Traumfrau (German Edition)
durfte sich in der Cafeteria ein Eis kaufen. Stefanie willigte fröhlich ein und versprach, für Opi ein Eis mitzubringen. Günther Ichtenhagen lobte sie, weil sie so ein großes Mädchen war und den Weg zurück bestimmt allein finden würde. Dann schloss sich die Tür, und Kati räusperte sich ein zweites Mal:
„Also Vati, ganz ehrlich, ich glaube, so geht das nicht weiter. Machen wir uns nichts vor. Du kommst allein nicht mehr klar. Der Garten verlottert. Du siehst, was aus dir geworden ist. Schon die Idee, den Teich anzulegen, war Unsinn. Damit hast du deine Gesundheit ruiniert.”
„Aber nein, Kati, das habe ich nicht, ganz und gar nicht. Der Teichbau hat mir gut getan ...”
„Vati, du hast dich restlos übernommen. Mein Mann und ich, wir haben uns überlegt, dass ...”
„Ach, dein Mann hat auch überlegt? Das war aber bestimmt sehr anstrengend für ihn.”
„Bitte Vati. Es ist für alle das Beste, wenn du das Haus verkaufst und in ein Altersheim gehst. Es gibt tolle Heime. Wir haben uns schon einige angesehen.”
„Ach, habt ihr?”, fragte er bitter zurück.
„Denk nicht, wir wollten etwas von dem Hausverkauf. Keineswegs. Das Geld gehört dir. Wir wollen davon nichts sehen.
„Und dein Mann, ist der auch der Ansicht?”
„Reg dich jetzt nicht auf, Vati. Du hattest einen Herzinfarkt.”
„Es war schon der zweite, Kati. Und wenn du deinen Mann meinen Schwiegersohn – mit hierher bringst, könnte ich den dritten bekommen. Ich werde das Haus nicht verkaufen! Ich werde auch in kein Altersheim gehen! Das ist mein Leben und ich werde den kleinen Rest davon so leben, wie es mir gefällt, und nicht, wie es dir und deinem Mann am besten passt.” „Vater, bitte reg dich nicht auf, wir wollen nur dein Bestes.” „Lass mich jetzt bitte allein. Grüß Stefanie schön von mir. Vielleicht kann sie mich beim nächsten Mal allein besuchen kommen.”
„Vater, ich ...”
Er drehte seinen Kopf weg. „Lass mich in Ruhe.”
Kati stand auf, ging langsam, um ihrem Vater noch eine Chance zu geben, zur Tür, hoffte, dass er etwas sagen würde, drückte geräuschvoll die Türklinke herunter, und dann hörte sie seine erlösende Stimme: „Kati!” „Ja, Vater?”
Aber er sprach kein versöhnliches Wort, bat sie nicht mit einem Kopfnicken an sein Bett zurück, sondern sagte nur kalt:
„Gib mir den Hausschlüssel zurück.”
„Aber Vater, einer muss doch nach dem Rechten sehen.”
„Genau das will ich verhindern. Leg den Schlüssel hierher auf meinen Nachttisch. Ich möchte nicht, dass mein holder Schwiegersohn die Möbel verkauft, während ich hier liege.”
„Vater, das ist gemein von dir.”
„Leg bitte den Schlüssel hierhin. Er gehört dir nicht.”
Wütend öffnete Kati ihre Handtasche, kramte darin, nahm den Schlüssel heraus und knallte ihn so geräuschvoll wie möglich auf die Plastikplatte des Nachtschränkchens. Sie sah ihren Vater an, und ihr Blick sagte ihm, dass sein Verhalten nur ihre Ansicht bestätigte. Ihrer Meinung nach war er nicht nur ein Fall fürs Altersheim, sondern war im Grunde schon lange nicht mehr zurechnungsfähig.
Endlich wieder allein, atmete er tief durch, nahm eine von den blutverdünnenden Tabletten, obwohl es längst noch nicht an der Zeit war, leerte gierig das Glas Wasser, wie ein erstes Bier nach einem scharfen Essen, und beschloss trotzig, Mary nicht nach Hause zurückzuschicken.
Er befand sich in einer Zwangslage. Sein Leben wurde für beendet erklärt. Von den Ärzten, von seiner Tochter und vom Schwiegersohn. Er hatte nur noch auf die Erlösung durch den Herrn zu warten. Alles in ihm bäumte sich dagegen auf. Er würde Mary bei sich behalten. Sie sollte für ihn sorgen, ihn pflegen und einen Teil der offenen Rechnung begleichen, die das Leben ihm gegenüber hatte. Jetzt war er einmal dran.
Kaum hatte er diesen Entschluss gefasst, verspürte er neue Kräfte. Er schloss die Augen, um den Energieschub zu genießen. Doch er hielt die Augen einen Moment zu lange geschlossen. Wieder hörte er die Schritte über sich. Das Insekt kreiste im Lampenschirm und flog verzweifelt gegen die heiße Birne.
Schweiß trat auf seine Stirn. Kalter Schweiß.
Während ich hier liege, dachte er, gehen die bei mir ein und aus. Begaffen sie, befummeln sie, wer weiß, was sie mit ihr tun. Vielleicht geben sie ihr nichts zu essen. Sicherlich hat sie Angst. Sie ist meine Frau, und wenn noch einer von ihnen sie anfasst, bring ich ihn um. Ich werde sofort zurückkehren, sie
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