Traumfrau (German Edition)
und er die Tapeten ab und suchten neue aus. Nie hätte er sein eigenes Zimmer damit tapeziert. Pinkfarbene Wände! Die Idee war von Hermann Segler. Er hatte behauptet, Pink sei die Traumfarbe aller jungen Frauen. Hochmodern. Der letzte Schrei sozusagen. Ichtenhagen wollte nicht kleinlich sein und gab nach. Wenn Mary sich darin wohl fühlte, warum nicht?
Die Möbel suchten sie aus dem Ikea-Katalog aus. Als Martin Schöller davon erfuhr, unterstrich er aufgeregt, dass er keineswegs bereit sei, sich an den Kosten zu beteiligen. Als er das Zimmer sah, bekam er einen Lachkrampf.
„Soll das ein Kinderzimmer sein oder was? Die ist doch keine zwölf Jahre! Ich dachte, wir machen uns das Zimmer mehr so, na ja, wie soll ich sagen, mehr so nach unseren Bedürfnissen.”
„Was meinst du denn damit?”
„Diese Ausziehcouch da zum Beispiel – was soll das? Da gehört ein Wasserbett hin. Und diese Lampen. Indirekte Beleuchtung fände ich erotischer.”
„Und dann müssen Poster an die Wände!”
Günther Ichtenhagen nickte. Dass er das vergessen konnte ... Kati hatte damals ständig neue Poster. Meist von Popstars, Rockbands, aber auch Sängerinnen. Martin Schöller versprach, so etwas zu besorgen.
„Und einen Kühlschrank, damit man ein paar Flaschen kalt stellen kann und nicht jedes Mal nach unten muss. “
17
War es wirklich so schwierig, den Eingang zum Institut zu finden, oder hielten die ihre Kunden für dämlich? Jedenfalls lag dem Brief nicht nur eine Schwarz-Weiß-Fotokopie des Stadtplans bei – mit rotem Filzstift der Weg von der Autobahnausfahrt zum Institut eingezeichnet –, sondern auch noch Fotokopien von vier Fotos, die jeweils die Kreuzungen zeigten, an denen der Autofahrer abbiegen musste. Damit überhaupt keine Missverständnisse auftauchen konnten, stand an jeder Kreuzungsecke ein langhaariges Thaimädchen und wies mit ausgestreckten Armen den Weg. Sie lächelte so breit und unerschütterlich, dass Martin Schöller eine Melodie einfiel: „Land des Lächelns”.
Er prägte sich das Gesicht ein. Er erwartete, diese Frau im Vorzimmer des Instituts zu finden. Zwischen Schreibmaschine und Telefon als fleißige Sekretärin. Nicht aber im Goldrahmen auf dem Schreibtisch des Chefs.
„Meine Frau”, erklärte der Chef nicht ohne Stolz und reichte das Foto an Martin Schöller. „Ich war zwölf Jahre mit einer deutschen Frau verheiratet. Da lernt man den Unterschied schätzen. Wir sind jetzt schon sieben Jahre zusammen. Nie wieder eine Europäerin, das sag ich Ihnen, nie wieder.”
Behutsam stellte Martin Schöller den Fotorahmen wieder auf den Schreibtisch.
Geräuschlos trat eine Frau ein, so schön und zart, dass sie für einen Moment Martin Schöllers ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie servierte wortlos lächelnd dampfend heißen Tee in dünnen, zerbrechlichen Tassen. Als sie die Tasse vor Martin hinstellte, machte sie eine Demutsbewegung und schlug die Augen nieder. Es war völlig still im Raum und Martin Schöller meinte, die Nylons zwischen ihren Schenkeln knistern zu hören.
Der Chef räusperte sich. Martin versuchte, sich zu fangen. Seine Reaktion auf das Mädchen war dem Chef nicht entgangen. Er weidete sich daran.
Das Mädchen machte zwei tippelnde Schrittchen rückwärts. Jetzt hielt sie den Blick nicht mehr gesenkt, sondern blickte Martin Schöller aufmerksam an.
„Hübsches Mäuschen, was? Sie ist noch zu haben – falls ich sie hergebe.” Er klatschte die Handflächen gegeneinander und rieb sich dann geschäftsmäßig die Hände, was die Atmosphäre völlig zerstörte und Martin Schöller wieder in die Wirklichkeit zurückholte. Er bemühte sich, wieder daran zu denken, weshalb er eigentlich gekommen war. Ohne sie anzusehen, klatschte der Chef der Frau mit der Hand auf den Hintern, dass es nur so knallte, und fuhr dann mit der Hand spielerisch unter dem Rock an ihrem Oberschenkel herauf. Sie blieb stumm stehen, lächelte weiter, doch da sie beide ihren Blick nur auf Martin gerichtet hielten, wusste dieser plötzlich mit rauschhafter Klarheit: Diese kleine Szene inszenierten die beiden für jeden Kunden. So sollte, ohne viele Worte, auch dem letzten Versager klar gemacht werden, dass er sich bald schon als Herrscher fühlen könnte.
Martin bemühte sich, geschäftsmäßig zu werden.
„Also, ich habe das Geld in bar mitgebracht. Außerdem die Geburtsurkunde meines Freundes und ... eine Vollmacht und seinen Personalausweis.”
Alles war viel unkomplizierter, als Martin
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