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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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setzen, und waren zufrieden mit dem Verlauf. Nervös sahen sie jedenfalls nicht aus. Verrückt schon, aber überhaupt nicht unruhig.
    Meine Uhr befand sich am linken Handgelenk, weshalb ich den Blick darauf werfen konnte, ohne Lorrie, die an meinen rechten Arm gekettet war, zu stören.
    Nicht, dass sie ein Nickerchen machte, während wir uns mit dem Rücken an die gemütlichen Metallschränke lehnten. Sie war hellwach, und – was euch sicher nicht überraschen wird – sie redete unablässig.
    »Ach, wenn mein Vater bloß auch ein Clown gewesen wäre«, sagte sie versonnen.
    »Wieso würdest du dir wünschen, täglich einem solchen Zorn ausgesetzt zu sein?«

    »Mein Vater wäre kein zorniger Clown. Er ist ein sanftmütiger Mensch, bloß ein wenig leichtfertig.«
    »Er war nicht viel zu Hause, was?«
    »Er war immer unterwegs, auf der Jagd nach Tornados.«
    Ich entschloss mich zu fragen: »Weshalb?«
    »Er ist Sturmjäger. Damit verdient er seinen Lebensunterhalt. Mit seinem aufgemöbelten Kombi reist er im Mittleren Westen herum.«
    Man schrieb das Jahr 1994. Der Katastrophenfilm Twister kam erst zwei Jahre später ins Kino. Deshalb konnte ich mir nicht vorstellen, jemand könnte mit der Jagd nach Tornados Geld verdienen.
    In der Annahme, Lorrie wolle mich auf den Arm nehmen, spielte ich zum Schein mit: »Und, hat er je einen Tornado gefangen? «
    »Ach, Dutzende.«
    »Was machte er damit?«
    »Er verkauft sie natürlich.«
    »Sobald er also einen Tornado gefangen hat, gehört der tatsächlich ihm? Er hat das Recht, ihn zu verkaufen?«
    »Klar. Dann hat er das Copyright darauf.«
    »Er sieht also einen Tornado, jagt hinter ihm her, und wenn er nah genug herankommt …«
    »Diese Leute sind furchtlos«, sagte Lorrie, »sie fahren direkt hinein.«
    »Also fährt er direkt hinein, und was dann? Man kann einen Tornado doch nicht einfach erlegen wie einen Löwen in der Steppe!«
    »Klar kann man das. Es ist mehr oder weniger dasselbe.«
    Allmählich kam mir das Ganze weniger wie ein Scherz vor als wie die Art von Wahnsinn, die Punchinello schätzte.
    »Würde dein Vater mir einen Sturm verkaufen?«

    »Wenn du das Geld dafür hättest, ja.«
    »Ich glaube nicht, dass ich mir einen ganzen Tornado leisten könnte. Die Dinger sind bestimmt sehr teuer.«
    »Na ja«, sagte Lorrie, »es kommt darauf an, wofür man sie verwenden will.«
    »Ich hab mir gedacht, ich könnte vielleicht eine Stadt wie Chicago damit bedrohen und so was wie zehn oder zwanzig Millionen Dollar erpressen.«
    Lorrie betrachtete mich mit deutlicher Ungeduld und mit einem Ausdruck, der irgendwie mitleidig aussah. »Als ob ich diesen lahmen Witz nicht schon zehntausendmal gehört hätte!«
    Ich hegte allmählich den Verdacht, dass ich etwas missverstanden hatte. »Tut mir leid. Ich will’s wirklich wissen. Ehrlich!«
    »Also, teilweise hängt der Preis davon ab, wie lang das Video sein soll – eine Minute, zwei Minuten oder zehn.«
    Video. Ein Film. Natürlich. Ihr Vater zog nicht durch die Gegend, um Tornados mit dem Lasso einzufangen. Ich hatte mich inzwischen nur schon so an Lorries schrägen Gesprächsstil gewöhnt, dass ich bei der Berufsbeschreibung ihres Vaters einfach nicht hatte glauben können, sie meine genau das, was sie sagte.
    »Wenn jemand Wissenschaftler ist«, fuhr Lorrie fort, »berechnet mein Vater ihm einen niedrigeren Preis als einem Fernsehsender oder einem Filmstudio.«
    »Du lieber Himmel, das ist aber ein echt gefährlicher Job!«
    »Ja, aber mir kommt es allmählich so vor, als wäre es für ihn auch als Clown kein Zuckerschlecken gewesen.« Sie seufzte. »Wenn er bloß öfter daheim gewesen wäre, als ich klein war.«
    »Die Tornadosaison dauert doch nicht das ganze Jahr.«
    »Das stimmt. Aber er jagt auch Hurrikane.«
    »Wahrscheinlich meint er, dass er sowieso schon dafür ausgerüstet ist.«
    »Genau. Wenn die eine Saison zu Ende geht, beginnt die andere,
und dann verfolgt er den Wetterbericht am Golf von Mexiko und am Atlantik.«
    Auf dem Treppenabsatz hatten die drei diebischen Hanswurste ein Loch aufgebrochen, das groß genug war, um in den Tresorraum schlüpfen zu können.
    Mit Taschenlampen verschwanden Punchinello und Knitter durch die zerstörte Mauer. Zinker blieb zurück, um uns von oben im Auge zu behalten.
    »Als nach dem Stromausfall der Generator nicht angesprungen ist«, sagte Lorrie, »ist über die Telefonleitung vielleicht automatisch Alarm ausgelöst worden, und die Polizei ist jetzt schon oben in der

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