Traumfaenger
immer über den Ästen im Eingang hing.
»Kannst du das bitte verstauen?«
»Klar«, antwortete ich und befreite das Netz aus dem Gewirr aus Ästen. Ich stopfte es eilig in meinen, wesentlich kleineren Rucksack und warf ihn mir über die Schulter. Meine Lederjacke wollte ich separat tragen, damit nicht noch mehr unseres Gepäcks in Mitleidenschaft gezogen wurde.
»Dann lass uns gehen«, entschied Matt und räumte die letzten Zweige aus dem Weg.
Wir gingen ein ganzes Stück auf dem kleinen Pfad entlang, der etwas höher gelegen war. Irgendwann endete er und wir mussten wohl oder übel in die Senke der Schlucht hinabsteigen, um weiterzukommen. Hin und wieder hörte ich das Heulen der Wölfe und jedes Mal stellten sich mir sämtliche Nackenhaare auf. Ich konnte schlecht einschätzen, wie weit die Verursacher dieser Geräusche entfernt waren, aber ich wollte es auch gar nicht wissen.
Ich fühlte mich unbehaglich wie selten zuvor und das unwirklich kühle Licht, das vom Mond auf die Erde fiel, machte es nicht gerade besser. Es war zwar verhältnismäßig hell, was unserem Abstieg zugutekam, aber es wirkte auch als befänden wir uns in einem dieser Horrorfilme, die ich in meiner Jugend immer angesehen hatte.
Matt war wie immer ganz Gentleman und reichte mir seine Hand, als es steiler nach unten ging. Meinen Knöchel spürte ich kaum noch, was aber sicher an den Unmengen von Adrenalin lag, die mein Körper produzierte.
Unten angekommen reichte mir Matt den Ast, den er für mich zur Krücke umfunktioniert hatte. Ich überlegte einen Moment und testete dann, wie ich ohne die Gehhilfe vorwärts kam. Nach ein paar Schritten stellte ich zufrieden fest, dass ich sie nicht benötigte.
»Ich glaube, die brauche ich nicht mehr«, flüsterte ich leise.
»Bist du sicher?« Ich nickte und Matt legte den Ast vorsichtig zu Boden, um keinen unnötigen Lärm zu machen. »In diese Richtung«, wies er mich an und deutete nach rechts. Ich erkannte Bäume in einiger Entfernung und war froh, dass wir nicht wieder durch karges Gelände gehen mussten, wo uns nichts Schutz vor einer Entdeckung bot.
Wir liefen nebeneinander her und beobachteten dabei aufmerksam unsere Umgebung. Immer wieder fuhr ich erschrocken zusammen, wenn es irgendwo in unserer Nähe knackste, oder erneut das Heulen der Wölfe zu hören war. Matt nahm meine Hand und ich fühlte mich sofort weniger schreckhaft. Ihn an meiner Seite zu wissen, gab mir eine gewisse Geborgenheit, auch wenn mir klar war, dass auch er mir nicht würde helfen können, wenn die Feuerwölfe uns entdeckten.
Wir waren schon mindestens eine Stunde gelaufen, als Matt ruckartig stehenblieb und starr nach vorne blickte.
»Matt?«, fragte ich besorgt und folgte seinem Blick. Ich konnte jedoch nichts sehen, außer der üppigen Vegetation, die uns umgab.
»Beweg dich nicht«, sagte er warnend ohne den Mund zu bewegen.
»Was?«, kam es mir kaum hörbar über die Lippen. Ich war zur Salzsäule erstarrt. Nur meine Augen huschten hektisch umher, auf der Suche nach dem Grund für Matts seltsames Verhalten. Mit der rechten Hand umklammerte ich meine Lederjacke so fest, dass mir die Finger schmerzten.
Plötzlich hörte ich vor uns ein Rascheln und dann sah ich sie. Fünf Wölfe traten zwischen den Bäumen hervor und kamen ganz langsam auf uns zu. Im diffusen Mondlicht konnte ich schlecht erkennen, welche Farben ihr Fell hatte, aber sie waren allesamt dunkel. Meine Knie wurden weich und ich begann zu zittern.
Ich war gerade dabei mir einzureden, dass es ein gutes Zeichen war, dass sie noch ihre normale Gestalt hatten und nicht in Flammen gehüllt auf uns zukamen, als das Feuer aus ihrem Fell brach. Sie blieben wenige Meter vor uns stehen, hell erleuchtet und ein tiefes Knurren kam aus ihren Kehlen.
Das war es jetzt , dachte ich und machte mich auf das Schlimmste gefasst. Ich umklammerte Matts Hand so fest, dass dieser kurz aufstöhnte. Wir würden beide sterben und konnten nichts dagegen tun. Feuerwölfe waren Traumgebilde und konnten nicht getötet werden.
Ich musste unweigerlich an meine kleine Schwester denken und daran, dass sie verloren war, wenn ich starb. Außerdem wollte ich noch nicht das Zeitliche segnen, ich war doch noch viel zu jung. Mein Blick huschte zu allen Seiten der Schlucht auf der Suche nach einem Fluchtweg. Doch selbst wenn es einen solchen gegeben hätte, wären wir mit Sicherheit nicht weit gekommen.
Der erste und größte Wolf setzte sich wieder in Bewegung und der Rest
Weitere Kostenlose Bücher