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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiterer
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für
endowments
an einem Dutzend Universitäten auslobte. Im Gegenzug für eine Spende von jeweils 100 bis 200 Millionen Dollar sollten sie
     ein »Alfred Mann Institute« einrichten, das sich dem wirtschaftlichen Potenzial biomedizinischer Forschung widmen und der
     privaten Alfred A. Mann Foundation for Biomedical Engineering zuarbeiten würde. Doch nicht eine der heftig bedrängten guten
     Adressen war zu einem solchen Deal bereit. Etliche Universitäten, die zunächst großes Interesse gezeigt hatten, weil sie das
     Geld lockte und weil sie sich von der Zusammenarbeit mit der Stiftung einen Schub für ihre eigenen Aktivitäten in der Vermarktung
     von Forschungsergebnissen erhofften, winkten ab, nachdem sie die genauen Konditionen für das »Geschenk« erfuhren. Zu einem |219| Ausverkauf ihrer Rechte war keine bereit, und selbst die, die dem Ganzen vielleicht doch etwas abgewinnen mochten, zogen sich
     schließlich zurück, weil sie um ihre institutionelle Reputation und Unbescholtenheit fürchteten (
Chronicle
, 10.3.2006).
    Diese Geschichte unterstreicht noch einmal ein entscheidendes Charakteristikum des amerikanischen Hochschulmarktes und der
     wettbewerblichen Orientierung der einzelnen Institutionen: Was sie bewegt und umtreibt, sind in erster Linie Status und Prestige.
     Geld ist nur ein Mittel im Wettkampf um andere Güter (Brint 2005). Der dreht sich um gute Studenten und Professoren, Reputation,
     Marktanteile und öffentliche Sichtbarkeit, aber nicht um mehr Geld um des Geldes willen. In der Art und Weise, wie die Hochschulen
     in den USA ihre Ziele und Aufgaben verfolgen kommt ein starker Eigensinn, eine jeweils besondere institutionelle Identität
     zur Geltung. Nur weil die finanziellen Aussichten irgendwo anders besser sind, wird keine ihr Kerngeschäft in Lehre und Forschung
     umkrempeln und in ein anderes Geschäftsfeld gehen. Das unterscheidet Hochschulen von Wirtschaftsunternehmen, auch wenn sie
     unternehmerisch handeln: Beide spielen nach anderen Regeln auf einem anderen Feld. Auf dem Hochschulmarkt geht es um Distinktionen
     und symbolische Güter. Materielle Erfolge liefern dafür lediglich den notwendigen Brennstoff.

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Zweiter Epilog: Trustees, das große Geld und die Außenwelt in der Innenwelt amerikanischer Hochschulen
    Das zweite Markenzeichen der amerikanischen Hochschulorganisation neben einem Präsidenten mit weit reichenden Befugnissen
     ist ein ausschließlich mit externen Mitgliedern besetzter Aufsichtsrat. Ausnahmslos alle Universitäten und Colleges, private
     ebenso wie staatliche, haben ein solches
lay board
, das eine öffentliche Autorität in allen die Hochschule betreffenden Fragen repräsentiert und eine Schnittstelle zur Außenwelt
     der Organisation darstellt (Gould 1975, Kerr 2003). Seitdem 1642 das erste dieser
boards
in Harvard eingerichtet wurde, hat sich an der Konstruktion im Grunde nur wenig geändert. In den einzelnen Staaten, deren
boards
, wie bereits erwähnt, einen ganz unterschiedlichen Zuschnitt aufweisen, liegt ihr |220| ein einfaches
quid pro quo
zugrunde: Im Gegenzug für eine Unterstützungszusage und Befreiung von der Steuerpflicht lassen sich die öffentlichen Hochschulen
     von einem
governing board
führen, dessen Zusammensetzung (Anzahl der Sitze, Wahl oder Ernennung, Mitglieder
ex officio
, Amtszeiten) die Legislative bestimmt. Knapp die Hälfte aller
trustees
an den öffentlichen
4-year institutions
ernennt jeweils der Gouverneur, aber meistens müssen sie auch noch vom Landesparlament bestätigt werden (Pusser u.a. 2006).
     Die
boards
im privaten Sektor sind dagegen »selbstgenügsam« – sie können ohne ein übergeordnetes Aufsichtsorgan im Wesentlichen selbst
     über ihre Aufgaben, Größe, Geschäftsordnung und Mitglieder befinden. Das hat naturgemäß eine intensive Vernetzung der einzelnen
trustees
untereinander sowie mit Institutionen der Außenwelt zur Folge, denen sie angehören und in denen sie tätig sind. Zählten die
boards
staatlicher Hochschulen 2004 im Schnitt 10,5 Mitglieder, waren es 30,2 in den privaten – was man als ein Indiz für die dort
     stärkere Bedeutung des institutionellen
networking
verstehen kann (
Chronicle
, 1.7.2005, A 21).
    Das
board of trustees
(wörtlich übersetzt »Treuhändergremium«) führt
de
iure
das Zepter in den Hochschulen: Es ernennt die Hochschulleitung und nimmt deren Berichte entgegen, beschliesst die Eckdaten
     für die Haushaltsentwicklung und hat das letzte Wort

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