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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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nicht zu spät.«
    »Doch. Selbst wenn ich meine Seele dafür verkaufen würde, ich könnte keiner von denen werden, kein Trapezkünstler, nie und nimmer. Virgilio Vivacemente ist der Pate dieser Zunft und
kennt sie alle. Wenn ich auftreten würde, dann würde er von mir hören und kommen, um meinen Auftritt zu sehen. Er würde in meinem Gesicht das meiner Mutter erkennen und mich töten.«
    »Vielleicht würde er dich auch in die Arme schließen«, sagte Lorrie.
    »Niemals. Aus seiner Sicht ist mein Blut befleckt. Er würde mich töten, mich zerstückeln, meine Überreste mit Benzin tränken, sie verbrennen, auf die Asche pissen, die nasse Asche in einen Eimer schaufeln, sie auf einen Bauernhof schaffen und in die schlammige Suhle in der Ecke des Schweinekobens streuen.«
    »Vielleicht überschätzt du seine Niederträchtigkeit«, sagte ich, während wir durch einen engen Flur in einen breiteren gingen.
    »Er hat so was schon einmal getan«, versicherte mir Punchinello. »Er ist ein arrogantes Vieh . Er behauptet, er stamme von Caligula ab, dem wahnsinnigen römischen Kaiser.«
    Nachdem ich Punchinello in Aktion gesehen hatte, konnte ich gegen die Vermutung eines solchen Stammbaums schlecht Widerspruch erheben.
    Er seufzte. »Deshalb habe ich beschlossen, mein Leben in einer Raserei der Rache wegzuwerfen. Was soll die ganze Lebensmüh’, wenn ich nicht fliegen kann?«
    In der verschwenderisch ausgestatteten Diele stieg eine gewaltige Treppe ins Dunkel empor. Auf dem Boden aus schwarzem Granit und Terrakotta stellten Mosaike Gestalten in fließenden Gewändern und mythologische Wesen dar, wie man sie auf antiken griechischen Vasen findet.
    Die umherstreifenden Kegel der Taschenlampen verliehen den Szenen und Prozessionen unter unseren Füßen eine illusorische Bewegung, als lebten die Gestalten in einer zweidimensionalen Welt, die genauso wirklich war wie unsere dreidimensionale.

    Ein kurzer Schwindel überkam mich, der wohl weniger mit dem bebilderten Boden zu tun hatte, sondern eine verzögerte Reaktion auf die Todesschüsse in der Küche war. Außerdem kam mir wieder meine Vorahnung in den Sinn, Lorrie werde erschossen werden, und ich fragte mich, ob dies wohl der Ort war, an dem der Schuss fiel.
    Mein Mund war trocken. Meine Hände waren klamm. Ich sehnte mich nach einer guten Cremeschnitte.
    Lorrie griff nach meiner rechten Hand und hielt sie fest. Ihre eleganten Finger waren eisig.
    An einem der Fenster, von denen die beiden hohen Eingangstüren flankiert wurden, schaltete Punchinello seine Taschenlampe aus, schob den Brokatvorhang einen Spalt weit auf und spähte in die Nacht. »Nirgendwo rund um den ganzen Park ist Licht«, sagte er.
    Die Zeitzünder im Keller der Villa bewegten sich unaufhaltsam auf null zu. Ich überlegte, wie lange es wohl noch dauerte, bis alles unter uns in die Luft flog.
    Als hätte er meine Gedanken gelesen, wandte Punchinello sich vom Fenster ab und sagte: »Wir könnten mehr als sieben Minuten gebrauchen, aber mehr haben wir nicht.«
    Er schaltete seine Lampe wieder an, legte sie auf den Boden, kramte einen Handschellenschlüssel aus der Jackentasche und kam auf mich zu. »Ich würde dich bitten, den Karren die Treppe hinunterzurollen und dann über den Gehsteig zu einem gelben Lieferwagen, der am Bordstein steht.«
    »Klar, mache ich gern«, sagte ich und zuckte zusammen, als ich den unterwürfigen Tonfall in meiner Stimme bemerkte. Trotzdem würde ich sicherlich nicht sagen: Mach es doch selbst, du Clown!
    Als Punchinello meinen Teil der Handschelle öffnete, überlegte ich, ob ich ihm die Pistole aus der Hand reißen sollte. Leider
sagte mir etwas an seiner Körpersprache, dass er einen solchen Versuch erwartete und ihn ebenso brutal wie wirkungsvoll verhindern würde.
    Falls Lorrie tatsächlich erschossen werden sollte, dann konnte jede unbedachte Handlung meinerseits das sein, was ihren Tod herbeiführte. Deshalb war Vorsicht angebracht, und ich griff nicht nach der Pistole.
    Ich hatte erwartet, dass er Lorrie ebenfalls befreien würde, aber mit dem raschen Handgriff eines geübten Magiers fesselte er sich an sie und ließ dabei die Pistole von der rechten in die linke Hand wandern. Die Sicherheit, mit der er sie hielt, wies darauf hin, dass er mit beiden Händen gleich geschickt war.

20
    Er hatte sich an Lorrie gekettet.
    Ich sah, wie es geschah, doch ich brauchte einen Augenblick, um die Realität zu akzeptieren. Ich wollte einfach nicht glauben, dass unsere Hoffnung zu

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