Traumfabrik Harvard
die Ausbildung von
undergraduates.
Prompt hoben in den 1960er Jahren laute Klagen über deren angeblich Vernachlässigung an den stolzen
research universities
an, so dass sich letztere zu einer Reihe curricularer Reformen genötigt sahen. Wie dramatisch sich die Gewichte zwischen Lehre
und Forschung verschoben, zeigt der Blick auf ein Sample von 33 privaten und 66 öffentlichen Forschungsuniversitäten. In den
privaten Einrichtungen stiegen die Studentenzahlen zwischen 1980 und 2000 um 16,5 Prozent, die Zahl der Professen um 20 und
die Forschungsmittel um 105 Prozent. Für die staatlichen Hochschulen betrugen die entsprechenden Werte elf, zehn und 141 Prozent
– ein klares Indiz dafür, dass sie sich noch viel stärker der Forschung zuwandten als die im privaten Sektor (Geiger 2004:
147).
Tatsächlich profitierten staatliche Universitäten am meisten vom kolossalen Wachstum der externen Forschungsfinanzierung.
Die Erklärung dafür liegt einerseits in der Fächerstruktur dieser Hochschulen und zum anderen in der inhaltlichen Ausrichtung
der Förderprogramme. Öffentliche Hochschulen sind im Durchschnitt deutlich größer als private und haben oft auch ein breiteres
Fächerspektrum, in dem Ingenieurwissenschaften und anwendungsorientierte Gebiete eine wichtige Rolle spielen. Zwar sind viele
von den führenden Technischen Universitäten – das MIT, das Cal-Tec
,
Stanford und Columbia, um nur die wichtigsten zu nennen – privat. Aber von ihrer Größe her verblassen sie hinter ebenso prominenten
wie schwergewichtigen staatlichen
research universities
mit starker technischer Prägung wie Ann Arbor, Georgia Tech oder Penn State. Den enormen Kapazitäten ihrer öffentlichen Konkurrenten
in der ingenieurwissenschaftlichen und angewandten Forschung haben private Universitäten nur wenig entgegenzusetzen – und
oft auch gar nichts entgegensetzen wollen, weil sie bewusst ein anderes Profil pflegen. Je wichtiger aber diese Bereiche für
die Forschungsförderung werden und je mehr Mittel dorthin fließen, desto stärker kommen staatliche Hochschulen zum Zuge. Hinzu
kommt, dass auch viele Forschungsmittel aus der privaten Wirtschaft in Bereiche fließen, in denen letztere stark und gut aufgestellt
sind.
Kompensiert wird dieses Ungleichgewicht allenfalls dadurch, dass private Hochschulen deutlich mehr Geld aus der klinischen
und biomedizinischen Forschungsförderung beziehen als die staatlichen. Als Reaktion auf einen Prioritätenwechsel im
federal research funding
haben viele von ihnen in jüngster Zeit ihre Kapazitäten auf Felder umgelenkt, in denen optimale |87| Förderchancen winken. Das ist längst nicht mehr die Physik, die lange Jahre den Ton angab. Der Löwenanteil der Bundesforschungsmittel
fließt inzwischen in die »life sciences«, und 2002 gingen 45 Prozent direkt in medizinische Einrichtungen. 27
Die Liebe zur Forschung brachte für die Hochschulen weitere Folgekosten, da einige Fächer leichter als andere an
research dollars
kommen können und manche von vornherein leer ausgingen. Das sorgte für Neid und latente Spannungen zwischen den von
research grants
verwöhnten Gebieten und dem armen Rest. Dass sich auch die Gehälter zwischen verschiedenen Departments weit auseinander bewegten
und einzelne Fachkollegen ihre Verdienste um die Forschung in ein höheres Salär ummünzen konnten, wurde dagegen ohne Murren
akzeptiert. Wie riesig die Gehaltsspreizungen geworden sind, zeigen die vom
Chronicle
jährlich veröffentlichten Übersichten. Danach verdiente ein
full professor
an einer Forschungsuniversität 2006/07 im Durchschnitt 113.389 Dollar im Jahr, an einer Hochschule, die nur bis zu einem Bachelorabschluss
führt, dagegen nur 79.920 Dollar. Schlüsselt man die aggregierten Zahlen weiter auf, wird schnell klar, dass private Hochschulen
deutlich höhere Gehälter zahlten als öffentliche – nämlich 136.689 statt 106.495 Dollar in der ersten Gruppe und 90.353 statt
68.908 in der zweiten. Juristen verdienten mit durchschnittlich 121.301 Dollar am meisten, gefolgt von Ingenieuren mit 102.954.
Natur- und Geisteswissenschaftler »machten« zwischen 74.000 und 80.000 Dollar, und die Theologen bildeten mit 66.000 das Schlusslicht.
Dabei tauchen die Spitzenverdiener, nämlich die Mediziner, in diesen Statistiken gar nicht erst auf.
Selbst in der Gruppe der zehn Elite-Universitäten mit den besten Gehältern gab es große Differenzen zwischen den einzelnen
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