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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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hatte, dass Mary bereit war, ihm die Zimmertür zu öffnen, wollte er trotzdem zu ihr.
    Seit dem Frühstück hatte sie nichts zu sich genommen. Sie musste hungrig sein. Und er suchte eine Möglichkeit, sich ihr zu erklären.
    Auf den ersten Stufen traf es ihn wie ein Schwerthieb von hinten in die Brust. Er rang fiepsend nach Luft, seine Arme sackten bleischwer herunter und er brach zusammen.
    Meine Tabletten, dachte er, meine Tabletten, warum habe ich nicht auf diesen verdammten Doktor gehört? Ich muss diese Tabletten nehmen, sonst komme ich um. Die machen mich zum Bluter, aber sie schenken mir das Leben. Er versuchte, langsam aufzustehen, um zum Alibert-Schrank im Badezimmer zu kommen. Er schaffte es nicht. Von einem Schwächeanfall geschüttelt, klappte er erneut zusammen. Die Herzschmerzen ließen ihn für einen Moment glauben, dies sei sein Ende. Die Haarwurzeln unter der Kopfhaut schienen zu wachsen und ein innerer Druck preßte seine Augapfel unnatürlich nach außen.
    Er rief nicht um Hilfe, er stöhnte nur laut vor Angst und Schmerz.
    Diesmal verlor er nur kurz das Bewusstsein. Als er zu sich kam, lag ein nasser Lappen auf seiner Stirn, und Mary wickelte kalte Handtücher um seine Füße.
    Ich muss die Tabletten nehmen.
    Sie hatte nicht genug Kraft gehabt, ihn auf die Couch zu tragen, sie hatte ihn nur von der Treppe bis auf den Teppich gezerrt. Jetzt eilte sie ins Badezimmer, riss auch gleich den Alibert auf und nahm alles heraus, was nach Medikamenten aussah. Rasierwasser, Rasiercreme, Nasenspray, Kopfschmerztabletten, Magentabletten, Aspirin, aber sie brachte auch seine lebensrettenden Blutverdünner mit. Und das Nitrospray. Er schob sich sofort das Plastikstück in den Mund und drückte auf den Zerstäuber. Er hoffte, dass das Nitroglyzerin die Blutgefäße schnell genug erweitern würde.
    Die Nitrotröpfchen im Rachenraum gaben ihm eine kurze Beruhigung. Er drückte viermal mehr, als vorgeschrieben, schüttelte dann das Fläschchen und nahm noch eine Ladung. Dann fühlte er sich stark genug. Er stützte sich mit einem Arm auf und sprach klar und deutlich: „Wasser! Bring mir ein Glas Wasser!”
    Mary verstand. Mit seinem Zahnputzbecher voll kaltem Wasser kehrte sie zurück. Er zeigte nur auf die Packung, und sie fingerte die Tabletten heraus, streute sie sich in die offene rechte Hand, hielt sie ihm entgegen. Er wählte zwei aus und schluckte sie.
    Ich werde mich operieren lassen, dachte er, ich werde diese scheiß Operation machen müssen, oder ich gehe drauf.
    Mary hielt eine Hand stützend unter seinen Kopf und half ihm mit der anderen, das Wasserglas erneut zu den Lippen zu führen. Jetzt spürte er die Berührung ihrer Fingerkuppen bewusst und ein nie gekannter Lebenswille bäumte sich in ihm auf.
    Als er das Glas geleert hatte, legte sie seinen Kopf sanft auf den Teppich zurück, lief ins Badezimmer und füllte das Glas noch einmal. Begierig trank er, ohne sich dabei zu verschlucken. Dann sank er zurück und schlief erschöpft ein. Sie wachte neben ihm, kühlte seine Waden, seine Füße und seine Stirn und begann dann eine Druckmassage an seinen Fußsohlen. Diesmal empfand er ihre Berührung nicht als angenehmes Kitzeln, sondern als stechenden Schmerz unter dem rechten Fuß, als Schmerz, der ihn weckte und zornig machte. Warum tat sie ihm absichtlich so weh! Aber sie nickte auf sein Stöhnen hin nur wohlgefällig und er verstand, dass diese Fußmassage irgendein asiatischer Zauber war, der sicherlich nicht gegen einen Herzinfarkt half, aber er war trotzdem dankbar für ihre Bemühungen und ließ sie gewähren. Mutig ertrug er den Schmerz und lächelte sogar dankbar. Mit ihrer Hilfe gelangte er ins Schlafzimmer. Sie schlug die Bettdecke für ihn zurück, half ihm, sich bequem hinzulegen, nahm die Kissen vom Nebenbett und schob sie ihm unter die Kniekehlen; dann stapelte sie sorgfältig alle Medikamente, auch das Rasierwasser und den Rasierschaum, neben ihm auf das Nachtschränkchen. Sie hob ein drittes Glas Wasser an seine Lippen, nickte ihm freundlich zu, stellte das Glas ab und trat einen Schritt zurück. Er wusste nicht, ob sie Dank von ihm erwartete oder sich nur für eine weitere Hilfe bereithalten wollte.
    Ein kalter Fisch schwamm von seinem Herzen aus quer durch den Brustkorb hin zu den Beinen, verschwand dort, um im anderen Fuß aufzutauchen und sich erneut bis zum Herzen durchzuarbeiten. Gleichzeitig wurde es Günther Ichtenhagen wohlig warm. Ein Kribbeln zog sich vom Rücken bis zum

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