Arterie verwendet.
    Den Dünndarm, der an zwei Stellen durchstoßen worden war, hatte er zusammengeflickt. Einen fünf Zentimeter langen Teil des Dickdarms, der zerfetzt war, hatte er herausnehmen müssen.
    »Ihr Zustand wird noch mindestens vierundzwanzig Stunden kritisch sein«, sagte er.
    Durch die Darmverletzungen bestand eine gewisse Gefahr, dass sich eine Bauchfellentzündung entwickelte. Falls das der Fall war, musste Lorrie noch einmal operiert werden. Abgesehen davon erhielt sie blutverdünnende Medikamente, um das Risiko eines Schlaganfalls durch Blutgerinnsel, die sich an den Nahtstellen der Arterien bildeten, zu verringern.
    »Ihre Frau ist noch nicht über den Berg«, warnte Dr. Cornell, »aber ich mache mir jetzt viel weniger Sorgen als in dem Augenblick, als ich den Bauch geöffnet habe. Sie ist eine echte Kämpfernatur, nicht wahr?«
    »Ja, sie ist zäh«, bestätigte Mello Melodeon.
    »Zäher als ich«, sagte ich.
    Nachdem man Lorrie in die Intensivstation gebracht und versorgt hatte, erlaubte man mir, sie fünf Minuten lang in ihrer Kabine zu besuchen.
    Sie stand noch unter dem Einfluss der Narkose. Obgleich ihre
Gesichtszüge im Schlaf entspannt waren, konnte ich sehen, wie sehr sie gelitten hatte.
    Ich berührte ihre Hand. Ihre Haut fühlte sich warm an, aber vielleicht nur, weil meine Hände eisig waren.
    Ihr Gesicht war bleich, und dennoch strahlte es wie das Gesicht einer Heiligen auf einem Gemälde aus einem Jahrhundert, in dem die meisten Menschen noch an Heilige glaubten, vor allem die Künstler.
    Sie hing an einem Tropf, war mit einem Herzmonitor verbunden und wurde durch Schläuche in der Nase mit Sauerstoff versorgt. Ich wandte den Blick von ihrem Gesicht nur ab, um die regelmäßigen Spitzen des Lichtpunkts zu beobachten, der auf einer Skala den Herzschlag anzeigte.
    Auch meine Mutter und meine Großmutter verbrachten einige Minuten bei Lorrie, dann fuhren sie nach Hause, um die Kinder zu beruhigen.
    Ich sagte Dad, er solle auch nach Hause fahren, doch er blieb. »In der Blechbüchse da sind noch ein paar Plätzchen, die gefuttert werden müssen«, sagte er.
    Wenn wir nicht im Krankenhaus gewesen wären, hätten wir zu dieser frühen Stunde in der Backstube gestanden, weshalb ich nicht schläfrig wurde. Ich lebte für die kurzen Besuche, die mir das Personal der Intensivstation gestattete.
    In der Morgendämmerung kam eine Schwester in den Vorraum, um mir mitzuteilen, Lorrie sei aufgewacht. Das Erste, was sie gesagt hatte, war: »Wo ist Jimmy?«
    Als ich sie sah, hätte ich am liebsten geweint, doch Tränen hätten meinen Blick verschleiert, und ich musste sie doch sehen.
    »Andy?«, fragte sie.
    »Der ist in Sicherheit.«
    »Annie, Lucy?«
    »Denen geht’s auch gut. Es ist ihnen nichts passiert.«

    »Ehrlich?«
    »Ja, ganz ehrlich.«
    »Beezo?«
    »Tot.«
    »Gut«, sagte sie und schloss die Augen. »Gut.«
    Später fragte sie: »Welches Datum haben wir?«
    Fast hätte ich ihr nicht die Wahrheit gesagt, tat es dann aber doch: »Den dreiundzwanzigsten Dezember.«
    »Der schreckliche Tag.«
    »Offenbar hat mein Opa sich um ein paar Stunden geirrt. Er hätte uns vor dem Zweiundzwanzigsten warnen sollen.«
    »Vielleicht.«
    »Das

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