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Traumfrau mit Fangzähnen

Traumfrau mit Fangzähnen

Titel: Traumfrau mit Fangzähnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Russe
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bisexuell? Nachdem ich ihn zweihundert Jahre lang beobachtet hatte, war ich der Meinung, dass er sich Liebe und Lust wahllos in jeglicher Form nahm, die sich ihm darbot. Die meiste Zeit jedoch war er einfach nur einsam.
    Bubba Lee hingegen war der Neuling in unserer Truppe und erst wenige Wochen zuvor gegen Ende unseres letzten Auftrags zu uns gestoßen. Doch er passte bereits so gut ins Team, als hätte er von Anfang an dazugehört. Ich spürte, dass ich mich auf ihn verlassen konnte, und ich mochte ihn gern. Er war groß und kräftig, ein Baum von Mann. Genau wie Benny fragte ich mich, wer er vor seinem Dasein als Vampir gewesen war und ob er es uns jemals erzählen würde. Unter Vampiren galt es als unehrenhaft, nach der Vergangenheit zu fragen.
    Und schließlich war da noch Benny, der Männermagnet mit der Sinnlichkeit von Marilyn Monroe, jedoch ohne deren Neurosen. Geboren in Branson, Missouri, hatte sich Benny mit ihren blauen Augen und rosigen Wangen das gesunde Aussehen einer Schönheit aus dem Mittleren Westen bis heute bewahrt. Sie war lebhaft und quirlig und verabredete sich nie mit einem Fremden. Sie sah in etwa so gefährlich aus wie Heidi, und manchmal gab sie vor, dumm wie ein Stück Brot zu sein, aber ich wusste, dass ihr Verstand schneller zum Kern einer Situation durchdrang als ein Laser, und ich hatte sie schon wie eine Amazone kämpfen sehen. Da sie kompromisslos optimistisch, immer ausgesprochen gut gelaunt und voller Elan war, genoss sie es bedingungslos, ein Vampir zu sein.
    Ich komplettierte das Quartett. Ich war groß und fast ein wenig zu dünn, meine Haut cremefarben, meine Haare waren dunkel und meine Augen so graublau wie der Himmel über Osteuropa. Nachdem ich mich dank eines Königs fahrender Völker in einen Vampir verwandelt hatte, wurde ich zu einer Nomadin, einer Suchenden, einer geschundenen Seele. Ich fühlte mich, als hätte ich alles Gute in mir an meine dunkle Seite verloren, diesen bestialischen Teil, der von mir Besitz ergriff, wenn ich unschuldiges Leben mit meinem Biss zerstörte. Trotz des Flehens meiner Mutter verließ ich das Italien der Renaissance und reiste durch die Welt, immer hingezogen zu einem Helden, der das Herz eines Poeten besaß, in dem Wunsch, mich einer guten Macht anzuschließen, und gleichzeitig von der Angst getrieben, jenen Helden zur dunklen Seite zu verführen. Tatsächlich geschah genau das mit alarmierender Regelmäßigkeit, wenn ich mich auf gefährliche Liebschaften mit Männern einließ, deren Namen man vielleicht kennt, deren Identität ich aber außer der Lord Byrons nicht preisgeben möchte.
    Unabhängig davon, wo ich hinging oder welchen Namen ich annahm (Daphne Urban und Daphne Castagna sind beides Variationen meines Geburtsnamens), fühlte ich mich immer als eine Außenseiterin – eine Fremde, eine, die nicht dazugehörte. Missverstanden und verfolgt, war ich ein Großteil meiner fast fünfhundert Jahre auf Erden unwiderruflich dazu verdammt gewesen, einsam zu sein. Mir wurde bewusst, dass mir jetzt und hier die Chance gegeben wurde – vielleicht die einzige –, etwas zu ändern. Ich war ein Mitglied von Team Dark Wing, und ich war nicht mehr allein.
    Nachdem wir das Gebäude verlassen hatten, standen wir noch eine Weile auf dem Bürgersteig zusammen. Es war bereits spät, mitten in der Stunde des Wolfes, der Zeit zwischen Nacht und Tag, in der die Menschen schliefen und die Geister, Dämonen und Untoten ihr Unwesen trieben. Die breite Straße war bis auf ein vereinzeltes Taxi verlassen, und auf den vereisten Oberflächen spiegelten sich die Lichter der Straßenlampen.
    »Und wohin jetzt?«, fragte Benny so putzmunter wie immer. Sie zog ein Paar Fausthandschuhe aus ihrer Manteltasche und streifte sie über, während sie durch Tippelschritte versuchte, die Blutzirkulation in ihren Füßen anzuregen, die in roten Jimmy-Choo-Stiefeln mit Pfennigabsätzen steckten und wahrscheinlich niemals warm werden würden.
    »Wie wär’s mit einem Schlummertrunk?«, fragte Cormac. In seinem langen schwarzen Mantel wirkte er wie eine Geistererscheinung. Er stand einige Schritte von uns anderen entfernt – zwar bei uns, aber getreu seiner melancholischen, misanthropischen Natur argwöhnisch gegenüber zu viel Nähe.
    »Gute Idee«, sagte Bubba und legte Benny und mir die Arme um die Schultern. Er zog uns nahe zu sich heran und flüsterte: »Auf der anderen Straßenseite steht ein Typ und beobachtet uns. Lasst uns ein paar Blocks weit gehen und

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