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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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nicht da, wo man es sehen konnte. Dafür hatte er einen zahmen Affen namens Pancho.«
    »Trank Pancho auch Bier?«, erkundigte sich meine Mutter.
    »Der Affe war gar nicht dabei.«
    »Wo war er denn?«
    »Zu Hause. Er war keiner von den Affen, die ständig in die Kneipe gehen. Pancho hatte Familiensinn.«
    Mom klopfte Dad auf die Schulter. »Solche Affen mag ich.«
    »Also, Hector sitzt auf seinem Hocker und lässt einen fahren …«
    »Endlich!«, warf mein Vater ein.
    »… und der Bodybuilder ärgert sich über den Gestank. Hector sagt ihm, er soll die Fliege machen; allerdings hat er es anders ausgedrückt.«
    »Wie groß war dieser Hector denn?«, fragte Lorrie.
    »Ich würde sagen, etwa eins siebzig. So um die sechzig Kilo schwer.«
    »Da hätte er den Affen als Verstärkung durchaus brauchen können«, sagte Lorrie.
    »Jedenfalls verpasst ihm der Bodybuilder erst mal zwei Faustschläge, dann packt er ihn am Haar und schmettert ihn dreimal
mit dem Gesicht an die Theke. Hector fällt tot vom Stuhl, und der Bodybuilder bestellt noch einen Whiskey und ein Bier, gemischt mit zwei rohen Eiern, um Protein aufzutanken.«
    Mein Vater glühte vor Genugtuung. »Also hatte ich recht. Er ist nicht an einem Furz gestorben. Der besoffene Bodybuilder hat ihn umgebracht .«
    »Hätte er nicht gefurzt, dann wäre er nicht umgebracht worden«, erklärte Oma beharrlich.
    Lorrie löffelte ihre Suppe aus. »Und wie ist Harry Ramirez im Kochtopf zu Tode gekommen?«, fragte sie.
    Als Nächstes kam das Entree – Brathähnchen mit einer Füllung aus Kastanien und Wurst, dazu Polenta und Zuckererbsen – gefolgt von Selleriesalat.
    Als Dad nach Mitternacht den Dessertwagen aus der Küche holte, konnte sich Lorrie nicht zwischen einem Mandarine-Sahne-Törtchen und einem Biskuitteilchen entscheiden, weshalb sie beides nahm. Sie kostete auch das Cœur à la Crème, den Budino di Ricotta und den Mont Blanc aux Marrons, dann wählte sie vier Leckerbissen von dem dreistöckigen Kekstablett.
    Mit äußerster Konzentration verzehrte sie gerade ein Springerle, als sie bemerkte, dass alle am Tisch verstummt waren. Als sie den Kopf hob, lächelten wir sie an.
    »Köstlich«, sagte sie.
    Wir lächelten.
    »Was ist denn?«, fragte sie.
    »Nichts, meine Liebe«, sagte meine Mutter. »Es kommt uns nur so vor, als wären Sie schon immer da gewesen.«
    Lorrie verließ uns um ein Uhr morgens, was für die Familie Tock früh, für sie jedoch spät war. Um neun Uhr musste sie zwei zornigen Ungarinnen das Tanzen beibringen.
    Die zornigen Ungarinnen sind eine Geschichte für sich. Die
spare ich mir für ein anderes Buch auf, falls ich noch eines schreiben sollte.
    Als ich mit Hilfe eines Gehwagens an der Haustür stand, küsste mich Lorrie. Das wäre das ideale Ende des Abends gewesen … wenn sie mir nicht bloß einen Kuss auf die Wange gegeben und wenn nicht meine ganze Familie direkt daneben gestanden hätte, lächelnd und glotzend und, in einem Falle, allzu genüsslich mit den Lippen schmatzend.
    Dann küsste sie auch noch meine Großmutter, meine Mutter und meinen Vater, worauf ich mich nicht mehr so besonders fühlte.
    Sie trat wieder zu mir und gab mir noch einen Kuss auf die Wange. Nun fühlte ich mich wieder etwas besser.
    Als sie aus dem Haus in die Nacht entschwebte, schien sie fast allen Sauerstoff mitzunehmen. In ihrer Abwesenheit tat das Atmen jedenfalls ein wenig weh.
    Dad hätte eigentlich schon bei der Arbeit sein müssen. Er war einfach noch dageblieben, um Lorrie zu verabschieden.
    Bevor er ging, sagte er: »Junge, kein Bäcker, der was auf sich hält, lässt so eine durch die Finger schlüpfen.«
     
    Während Mom und Oma den Tisch abräumten und die beiden Geschirrspülmaschinen bestückten, machte ich es mir im Wohnzimmer in einem Sessel gemütlich und ließ den Kopf auf den Schoner mit Spinnenmuster sinken. Mit meinem angenehm vollen Bauch und dem auf einem Schemel ruhenden Gipsbein fühlte ich mich wie ein gestrandeter Wal.
    Ich versuchte, einen Krimi zu lesen. Er gehörte zu einer Serie über einen Privatdetektiv mit Neurofibromatose, der Krankheit, die durch den »Elefantenmann« berühmt geworden ist. Bei seinen Ermittlungen fuhr der Detektiv von einem Ende San Franciscos zum anderen, wobei er immer einen Umhang mit Kapuze
trug, um seine entstellten Gesichtszüge zu verbergen. Ich konnte mit der Story einfach nichts anfangen.
    Als alles aufgeräumt war, setzte sich Oma aufs Sofa und machte sich an ihre Stickerei. Sie hatte ein

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