Traumfrau (German Edition)
Paul, Günther Ichtenhagen und ich, wir haben uns gemeinsam etwas gekauft.”
„Was denn?”
„Nun, ein Spielzeug, wenn du so willst ...”
Es ärgerte Martin Schöller, dass Dieter Segler die Sache nicht ernst genug nahm, nicht bohrender fragte, keine genauere Auskunft verlangte. Er dirigierte ihn in Günther Ichtenhagens Garten und machte eine einladende Geste die Treppe hoch.
„Ja wie? Hast du den Schlüssel zur Wohnung?”
Endlich etwas, das ihn verwirrte. Genießerisch lächelte Martin Schöller. „Hm. Und nicht nur den.” Er klimperte mit dem Schlüssel. „Willst du vorangehen oder soll ich? Schließlich will ich dich nicht um deine Erbschaft bringen.”
Plötzlich rannten sie die Stufen hoch. Dieter Segler vermutete, dass Martin sich einen geschmacklosen Scherz mit ihm erlauben würde, aber etwas in Martins Stimme sprach dagegen. Er wirkte auf eine schwer zu ertragende Weise überlegen. Überheblich.
Martin Schöller schloss auf und schob Dieter Segler in den Raum. Es war dunkel. Trotzdem fiel von der Straßenbeleuchtung genügend Licht ins Zimmer, so dass Dieter sich über die Einrichtung wundern konnte.
„Hat Günther solche Plakate an den Wänden, oder sind die etwa noch von Kati?”
Martin knipste das Licht an, und im Schimmer der roten Barbeleuchtung wurde eine Frau sichtbar, die offensichtlich im Sessel eingenickt war und nun die Augen erschrocken aufriss. Im ersten Moment hielt Dieter Segler sie für eine Chinesin.
Martin Schöller klatschte mehrfach laut in die Hände und sagte scharf: „Mary!”
Sie sprang aus dem Sessel hoch und ordnete ihre Kleider. Ungläubig beäugte Dieter Segler die Frau. Wie kam sie hierher? Was hatte sie in Ichtenhagen verloren? Seine Mutter hatte ihm kein Wort davon erzählt. Wer war diese Frau?
„Das ist deine Erbschaft. Sie gehört dir natürlich nicht ganz. Nur zwanzig Prozent. Aber immerhin.”
„Du spinnst doch!”
Als könnte er es nicht glauben, umkreiste Dieter Segler die Frau, gab ihr nicht die Hand, sah ihr nicht in die Augen, tastete sie nur mit Blicken ab. Wie um herauszubekommen, ob sie real war oder nur eine Erscheinung.
„Steh nicht da wie Pik Sieben!”, befahl Martin und schubste sie leicht an.
Sie machte ein paar Schritte durchs Zimmer und drehte sich einmal um. Da sie sich inzwischen daran gewöhnt hatte, dass Martin Männer mitbrachte, und genau wusste, was diese Männer von ihr wollten, begann sie, sich stumm zu entkleiden.
In diesem Augenblick wurde Dieter Segler das ungeheuerliche Ausmaß seiner Erbschaft bewusst, es überforderte sein Gehirn für Sekunden, ließ seine Unterlippe heruntersinken und ihn aussehen wie einen Deppen. Kraftlos setzte er sich aufs Bett und beobachtete Mary. Martin Schöller genoss das ungläubige Entsetzen in Dieter Seglers Gesicht.
Dieter Segler hörte Martin Schöller lachen: „Du kannst die Erbschaft natürlich ablehnen, wenn du möchtest. Es ist schwierig für dich, wenn du in München wohnst, aber vielleicht willst du wenigstens mal antesten, was dir da so entgeht. Sie hilft dir bestimmt über die Trauer hinweg, in ihren Armen vergisst du alles, sag ich dir.”
Dieter Segler machte eine Handbewegung, wie man ein Fernsehgerät ausschaltet, als könne er die Frau aus der Realität ausknipsen, einfach abschalten. Fast verzweifelt wandte er sich an Martin und keifte mit sich überschlagender Stimme: „Sie soll damit aufhören! Sag ihr, dass sie sich wieder anziehen soll! Ich will das nicht! Bist du völlig übergeschnappt? Ich sagte, sie soll sich wieder anziehen.”
Mit einem ersten Schock hatte Martin durchaus gerechnet. Er genoss das Gefühl der Überlegenheit. Es war schön, abgebrühter zu sein als Dieter, härter, nicht so ein Softie.
„Sag du es ihr! Sie hört auf dich. Immerhin gehören dir zwanzig Prozent. Du musst dich natürlich auch an den Lebenshaltungskosten beteiligen. So eine Puppe will ernährt werden. Dann die Klamotten. Was meinst du, was so ein Fummel kostet? Wir wollen sie schließlich nicht in Kartoffelsäcken herumlaufen lassen, hahaha. Alles exquisite Sachen aus dem Sex-Shop.”
„Ich flipp gleich aus!”
Mary stand unschlüssig vor Dieter Segler.
Er sah zu ihr hoch, suchte ihre Augen und fragte: „Warum tust du das? Warum tust du das?”
Sie gab keine Antwort. Martin Schöller kommentierte: „Sie ist stumm. Sie kann nicht mit dir reden.”
Plötzlich spürte Dieter Segler wieder Kraft in sich. Er sprang auf, ignorierte die Frau und packte seinen alten Kumpel
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