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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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nicht! Er musste noch etwas sagen. Er konnte nicht einfach so gehen.
    Wer nicht „Guten Tag” sagt, braucht auch nicht „Auf Wiedersehen” zu sagen, dachte er. Für einen Moment wollte er sich bedanken, mit einem Wort, einer Geste, verwarf dies aber sofort wieder und schnauzte sie an:
    „Zieh dich an, und setz dich ordentlich hin. Siehst aus wie die letzte Schlampe! Bring deine Haare in Ordnung!”

33
    „Und ich bestehe darauf, dass sie hier einen AIDS-Test macht!”, polterte Wolfhardt Paul und klopfte, um seine Worte zu unterstreichen, auf die Illustrierte, die aufgeblättert auf Günther Ichtenhagens Tisch lag.
    Wolf hat sie also noch nicht gehabt, folgerte Martin Schöller. Dabei grinste er still in sich hinein. Er spürte, dass Wolfhardt Pauls Angst vor dem AIDS-Virus nur ein Vorwand war. Er benutzte diesen Virus als Argument, um ein wenig Zeit für sich herauszuschinden. In Wirklichkeit hatte er nie an das Gelingen des Unternehmens geglaubt. Er hatte aus Aussicht auf Erfolg mitgespielt wie beim Lotto. Und jetzt hockten die fünf Richtigen oben in dem neu eingerichteten Zimmer.
    Seine Skatbrüder erwarteten von ihm, dass er sich wie sie verhielt.
    Vermutlich würde er bald kampflos gehen und seinen Anteil an Mary verschenken. In wenigen Tagen wäre der froh, das ganze Problem einfach los zu sein, orakelte Martin Schöller. Er hatte sich die Sache bereits zurechtgelegt. Ohne Gesichtsverlust konnte Wolfhardt Paul nicht aus der Sache raus. Aber er konnte auch nicht über den Schatten seiner Erziehung springen. Dass er Geld brauchte, wusste jeder, und so würde jeder verstehen, wenn er seinen Anteil verkaufte. Martin Schöller aber würde ihm nichts dafür geben. Nichts außer der Möglichkeit, vor allen anderen behaupten zu können, er habe verkauft und nicht kampflos aufgegeben.
    „Sie hat dieses ärztliche Gesundheitszeugnis aus Thailand mitgebracht. Wir haben dafür achtzig Mark bezahlt.”
    Martin Schöller kramte in seiner Brieftasche danach. Er fand den Zettel. Er konnte natürlich nicht lesen, was darauf stand. Im gleichen Moment wurde ihm klar, wie dumm es war, diesen Zettel auszuspielen. Er hätte ihn in der Tasche lassen müssen. Günther Ichtenhagen nahm das Papier, warf einen Blick darauf und ließ es dann achtlos auf den Tisch fallen.
    „Das kann genauso gut eine Rechnung aus einem Modehaus in Bangkok sein”, maulte Wolfhardt Paul.
    „Selbst wenn das da wirklich ein Arzt geschrieben hat und da steht, dass sie gesund ist, so möchte ich nicht irgendeinem Thai-Doktor vertrauen”, warf Hermann Segler ein.
    Durch Wolfhardt Pauls Nicken bestätigt, fuhr er fort:
    „Vielleicht hat der sie auf Syphilis untersucht und ein paar andere gängige Geschlechtskrankheiten. Aber wer weiß, ob der einen AIDS-Test mit ihr gemacht hat?”
    „Eben.”
    Günther Ichtenhagen trat ein paar Schritte zurück. Er betrachtete die Männer, die um seinen Tisch saßen und heftig diskutierten, mit einer Mischung aus Zorn und Mitleid. Waren das wirklich seine Skatbrüder? Die Männer, die er seit Jahren kannte? Redeten die so über Mary? Sollte das Ganze nur ein schlechter Witz sein? Die Nähe dieser Männer wurde ihm immer unerträglicher. Ihre Stimmen waren zu laut, ihre Ausdrucksweise widerte ihn an, ihr Menschenbild konnte er nicht übernehmen, kurz: Er empfand sie als störend. Auch sah er überhaupt nicht mehr ein, warum er sie ständig mit Bier, Schnaps und Knabbereien versorgen sollte. Sein Wohnzimmer wurde langsam zu ihrer Stammkneipe.
    Zwischen Wolfhardt Paul und Martin Schöller lief ein heftiger Disput, aber Günther Ichtenhagen registrierte nur noch Gesten und angespannte Gesichter. Alle Töne wurden aufgesogen von einem lauter werdenden Motorengeräusch direkt neben seinen Ohren. Ihm wurde schwindelig. Er taumelte zwei Schritte zurück und ließ sich aufs Sofa sinken. Er schloss die Augen und sah bunte Pünktchen auf sich zutanzen.
    Eine halbe Minute später war das Motorengeräusch verklungen, und der nächste Satz drang wieder in sein Bewusstsein durch. Noch wabernd und von Ferne, aber deutlich von Martin Schöller gesprochen, hörte er durch eine Nebelwand:
    „Durch die moderne Medizin sind Geschlechtskrankheiten heute nicht mehr gefährlicher als Schnupfen. Ob du nun Syphilis nimmst oder irgendeine andere Geißel der Lust. Mit ein paar Penicillintabletten ist die Geschichte ausgestanden.”
    „Vielleicht sollten wir sie eine Penicillinkur machen lassen, bevor ...”
    All das ließ Wolfhardt Paul

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