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Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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Sie teilten die Büsche zwischen zwei Bäumen und rollten große Findlinge zur Seite. Hinter den Steinen befand sich eine Art Eingang in einen Hügel. Der Sand, der sich dort angesammelt hatte, wurde weggefegt. Ooota wandte sich an mich und sagte: »Jetzt wirst du erfahren, was das Zeitbewahren ist. Und wenn du über dieses Wissen verfügst, wirst du auch das Dilemma verstehen, in dem sich meine Leute befinden. Aber du darfst diese heilige Stätte erst betreten, wenn du geschworen hast, keinem Menschen die Lage dieser Höhle zu verraten.«
    Während die anderen eintraten, ließ man mich allein draußen zurück. Ich roch Rauch und sah ihn von dem Felsen, der den Hügel oben krönte, aufsteigen.
    Einer nach dem anderen kamen die Stammesangehörigen jetzt zu mir heraus. Erst der Jüngste: Er nahm meine Hände, sah mir in die Augen und sagte etwas in der Sprache der Ureinwohner, das ich nicht verstand.
    Doch ich spürte seine Besorgnis darüber, was ich mit dem Wissen, das mir gleich zukommen sollte, anstellen würde. Der Tonfall seiner Stimme, der Rhythmus seiner Sprache und die Pausen zwischen den Worten verrieten mir, daß der Schatz seines Volkes zum ersten Mal einem »Veränderten Menschen« enthüllt werden sollte.
    Als nächstes kam die Frau, die ich unter dem Namen Geschichtenerzählerin kannte. Auch sie hielt meine Hände und sprach mit mir. Im grellen Sonnenlicht wirkte ihr Gesicht unter dem Schatten einer Pfauenfeder noch schwärzer, die dünnen Augenbrauen waren ein blauschwarzer Strich, unter dem das Weiße ihrer klaren Augen hell aufleuchtete. Sie bedeutete Ooota, er möge herbeitreten und für uns übersetzen. Während sie weiterhin meine beiden Hände in den ihren hielt und mir fest in die Augen blickte, übertrug Ooota ihre Worte in meine Sprache: »Es war dein Schicksal, das dich auf diesen Kontinent geführt hat.
    Schon vor deiner Geburt hast du zugestimmt, dich hier mit einer anderen Person zu treffen. Diese Zusammenkunft sollte zu eurem beiderseitigen Gewinn stattfinden. Ihr hattet vereinbart, daß ihr einander erst suchen würdet, wenn mindestens fünfzig Jahre vergangen wären. Jetzt ist die Zeit gekommen. Du wirst wissen, wer diese Person ist, denn ihr seid beide im selben Moment geboren, und eure Seelen werden einander erkennen. Dieser Pakt wurde auf der höchsten Ebene eures ewigen Seins geschlossen.«
    Ich war schockiert. Genau das gleiche hatte mir kurz nach meiner Ankunft in Australien der junge Mann in dem Restaurant gesagt, und jetzt wurde es von dieser alten Buschfrau wiederholt.
    Als nächstes nahm die Geschichtenerzählerin eine Handvoll Sand und ließ sie in meine hohle Hand rieseln. Dann nahm sie sich noch eine Handvoll, öffnete die Faust und ließ den Sand durch die Finger laufen. Sie wies mich an, es ihr nachzutun. Wir wiederholten dies viermal - als Reverenz an die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde. Ein feiner Staubfilm blieb an meinen Fingern haften.
    Jetzt kamen auch die anderen Stammesmitglieder einer nach dem anderen nach draußen. Jeder sprach zu mir und hielt dabei meine Hände. Ooota jedoch sprach nicht mehr für sie. Sobald ein Stammesmitglied fertig war mit dem, was er zu sagen hatte, ging er wieder in die Höhle zurück, und ein anderer trat hervor.
    Die Zeitbewahrerin war unter den letzten, die zu mir kamen, aber sie war nicht allein, sondern in Gesellschaft der Erinnerungsbewahrerin. Wir faßten uns an den Händen und liefen so zu dritt im Kreis herum.
    Dann berührten wir mit nach wie vor fest verschränkten Fingern den Boden, richteten uns wieder auf und streckten die Hände dem Himmel entgegen. Wir wiederholten dies siebenmal, um uns vor den sieben Richtungen zu verbeugen: Norden, Süden, Osten, Westen, oben, unten und innen.
    Dann trat noch der Medizinmann vor und zum Schluß der Älteste, der von Ooota begleitet wurde. Sie erzählten mir, daß die heiligen Stätten der Aborigines, auch die der »Wahren Menschen«, nicht mehr den Ureinwohnern gehörten. Eine der wichtigsten Stätten der Stammesvölker hieß früher Uluru. Sie wird jetzt Ayers Rock genannt und ist ein riesiger roter Sandsteinfelsen im Herzen des Kontinents. Er ist der größte Monolith der Welt und erhebt sich 330 Meter hoch über die Ebene. Mittlerweile hat man ihn für Touristen zugänglich gemacht, die wie die Ameisen an ihm hochklettern und dann in ihren Reisebus zurückkehren, um sich für den Rest des Tages in den chlorierten, antiseptischen Swimmingpools der nahegelegenen Motels zu

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