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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Plätze aus. Am liebsten direkt an der Theke.
    Manchen Kunden war das unangenehm. Das nutzte er für sich aus. Je unsicherer sie waren, desto einfacher konnte er mit ihnen spielen. Weil er im Grunde seines Herzens Lothar Sommer nicht über den Weg traute und auf lange Zeit gesehen auch nicht vorhatte, immer als Untermädchenhändler zu arbeiten, sondern eines Tages auch Obermädchenhändler werden wollte, der auf eigene Rechnung an- und verkaufte, ließ er sich von jedem Kunden eine Baranzahlung geben. Ein paar hundert Mark, je nachdem wie viel sie bei sich hatten. Besonders von den Unentschlossenen forderte er dieses Geld ein, manchmal sogar bevor er ihnen die Fotos zeigte.
    Er hatte inzwischen gelernt, dass längst nicht alle Verkaufsgespräche zum Abschluss des Geschäfts führten. Viele Kunden baten um ein Foto, wollten es sich noch einmal überlegen und sich später wieder melden. Keiner von ihnen forderte seine Anzahlung zurück. So verdiente Martin Schöller ein gutes Zubrot, von dem Lothar Sommer nichts wusste.
    Zur Bank brachte Martin Schöller sein Geld nicht. Das schien ihm unangemessen. Er wusste, über kurz oder lang musste er sich ein Konto zulegen, doch jetzt genoss er es noch, ein Bündel Hundertmarkscheine, zusammengerollt, mit einem Gummi verschnürt, in der Hosentasche zu tragen. Er zählte die Scheine morgens durch und steckte sie dann wie ein Tempotaschentuch lässig in die Hosentasche. Abends zählte er noch einmal. Wenn das Bündel mindestens fünf Scheine dicker geworden war, fühlte er sich gut. Dann war er mit sich zufrieden und konnte prächtig schlafen.
    Heute hatte er in Weierstadt ein neues Geschäft perfekt gemacht. Der zweiundfünfzig Jahre alte Witwer Josef Bäumer, ungelernter Arbeiter in der Weierstädter Möbelfabrik Tunika, hatte sich für eine zwanzigjährige Filipina entschieden. Das heißt, er entschied sich für fünf.
    „Eine davon, welche frei ist. Hauptsache, es geht schnell und ohne große Schwierigkeiten.”
    Josef Bäumers Vorstellungen waren sehr konkret: Eine Filipina musste es sein von höchstens zwanzig Jahren. Katholisch. Schön sollte sie sein und gut kochen können.
    Martin Schöller konnte ihm Fotos von sechs Damen zeigen, auf die diese Beschreibung zutraf.
    „Die Frauen sind nicht nur in meiner Kartei, sondern werden jetzt in der ganzen Bundesrepublik angeboten. Einige davon auch in der Schweiz. Daher wäre es schon gut, wenn Sie sich alternativ für verschiedene entscheiden könnten, damit, wenn die eine schon weg ist, wir Ihnen eine andere ...”
    Der Kunde verstand sofort. Nur eine schied aus, weil hinten auf dem Foto ein Beruf angegeben war: Lehrerin.
    Eine, die alles besser weiß, wollte sich Josef Bäumer auf keinen Fall ins Haus holen.
    Der zweite Kunde verlangte schon mehr Ausdauer, und das Verkaufsgespräch zog sich endlos in die Länge, bis er endlich zum Kern seiner Wünsche kam: Er wollte, wie er mit verschämtem Blick auf seinen Bierdeckel leise aussprach, eine Taubstumme. Martin Schöller konnte dem Mann die Hemmungen nehmen. Das, so versicherte Martin, sei ja nichts Besonderes. Deswegen brauchte ein Mann sich doch heutzutage nicht mehr zu schämen. Viele würden eine Stumme bevorzugen. Er persönlich zum Beispiel auch.
    Dankbar über so viel Verständnis stellte sich der neue Kunde erst jetzt mit richtigem Namen vor: Er hieß Helmut Schmidthausen, war vierundzwanzig Jahre alt und bezeichnete sich als Computerfachmann. Er spendierte eine Runde und Martin die nächste. Zwischen zwei Bieren fragte Martin: „Genügt es nicht, wenn sie stumm ist? Warum soll sie auch noch taub sein?”
    Sofort rückte Helmut Schmidthausen von seinen Wünschen ab. Er errötete, trank aus Verlegenheit sein Bierglas leer, orderte eine neue Runde und gab sich dann mit einer Stummen zufrieden.
    Aber Martin Schöller spürte, dass sich mehr dahinter verbarg als nur ein Versehen.
    Helmut Schmidthausen wurde wesentlich schneller betrunken als Martin Schöller. Er vertrug wenig, rutschte nervös auf seinem Stuhl herum und wurde redselig. Ganz von allein kam er auf das Thema zurück: „Ich habe in einem Reiseführer für Südostasien gelesen, dass die taubstummen Mädchen besonders begehrt sind, weil sie gelernt haben, den Männern die Wünsche von den Lippen abzulesen.”
    Martin Schöller gab ihm sofort Recht.
    Das ist die Marktlücke, dachte Martin Schöller, darauf ist Lothar Sommer noch gar nicht gekommen. Wenn ich mich auf Taubstumme spezialisiere, könnte das der

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