Traumfaenger
hielt still.
»Das heiße Wasser lässt das Eiweiß gerinnen und stillt somit die Blutung«, informierte er mich, als ich fasziniert beobachtete, was er tat. »Reichst du mir bitte das Fläschchen mit Jod«, bat er mich. Ich wühlte in dem Verbandkasten und zog eine kleine, braune Flasche heraus, die ich ihm gab.
Matt arbeitete behutsam und ließ keine Stelle aus. Anschließend legte er einen fachmännischen Verband an.
Als er schließlich fertig war, legte sich der kleine Wolf erschöpft nieder und schloss die Augen.
»Er braucht jetzt etwas Ruhe«, sagte Matt.
»Wird er wieder gesund?«, wollte ich wissen.
»Keine Sorge, der Stein ist entfernt, die Wunde gereinigt und verbunden. In ein paar Tagen wird er wieder auf den Beinen sein und herumtollen«, versicherte er mir.
Während Matt die blutverschmierten Tücher ins Feuer warf und den Rest wieder fein säuberlich im Verbandkasten verstaute, beobachtete ich angespannt, wie sich alle fünf Wölfe vorsichtig dem schlafenden Jungtier näherten. Sie schnupperten neugierig und einer stupste den Kleinen behutsam mit der Schnauze gegen den Kopf. Der junge Wolf öffnete kurz die Augen, gähnte herzhaft und rollte sich wieder zusammen.
»Ich bin wirklich beeindruckt, wie du das gemacht hast«, lobte ich Matt, der sich gerade an der Quelle, die Blutreste von der Haut wusch. Er nahm das Tuch, das ich ihm reichte, und trocknete sich die Hände ab.
»Das ist ja schließlich mein Job«, sagte er lächelnd. »Naja, nicht ganz, ich behandle normalerweise Menschen und keine Tiere«, korrigierte er sich.
»Was meintest du vorhin, als du sagtest, dass sich die Traumgebilde vermehren?« Matt warf das benutzte Tuch neben sich auf den Boden und strich sich mit der Hand durch sein dunkles Haar.
»Mein Großvater hatte so etwas in seinen Aufzeichnungen erwähnt. Normalerweise existieren diese Wesen nur einen Traum lang, dann wacht der Mensch auf und sie verschwinden. Den Feuerwölfen wäre es genauso ergangen, hätte der Traum, in dem sie existierten, nicht genau zu dem Zeitpunkt stattgefunden, als die Traumwelt sich veränderte. Der Mensch, der sie erschaffen hatte, lief den Seelenfressern in die Arme. Ergo saßen die Feuerwölfe hier fest, weil ihr Erschaffer nie mehr aus seinem Traum aufgewacht ist. In den Aufzeichnungen stand, dass so etwas schon einige Male geschehen ist und die Wesen sich mit der Zeit an ihr dauerhaftes Leben in dieser Welt gewöhnten. Sie begannen sogar, sich zu vermehren. Doch im Gegensatz zu den ursprünglichen Traumgebilden, die nicht verletzt, oder getötet werden konnten, war ihr Nachwuchs sehr wohl verwundbar. Wie dieser kleine Wolf.«
»Also eine ganz neue Spezies, oder wie soll ich das verstehen?«
»So kann man es ausdrücken. Die hier geborenen Wesen verfügen über alle Eigenschaften, die auch ihre Eltern aufweisen, nur mit dem Unterschied, dass sie sterben können. Das ist eine großartige Entdeckung, denn somit ist bewiesen, dass sich diese Welt nicht unterwerfen lässt und ihre eigenen Regeln hat.«
»Und was hat das für unser Vorhaben für einen Nutzen?« Ich stellte diese Frage weil mir nicht so ganz klar war, worauf Matt hinauswollte.
»Momentan noch gar keinen, aber es macht uns Mut, denn es ist der Beweis, dass wir sehr wohl etwas ändern können, auch wenn es ausweglos erscheint«, sagte er und seine Augen funkelten aufgeregt.
Ich verstand immer noch nicht, wie uns die Tatsache, dass die Wölfe sich vermehrt hatten, weiterhelfen konnte, aber ich beließ es dabei. In erster Linie war ich einfach nur froh, dass sie uns akzeptiert hatten und nicht in Stücke rissen.
Matt sah auf seine Armbanduhr und verzog den Mund.
»Wir sollten uns langsam auf den Weg machen, in drei Stunden wird es hell. Da wir in der Schlucht nichts mehr zu befürchten haben, könnten wir schon jetzt losgehen.« Ich stimmte ihm zu, denn auch wenn die Feuerwölfe uns nichts mehr Böses wollten, so würde ich mich doch erheblich wohler fühlen, wenn wir diese Schlucht hinter uns gelassen hatten.
Als wir aufbrachen, hatten sich mindestens 30 Feuerwölfe versammelt. Es schien, als wollten sie uns verabschieden. Nach kurzem Zögern ging ich zu dem Wolf, den ich für den Anführer hielt, und streichelte ihm vorsichtig über den Kopf. Zu meinem Erstaunen war er ganz friedlich und leckte mir sogar sanft über die Hand.
»Passt auf eure Kinder auf«, flüsterte ich ihm zu. Ich täuschte mich sicher, aber ich hatte den Eindruck, als hätte er
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