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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiterer
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modernisiert und verschönert. Als strategische Wunderwaffe will Quinnipiac den Hochschulsport
     ins Spiel bringen – allerdings nicht das Breitenprogramm, sondern semi-professionell betriebene Teamsportarten. Lacrosse und
     Eishockey, hofft man, können beim weiteren Aufstieg in der Hochschul-Liga helfen. In beiden Sportarten ist Quinnipiac relativ
     stark, beide genießen hohes Prestige, und in beiden kann sie gegen Mannschaften aus der
ivy league
antreten, von deren Glanz dabei etwas auf sie abfiele. Schlagen sich ihre Teams in diesen viel beachteten Begegnungen gut,
     so das Kalkül, hat das eine hohe Signalwirkung und wird das Image der Hochschule in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich
     verbessern. Erst an dritter Stelle geht es ums akademische Kerngeschäft, um Lehre und Studium. Hier verfolgt Quinnipiac eine
     Doppelstrategie: Einerseits will es die Zulassungszahlen für einige Studienprogramme senken, um einen selektiveren Anstrich
     zu bekommen. Andererseits soll die Zahl und der Anteil der hauptamtlichen Dozenten um gute zehn Prozent steigen. Bisher erbringen
     Lehrbeauftragte einen Großteil des Lehrpensums, was zwar billig ist, aber eben auch als billig gilt. Will die Hochschule höher
     hinaus, muss sie daran zumindest kosmetische Korrekturen vornehmen.
    Das sorgfältig orchestrierte Unternehmen, dessen ist sich die Hochschulleitung sicher, wird bald genug Gewinn abwerfen, um
     die Schulden zu tilgen. Was die wenigen Kritiker unter den Hochschulangehörigen als ein va banque-Spiel bezeichnen, betrachtet
     sie als notwendige Investition in eine rosige institutionelle Zukunft. Ihre Kollegen vom Villa Julie College in |216| Baltimore, Maryland, sind sich ebenfalls sicher, dass ihre Wette auf die Zukunft aufgeht. Der Präsident, der sich selber als
     CEO des Unternehmens sieht, baut dabei auf seine Erfahrungen als
fundraiser
für das katholische Immaculata College. Sorgfältig kalkulierte finanzielle Risiken betrachtet er als wichtigen Katalysator
     für institutionellen Wandel und wachsende Studentenzahlen. Mit Krediten verhalf er seinem College zu einer neuen institutionellen
     Gestalt: Aus einer kleinen, unscheinbaren
2-year institution
für Frauen wurde eine in der Region gut angenommene koedukative Hochschule mit insgesamt 2.500 Studenten, deren Zahl bis 2011
     um ein Drittel steigen soll. Am Jahresende 2006 gab das
board
grünes Licht für die Weiterentwicklung des College zu einer Universität, die künftig einen neuen, unbelasteten Namen tragen
     soll. Waren 2001 noch 85 Prozent der Studenten Pendler, sind es heute nur noch etwas mehr als die Hälfte. Kamen damals fünf
     Prozent aus einem anderen Staat, sind es heute zwanzig. Das Erfolgsrezept: Neue Bauten, genauer gesagt neue Wohnheime und
     ein attraktiver Campus, alles kreditfinanziert. Ein erstes Darlehen von 30 Millionen Dollar bescherte dem College 2004 558
     Wohnheimplätze. 2006 nahm es bei einem Budget von 75 und einem Vermögen von etwas über 50 Millionen Dollar einen zweiten Kredit
     von 101 Millionen auf, der in weitere 606 Wohnheimplätze sowie ein Gebäude für die School of Graduate and Professional Studies
     verbaut wurde (
Chronicle
, 17.8.2007, A 27f.). Die verblüffend einfache und bisher so erfolgreiche Rechnung mit Wohnheimplätzen umfasst zwei Komponenten.
     Zum einen spricht ein hochwertiges Wohnraumangebot eine andere Klientel an. Es dokumentiert steigende Ansprüche – sowohl der
     Studenten an das College als auch des College an seine Studenten. Zum anderen aber sind die Wohnheimmieten eine zusätzliche
     Einkommensquelle, so dass sich das Wachstum des College teilweise von selbst trägt.
    Wenn eine Hochschule Schulden scheut oder nicht auf Wachstum setzt, muss sie sich etwas anderes einfallen lassen, um ihr Auskommen
     zu sichern. Nicht alle haben so viel Glück wie die private Cooper Union for the Advancement of Science and Art, die sich eines
     großen Grundbesitzes in Manhattan erfreuen kann. Unter den amerikanischen Hochschulen bildet sie eine absolute Ausnahmeerscheinung,
     ein richtiges Oxymoron: Mit weniger als 1.000 Studenten ist sie sehr klein, selektiver als die feinsten
ivy
leagues
. Sie konzentriert sich auf Ingenieurwissenschaften, vor allem aber Architektur und Kunst und gilt darin als eine der besten
     Adressen in den USA. Trotzdem verlangt sie seit jeher keinen Cent von ihren Studenten, |217| sondern gewährt jedem sogar ein volles Stipendium. 1859 von Peter Cooper, einem aus ärmsten Verhältnissen

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