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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiterer
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greift, wird das Tabellenkonvolut
     zwar enttäuscht zur Seite legen. Doch immerhin illustriert es, wie schwer und nahezu unmöglich es ist, das System in klare
     Achsen zu strukturieren, welche enorme Varianzen es umfasst und welche Spannungen zwischen den darin verkapselten unterschiedlichen
     Philosophien und Triebkräften bestehen. Die
classifications
verstehen sich nicht von selber, und viele der Phänomene, über die man gern mehr wüsste, fallen zwischen ihren Ritzen hindurch.
     Wer sich für Profilelemente der dort hoch oder auch nicht so hoch aggregierten Hochschultypen interessiert, muss tief in die
     Datenmengen eintauchen und kann darin leicht verloren gehen. Dennoch ist das Unternehmen hilfreich – allein schon deshalb,
     weil es zum Nachhaken verleitet. Über Elite-Hochschulen, diese Zauberberge in der amerikanischen Hochschulwelt, erfährt man
     aus den Tabellen nichts, aber dafür doch einiges über das
institutional setting
, in das sie eingebettet sind.

101
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|101| Was ist eine Elite-Uni?
    Bevor wir bei unserer Flottenbesichtigung vier »besonders amerikanische« Typen von Hochschulen in näheren Augenschein nehmen,
     sollten wir noch einen Moment der Frage nachgehen, was eine Hochschule zu einer Elite-Einrichtung macht. Elite-Uni ist kein
     geschützter Markenname, kein Titel, den der Staat, eine Rating-Agentur oder Jury offziell verleiht. Keine Hochschule nennt
     sich selber so oder führt das Prädikat in ihrem Namen. Es gibt auch keinen solchen Club, bei dem man um Mitgliedschaft nachsuchen
     könnte. Kein Verzeichnis oder Lexikon klärt darüber auf, wer dazu gehört und was eine Elite-Uni von anderen respektablen Hochschulen
     unterscheidet. Drei Unterscheidungskriterien, die scheinbar auf der Hand liegen, scheiden nach kurzer Prüfung rasch aus: Vermögen,
     Forschungsleistungen, Größe. Alle drei sind nicht ganz unbedeutend, aber einen gemeinsamen Nenner liefern sie nicht. Unter
     den Elite-Einrichtungen gibt es ein paar superreiche, viele, die sehr gut mit Ressourcen ausgestattet sind, und andere, die
     eher knapsen müssen. Forschungsintensive Hochschulen befinden sich darunter und solche, die auf der Forschungskarte nicht
     hervorstechen, weil sie sich auf eine anspruchsvolle Lehre konzentrieren, winzig kleine und sehr große. Wenn die meisten von
     ihnen private
nonprofits
sind, ist das ebenfalls kein klares Unterscheidungsmerkmal, weil auch einige ehemalige
land grant institutions
und viele der staatlichen
flagships
zur Elite zählen. Umgekehrt garantiert ein Platz in der Spitzengruppe der
research
institutions
bei Carnegie kein Abonnement in der Elite-Loge. Die Eintrittskarte dafür schreibt auch nicht das USNWR-Ranking, weil das ja
     nur das vorhandene Prestige einer Hochschule abbildet.
    Im Unterschied zu manchen anderen Puzzles in der amerikanischen Hochschullandschaft ist das der Elite einfach zu knacken:
     Es handelt sich um eine Zuschreibung, die sich auf eine Reihe von Faktoren stützt – nicht gerichtsfest, aber ziemlich eindeutig.
Formal
orientiert sie sich an der Selektivität einer Hochschule. Die wiederum bemisst sich an zwei Indikatoren, jedoch ohne fest
     definierte Schwellenwerte für die Erhebung in den Elite-Stand oder für den Verbleib beim unterständischen Volk – eine automatische
     Nobilitierung ist ausgeschlossen: Zum einen muss sich die Erstsemester-Population durch bestimmte Qualitätsmerkmale auszeichnen,
     in der Regel sehr hohe Ergebnisse bei den standardisierten Tests (SAT oder ACT), ausgezeichnete Schulnoten (GPA – Grade Point
     Average) oder die Zugehörigkeit zum besten Absolventenpool der jeweiligen Highschool. |102| Die vier Prozent sogenannter »super students«, die im verbalen und mathematischen Teil des SAT jeweils mehr als 700 Punkte
     (von maximal 800) oder mehr als 30 (von 36) beim Konkurrenzprodukt ACT erreichen, ballen sich in der Tat an nur wenigen Einrichtungen:
     An den besten zehn privaten und an den besten zehn öffentlichen Hochschulen studieren jeweils 15 Prozent aus dieser Test-Spitzengruppe
     (Geiger 2002). 34 Zum zweiten bemisst sich die Selektivität einer Hochschule daran, wie vielen Studienbewerbern sie einen Platz anbietet. Je
     geringer die Zulassungsrate, desto höher die Selektivität. Im Elite-Segment ist sie seit Ende der 1990er Jahre drastisch gestiegen.
     Wiesen noch 1999 schätzungsweise nur 50 Hochschulen in den USA mehr als die Hälfte der Bewerber ab, konnten sich das 2004/05
     nach Angaben

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