Traumfrau mit Fangzähnen
würde. In welchem Ausmaß der oberste Sicherheitsberater des Präsidenten in das Drogennetz verstrickt war, konnte ich noch nicht einschätzen, aber ich ging davon aus, dass er von dem Ganzen profitierte, ob er nun Kenntnis darüber besaß oder nicht. Ich fragte mich, wie viel Mar-Mar schon herausgefunden hatte. Sie wusste ganz offensichtlich von Brent Bradleys Verbindungen zu der grassierenden Drogenepidemie, und jetzt wurde auch klar, warum das Team Dark Wing zu dieser Mission hinzugezogen worden war. In kriminelle Aktivitäten verstrickt zu sein war ein enormes Sicherheitsrisiko für den engsten Berater des Präsidenten. Unabhängig von moralischen Überlegungen konnte er leicht dazu erpresst werden, nationale Geheimnisse auszuplaudern oder noch weit Schlimmeres zu tun. Schließlich gehörte er zum innersten Kreis der amerikanischen Regierung.
In diesem Moment beschloss Brent Bradley, dass meine Audienz bei ihm abgelaufen war. »Nun, meine Liebe, ich will Sie nicht länger als nötig mit Beschlag belegen. St. Julien, bitte bringe diese reizende junge Dame öfter hierher, möglichst schon bald wieder. Vielleicht können wir alle zusammen einmal zu Abend essen. Ich werde meinen Assistenten bitten, einen Termin ausfindig zu machen.«
»Es wäre mir eine große Ehre«, sagte ich, bereits fest entschlossen, die Einladung anzunehmen. Es wäre eine weitere Möglichkeit, nach einem Beweis zu suchen, der Rodriguez und Bradley mit Susto in Verbindung brachte.
Fitz und ich verabschiedeten uns. Bradley küsste mich auf die Wange, Rodriguez hingegen ließ sich nicht einmal zu einem kurzen Gruß hinreißen. Sein geringschätziger Blick zeigte, dass er mich als vollkommen unwichtig betrachtete, als ein weiteres Stück Fleisch, das Bradley ins Bett zu kriegen versuchte. Ich begegnete seinen Augen mit stählernem Blick, doch genau das erwies sich als Fehler. Er bemerkte es, und ich sah ihm an, dass er seine gleichgültige Einstellung mir gegenüber überdachte. Plötzlich landete ich auf der Liste potenzieller Feinde.
Fitz schien nicht bemerkt zu haben, was sich zwischen Rodriguez und mir abspielte. Er legte den Arm um meine Taille und zog mich näher zu sich heran, drückte die Lippen gegen mein Haar und wisperte mir ins Ohr: »Ich kann es nicht länger vor mir herschieben, mir werden schon böse Blicke zugeworfen. Ich muss dich meiner Mutter vorstellen. Aber lass uns vorher bei der Bar vorbeigehen, damit ich mein Glas auffüllen kann.«
»Ist sie so furchtbar?«, fragte ich.
»Furchtbar? Oh nein, Delores ist nicht schlimm. Sie ist eine Heilige, und ich bin ihr einziger Sohn. Ihr einziger Sohn, der sie nicht oft genug besucht, sie nicht oft genug anruft, sie nicht oft genug zum Essen einlädt. Ihr einziger Sohn, der bisher nichts Vernünftiges zustande gebracht hat und schon gar nicht der Erfolgsmensch geworden ist, als den sein Vater ihn gern gesehen hätte. Noch ein Jameson mit Eis, bitte«, sagte er zu dem Barmann, dessen Namensschild ihn als einen Angestellten des Cateringservices auswies.
»Kommt sofort, Sir«, erwiderte der untersetzte Mann. Fitz steckte einen Dollar in das Trinkgeldglas, nahm den Drink entgegen und trank ihn in einem Schluck aus. »Noch einen«, wies er den Barmann an, der das leere Glas an sich nahm und es gefüllt zurückreichte.
»Also gut, ich denke, ich bin bereit, der liebsten aller Mütter gegenüberzutreten.«
Wir steuerten auf eine schlanke, mittelgroße Frau zu. Sie stand vor einer Terrassentür, die in den mit Flutlicht beleuchteten Garten hinausführte, trug ein einfaches, schwarzes Seidenkleid und stand offenbar zu ihren weißen Haaren. Ihre Frisur jedoch war perfekt gestylt, und ihre Augen sahen in dem klassisch geschnittenen, attraktiven Gesicht aus wie schimmernde grüne Steine. Doch ihre Schönheit war spröde und ließ einen strengen Charakter erahnen. Ihre juwelenverzierte Hand hielt einen mit einer Maraschino-Kirsche garnierten Drink, und ich vermutete, dass es sich um einen Manhattan handelte, obwohl ich die Mischung aus Vermouth und Bourbon seit den späten 1950er Jahren nirgendwo mehr gesehen hatte. Fitz küsste sie flüchtig auf die Stirn. »Mutter«, sagte er, »ist alles in Ordnung?«
»Ich habe ein Dienstmädchen, das aufräumt, danke«, entgegnete sie mit eisiger Stimme. »Aber falls du dich nach meinem emotionalen Befinden erkundigst, dann geht es mir so gut, wie es einer alleinstehenden Frau eben gehen kann. Später findet eine Bridgepartie statt. Ich nehme wohl
Weitere Kostenlose Bücher