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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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den Abzug durchzuziehen, und trotz allem, was mein Vater für seinen Vater getan hatte, schoss der undankbare Kerl auf mich. Zweimal.

21
    Hätte eine Axt mein Bein gespalten, der Schmerz hätte nicht schlimmer sein können.
    In Kinofilmen wird der Held von einer Kugel getroffen und kämpft trotzdem weiter, für Gott, aus Vaterlandsliebe, seiner Frau zuliebe. Eventuell lässt die Kugel ihn zusammenzucken, aber oft ärgert sie ihn bloß und treibt ihn zu noch größerem Heldentum an.
    Wie schon berichtet, hatte ich seit der Kindheit geglaubt, das Potenzial zum Helden zu haben, wenn es darauf ankam. Nun wurde mir klar, dass mir zumindest eine Grundvoraussetzung für diesen Job fehlte: eine richtig hohe Schmerzschwelle.
    Schreiend fiel ich vom Bordstein aufs Straßenpflaster, genau zwischen dem Lieferwagen und dem Shelby Z. Mein Kopf brachte den Gullydeckel zum Klappern; vielleicht brachte auch der Deckel meinen Kopf zum Klappern.
    Ich hatte furchtbare Angst davor, einen Schuss mitten ins Gesicht zu bekommen – bis ich merkte, dass ich die Pistole in Besitz hatte.
    Punchinello griff sich zwischen die Beine und versuchte, sich die Nagelfeile aus den Lenden zu ziehen, doch bereits die bloße Berührung ließ ihn erbärmlicher kreischen als ein Schwein beim Anblick des Schlachtermessers. Vor Qual sank er auf die Knie. Dann sank er ganz zu Boden, auf die Seite – und zog Lorrie mit sich.
    Schreiend lagen wir da, Punchinello und ich, wie die zwei halbwüchsigen Mädchen, die in irgendeinem alten Film mit
Jamie Lee Curtis gerade einen abgetrennten Kopf entdeckt haben.
    Ich hörte, wie Lorrie meinen Namen und einen Satz rief, in dem das Wort »Zeit« vorkam.
    Wegen der Schmerzen unfähig, mich zu konzentrieren, und zweifelsohne in einem leichten Delirium, stellte ich mir unwillkürlich vor, was sie womöglich sagte:
    Die Zeit wartet auf niemanden. Wie rasch sie doch vergeht, die Zeit. Zeit heilt alle Wunden.
    Trotz meines Zustands wurde mir rasch klar, dass Lorrie in einem solchen Augenblick wahrscheinlich keine philosophischen Plattitüden von sich gab. Als ich die Dringlichkeit in ihrer Stimme hörte, erkannte ich auch den Tenor dessen, was sie wohl sagte: Die Zeit wird knapp. Die Bomben!
    Der Schmerz in meinem Bein brannte mit feuriger Inbrunst, und ich wunderte mich, dass sich keine Flammen durchs Fleisch fraßen. Außerdem spürte ich etwas Stacheliges unter der Haut, vielleicht zersplitterte Knochen. Bewegen konnte ich das Bein jedoch nicht.
    Wie merkwürdig, schreckliche Angst zu haben und gleichzeitig so müde zu sein, dass ich am liebsten eingeschlafen wäre. Von Schmerzen gepeinigt, aber bereit, ein Nickerchen zu machen. Das Pflaster fühlte sich schon an wie ein Kissen, wie eine Bettstatt mit einem feinen Duft von Teer.
    Dieser verführerische Schlummer war natürlich der Todesschlaf. Sobald ich das erkannt hatte, leistete ich Widerstand.
    Ohne auch nur zu versuchen aufzustehen, kroch ich los und zog das nutzlose Bein hinter mir her. Ich fühlte mich wie Sisyphus mit seinem Stein, während ich den hoch aufragenden Bordstein erklomm. Dann kroch ich zu Lorrie hinüber.
    Punchinello lag auf der Seite, einen Arm auf den Rücken gedreht. Er war natürlich immer noch an Lorrie gekettet. Mit der
freien Hand zog er sich die Nagelfeile aus dem Schritt – und kotzte sich sogleich die Seele aus dem Leib.
    Ich freute mich über diesen Hinweis darauf, dass er sich noch schlechter fühlte als ich.
    In den vergangenen Stunden war ich zum ersten Mal in meinen zwanzig Lebensjahren zu der Überzeugung gelangt, dass das Böse tatsächlich existierte. Nun war es für mich plötzlich nicht mehr nur eine notwendige Gegenkraft in Filmen und Büchern, die durch Schurken und Spukgestalten repräsentiert wurde, nicht mehr nur etwas, das als Folge von Zurückweisung durch die Eltern, durch deren zu große Nachgiebigkeit oder durch soziale Ungerechtigkeit auftrat, sondern etwas, das völlig eigenständig in der Welt vorhanden war.
    Das Böse ist unermüdlich damit beschäftigt, uns zu umgarnen und zu verführen, aber es kann uns nicht in seinen Bann schlagen, wenn wir es nicht dazu einladen. Selbst wenn Punchinello von einem moralisch haltlosen Vater erzogen worden und in der Sprache des Bösen unterwiesen worden war, hatte er letztendlich ganz allein die Entscheidung getroffen, wie er leben wollte.
    Meine Befriedigung über den Anblick seiner Qualen war womöglich schädlich für mich, aber ich glaube nicht, dass ich mich damit schon ein

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