Traumfaenger
Matt den Rucksack ablegen musste, um durch den schmalen Spalt zu gelangen, der ins Innere der Höhle führte. Er zog die Taschenlampe heraus und ging durch den Spalt. Ich folgte ihm und hinter mir traten die fünf Wölfe ein.
Drinnen war es stockdunkel und nur der helle Lichtkegel von Matts Lampe erhellte einen Teil der riesigen Höhle. Unsicher sah ich mich zu den Wölfen um, die im gleichen Moment in Flammen standen.
»Ich hab es dir ja gesagt, das ist eine Falle«, kreischte ich und klammerte mich ängstlich an seinen Arm.
»Das ist es nicht«, beruhigte er mich. »Sie sorgen nur dafür, dass wir etwas mehr Licht haben.« Ich sah mich um und musste zugeben, dass die Flammen den Raum fast vollständig ausleuchteten und Matt wohl mit seiner Annahme richtig lag. Keiner der Wölfe machte Anstalten, uns anzugreifen. Plötzlich erklang ein jämmerliches Fiepen von einer der Höhlenwände. Matt schwenkte den Lichtstrahl in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.
Ein kleiner Wolf, fast noch ein Welpe, saß dort zusammengekauert und blickte uns ängstlich aus großen Augen an. Er versuchte sich aufzusetzen, hatte aber erhebliche Probleme, und als er es endlich geschafft hatte, hob er die linke Vorderpfote.
»Es ist also wirklich wahr«, flüsterte Matt ehrfürchtig.
»Was denn?«
»Das Traumgebilde Nachwuchs zeugen können.« Ich sah verständnislos zwischen dem Wolf und Matt hin und her.
»Du meinst der Kleine ist hier geboren? Wie kommst du darauf?«
»Weil er verletzt ist«, schilderte er.
»Aber du hast gesagt, Traumgebilde könnten nicht verletzt, oder getötet werden«, widersprach ich.
»Können sie auch nicht. Aber ihre Nachkommen schon«, erklärte er. Ich verstand gar nichts mehr und stand völlig verwirrt neben ihm. »Ich erkläre es dir später«, beschloss er und widmete seine Aufmerksamkeit wieder ganz dem kleinen Wolf.
»Dann wollen wir mal«, sagte Matt und ging vorsichtig auf das Jungtier zu. Ich blieb dicht hinter ihm und sah immer wieder zu dem Rudel-Anführer, der uns interessiert beobachtete.
»Was machst du da?«, wollte ich wissen und zupfte Matt hektisch an seinem Pullover.
»Nachsehen, ob und wie schwer er verletzt ist. Ich denke, aus diesem Grund hat uns der Wolf hierher geführt«, informierte er mich. Er ging ganz langsam, in gebeugter Haltung auf das junge Tier zu und streckte ihm vorsichtig die Hand entgegen. Der Kleine schnüffelte daran und begann freudig mit dem Schwanz zu wedeln.
»So ist es brav, ich will dir nur helfen«, flüsterte Matt und ging vor dem Tier in die Hocke. Anschließend drehte er sich zu mir um und reichte mir die Taschenlampe. »Kylie, sei so nett und hilf mir«, bat er mich.
Ich ging zu ihm, nahm die Taschenlampe und leuchtete dorthin, wo Matt es mir befahl. Bald schon hatten wir eine übel aussehende Wunde an der linken Vorderpfote entdeckt.
»Das sieht schlimm aus, oder?« Meine Angst war nun völlig von dem Wunsch verdrängt, dem kleinen Kerl zu helfen.
»Ich werde es mir genauer ansehen müssen«, entschied Matt und griff behutsam nach der Pfote, um sie eingehender zu untersuchen. Ich kniete mich neben ihn, leuchtete ihm und sah fasziniert zu, wie fachmännisch er sich ans Werk machte.
»Und?«, fragte ich nach einiger Zeit.
»Es sieht ganz so aus, als sei er gestürzt und hat sich dabei einen spitzen Stein in die Pfote gerammt, der sich jetzt entzündet hat«, erklärte er. »Ich muss den Stein entfernen und werde die Pfote anschließend säubern und verbinden«, beschloss er. »Kannst du dich um heißes Wasser kümmern? Nimm dazu einfach die Blechdose, in der sich das Nähzeug befindet. Sie sollte genügen, um etwas Wasser über einem Feuer zu erhitzen.« Ich nickte und machte mich gleich ans Werk. Auf unserem Weg zu dieser Höhle waren wir an einer kleinen Quelle vorbeigekommen und ein Feuer würde ich auch zustande bekommen.
Mit Hilfe des Brenngels, einigen vertrockneten Ästen und einem Feuerzeug, hatte ich relativ schnell ein kleines Feuer in der Höhle entzündet. Dabei wurde ich äußerst interessiert von den Wölfen beobachtet. Ich platzierte die Dose inmitten der Flammen und wartete, bis das Wasser begann, Blasen zu werfen.
Um saubere Tücher zu bekommen, zerschnitt ich ein weißes T-Shirt. Matt hatte unterdessen den Stein entfernt. Dabei war ihm der Leatherman eine große Hilfe gewesen. Jetzt nahm er ein Tuch, tauchte es in das heiße Wasser und begann die blutende Wunde zu betupfen. Der kleine Wolf heulte auf, doch er
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