Traumfabrik Harvard
versandet. Während die Carnegie Foundation schwer damit ringt, die Entwicklungen des Systems
in eine halbwegs nachvollziehbare Ordnung zu bringen, heizen Rankings dessen wettbewerbliche Differenzierung kräftig an. Studenten
sind wählerischer und viel mobiler geworden. Insbesondere die mit hervorragenden Zeugnissen und Testergebnissen tummeln sich
längst auf einem nationalen Markt, während der Anteil der Highschool-Absolventen ständig sinkt, die in ihrem Heimatstaat zum
College gehen (Dill 2003). 56 Doch viele Hochschulen finden ihr eigenes Ökosystem, so dass vom Gespenst einer »McDonaldisierung« der amerikanischen Hochschulbildung,
wie sie gelegentlich beschworen wird, nur wenig zu sehen ist. Aber was ist mit der großen Zahl von Hochschulen aus dem langweiligen,
grauen, riesigen Mittelfeld?
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|133| Analysten am Werk: Wie tickt der Markt?
In den letzten Jahren haben Ökonomen eine Reihe konzeptioneller Studien dazu vorgelegt, wie die »Higher Education Industry«
funktioniert. Zwei besonders interessante Vorschläge seien hier knapp vorgestellt: Erstens die »market taxonomy« von Robert
Zemsky und seinen Mitstreitern (Zemsky u.a. 2001) und zweitens eine Untersuchung über die Rolle von Prestige und Reputation
als Typen-Marker im amerikanischen Hochschulwesen, die Dominic Brewer und seine Kollegen 2002 für die RAND-Corporation durchgeführt
haben (Brewer u.a. 2002). Beide Arbeiten konzentrieren sich auf
4-year institutions
und berücksichtigen Associate Colleges sowie
graduate
und
professional studies
höchstens am Rande.
Mit Blick auf die langfristige Entwicklung unterschiedlicher »revenue markets«, der Preispolitik verschiedener Arten von Hochschulen
und bestimmter Charakteristika von deren studentischer Klientel halten Zemsky u.a. Studienerfolgsquoten – gemessen am Anteil
der Studenten, die innerhalb von fünf Jahren nach Studienbeginn einen Bachelorgrad erwerben – für das beste Kriterium, um
verschiedene Marktsegmente in der
American
higher education
voneinander abzugrenzen. Dabei unterscheiden sie fünf große Gruppen, die sie ausdrücklich von Rankings absetzen. Alle umfassen
sowohl private als auch öffentliche Hochschulen, jedoch mit gewissen Unterschieden: Im Segment »User Friendly/Convenience«
studiert mehr als ein Viertel der Studenten in Teilzeit, und nur weniger als 15 Prozent aller Studenten an einer dazu gehörenden
Einrichtung erwerben pro Jahr einen Abschluss. Im »Good Opportunity«-Segment tummeln sich Einrichtungen mit Studienerfolgsquoten,
die im privaten Sektor unter 40 und im öffentlichen unter 35 Prozent liegen. »Good Buy Institutions« sind solche, deren Studienerfolgsquote
zwischen 40 und 65 im privaten und zwischen 35 und 60 Prozent im öffentlichen Sektor betragen. Im »Name Brand«-Segment versammeln
sich die Einrichtungen mit »graduation rates« von mehr als 65 beziehungsweise 60 Prozent. Das fünfte Segment »Medallion« mit
Erfolgsquoten von mindestens 75 Prozent umfasst nur noch private Einrichtungen, weil die Zahl öffentlicher Hochschulen mit
diesen Charakteristika zu gering war, um sie als eine eigene Gruppe darzustellen (Zemsky u.a. 2001: 32). Diesen fünf Marktsegmenten
entsprechen fünf unterschiedliche Studentenpopulationen. Sammeln sich im
Medallion-Segment
die »most competitive students«, die sich in ihrer Hochschulwahl stark von »prestige-based rankings« wie dem der USNWR leiten
lassen, |134| ziehen
Good Buy-
Hochschulen die große Mehrheit der amerikanischen
undergraduates
in ihre Mauern, und zwar aus beiden Geschlechtern und den vier größten ethnischen Gruppen (
African Americans, Hispanics, Asians,
White/Caucasians
): »Good Buy segments constitute the core of the market […] to which most Americans go.« (Zemsky u.a. 2001: 42)
Brewer und seine Mitstreiter setzen bei vier unterschiedlichen »revenue markets« (für Studiengebühren, Forschungsmittel, staatliche
Zuwendungen, private Spenden) an und bilden die unterschiedlichen institutionellen Ziele von Hochschulen darauf ab. Verschiedene
»revenue goals« führen demnach zu unterschiedlichen »institutional positions and strategies«. Für Letztere schlagen die Verfasser
vor, zwischen »Reputation« und »Prestige« zu differenzieren, worunter sie »assets« verstehen »that allow institutions of higher
education to convey nonprice information to customers«. Demgegenüber ist mit »Reputation« die Fähigkeit
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