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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiterer
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erklären weiß. Und drittens gilt es als ausgemacht, dass in den USA private Sponsoren
     und die Wirtschaft einen starken Einfluss auf das Geschehen an den Hochschulen ausüben. Wie so oft, wenn es um Amerika geht,
     handelt es sich hier um ein Gemisch aus Halbwahrheiten und Unterstellungen. Richtig ist lediglich, dass viele amerikanische
     Universitäten und Colleges, private wie öffentliche, über beachtliche Anlage- und Kapitalvermögen sowie wesentlich mehr Mittel
     verfügen können als vergleichbare deutsche Hochschulen. Wie bereits erwähnt, fließt in den USA ein außergewöhnlich großer
     Anteil volkswirtschaftlicher Ressourcen in die Hochschulausbildung. Nach den Statistiken der OECD geben sie deutlich mehr
     für die »tertiary education« aus als jedes andere Mitgliedsland: 2,8 Prozent des Bruttoinlandspodukts im Jahre 2003, verglichen
     mit 1,3 Prozent im Durchschnitt der EU-Länder und 1,1 in Deutschland. Obwohl Deutschland, gemessen an seiner Bevölkerung,
     viel weniger Studenten hat, gab es pro Student fast zwei Drittel weniger aus (OECD 2006: Tab. 2.1b). Die materiellen Differenzen
     sind also nicht zu übersehen.
    Unsere Finanzinspektion umfasst fünf Schritte und zwei Epiloge. Nach einer groben Übersicht über das Gewicht und die Bedeutung
     verschiedener Einkommensarten für öffentliche Hochschulen einerseits und für private andererseits betrachten wir zunächst
     die institutionelle Unterstützung der einzelnen Staaten für ihre Landeshochschulen und die Rolle der Drittmittel für die Forschung,
     bevor wir uns zwei aktuell hoch gehandelten Geldquellen |182| zuwenden – Einnahmen aus Patenten und geistigem Eigentum sowie aus Vermögenserträgen und privaten Spenden. Beide sind während
     des letzten Jahrzehnts enorm wichtig geworden, bergen aber viele Risiken und sind politisch keineswegs unumstritten. Vor allem
     Elite-Unis setzen stark auf diese Karte und bemühen sich eifrig, einander in der Kunst des
fundraising
und klugen
investment
zu übertreffen. Damit unsere finanztechnischen Erkundungen nicht allzu fade bleiben, schildern wir in einem ersten Epilog
     einige ungewöhnliche Optionen, wie Hochschulen ihre Marktposition und Einnahmen zu verbessern trachten. Um das Bild abzurunden,
     rücken wir zum guten Schluss die Hintermänner des ganzen Geschehens ins Licht – die in der Tat überwiegend männlichen
trustees
, die zumeist in den Rängen von
corporate America
zu Hause sind. Als Verbindungsoffiziere zur Außenwelt verbürgen sie das
rating
einer Hochschule auf dem Kapitalmarkt und spielen eine wichtige Rolle in deren Bemühungen, sich zu profilieren und die für
     ihre Arbeit nötigen Ressourcen zu sichern. Durch die
boards
gewinnt die
governance
(Führung und Entscheidungsfindung) amerikanischer Hochschulen eine interessante Würze, die ihr Betriebssystem in besonderer
     Weise vor dem in anderen Ländern auszeichnet.

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Woher kommt das Geld?
    »Ohne Moos nix los«: Das gilt auch für Hochschulen, denn Studium und Forschung gedeihen nicht von Blütenträumen und Leidenschaft
     allein. Die kräftige Nahrung, die sie brauchen, muss hart erkämpft werden. In den USA beschäftigen sich immer mehr Personen,
     Positionen und Abteilungen mit der Einwerbung staatlicher Fördergelder und privater Spenden, mit Finanzmarketing und der Kontaktpflege
     zu institutionellen Geldgebern und einzelnen Förderern, mit der Vermögensverwaltung und der Vermarktung des in der Hochschule
     produzierten Wissens. Manchmal scheint es, als sei die Maximierung der Einnahmen (
revenue
) inzwischen zum Hauptanliegen dieser Institution geworden. Wer glaubt, im »development office« einer Universität gehe es
     um deren Profilbildung in Lehre und Forschung und längerfristige Aufgabenplanung, hat sich geirrt. Aufgabe dieses wichtigen
     und an vielen privaten Einrichtungen stark besetzten Amtes ist vielmehr einzig und allein das strategische Finanzmangement
     und die sorgfältige Choreographie von
fundraising-Aktivitäten
.
    |183| Amerikanische Hochschulen beziehen ihre laufenden Mittel im Wesentlichen aus sieben verschiedenen Quellen, deren Mischung
     von Sektor zu Sektor und von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich ausfällt:
Studiengebühren (
tuition and fees
)
Drittmittel für die Forschung (
grants and contracts
)
Spenden (
gifts
)
Vermögenserträge (
return from endowment – investment income
)
Klinika und medizinische Dienste (
hospitals and medical

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