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Traumfrau mit Fangzähnen

Traumfrau mit Fangzähnen

Titel: Traumfrau mit Fangzähnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Russe
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was von dem Ort noch übrig war. Dann stolperten wir vor Nässe triefend ins Bitter End. Die Bar war sehr gut besucht. Dennoch würde Darius uns garantiert entdecken, und plötzlich bekam ich eine ganz andere Art von kalten Füßen. Warum trat er nicht in einem lauten, anonymen Nachtclub wie dem Cielo im Meatpacking District auf? Andererseits musste man auch die Vorteile zu schätzen wissen. Die Gäste im Bitter End waren wenigstens alt genug, um einem nicht mehr auf die Schuhe zu kotzen.
    Wir setzten uns an einen der Holztische. Die anderen drei bestellten sich ein Bier, nur ich blieb bei meinem Mineralwasser, was mir einen grantigen Blick der Kellnerin einbrachte.
    »Jetzt komm schon, Daphne, lächle ein bisschen«, sagte Bubba. »Das kann noch ein lustiger Abend werden.«
    »Ja, in etwa so lustig wie eine Beerdigung«, erwiderte ich mürrisch und nahm das eisige Glas Mineralwasser in die Hand, was meine Hände noch kälter werden ließ.
    »Ich bin froh, dass wir hier sind«, warf Benny ein. »Überlegt doch mal, was diese Mauern schon alles miterlebt haben! Ich wünschte, ich wäre damals in New York gewesen anstatt im langweiligen Branson, wo diese bescheuerten konservativen Hinterwäldler die Hippies aus der Stadt gejagt oder versucht haben, sie zu teeren und zu federn. Es ist mir egal, wenn ich mich gerade wie eine Touristin benehme, aber ich finde das alles wahnsinnig aufregend.«
    Cormac verhielt sich für seine Verhältnisse immer noch ziemlich anständig. Statt sich über sein von Regen und Wind in Mitleidenschaft gezogenes Äußeres zu beklagen, fuhr er sich lediglich mit den Fingern durchs nasse Haar, nahm eine Serviette und tupfte die Tropfen weg. Meine eigenen Haare hatten sich in feuchte, zerzauste Strähnen verwandelt, die sich langsam kräuselten, das Leder meiner Jacke wies einige hässliche Flecken auf, und bestimmt war mein Make-up ebenfalls vom Winde verweht. Das Aussehen einer ertrunkenen Ratte verschaffte mir nicht unbedingt genug Selbstbewusstsein, um Darius und diesem Flittchen aus der Band gegenüberzutreten.
Sie
würde nicht wie ein Mitglied aus
The Munsters
aussehen, da war ich mir sicher.
    Wir saßen noch keine Viertelstunde, als die Zehn-Uhr-Show begann. Mehrere Bands sollten an dem Abend spielen, und wir sahen uns geduldig drei ziemlich experimentelle Auftritte an, unter anderem vom Oz Noy Trio, einer israelischen Band, die in den Sechzigern als »ziemlich daneben« bezeichnet worden wären. »Alternativ« war die zeitgenössischere Beschreibung für ihren ekletischen, innovativen Sound, der manchmal an eine kratzige Schallplattenaufnahme erinnerte. Sie passten auf jeden Fall hervorragend ins Bitter End, das in dem Ruf stand, neuen Musikern eine Plattform zu bieten. Meine drei Teammitglieder hatten wahnsinnig viel Spaß, aber da zwei von ihnen neu in New York waren, wunderte mich dies nicht allzu sehr. Als Darius angekündigt wurde, waren sie bei ihrem dritten Bier angelangt. Das Licht wurde gedimmt. Ich hyperventilierte und verfluchte mich selbst, dass ich nicht vorher auf die Toilette gegangen war und wenigstens meinen Lippenstift nachgezogen hatte.
    Schließlich gingen die Lichter vollständig aus. Ein rotes Spotlicht flammte auf und beleuchtete die vier Musiker von Vampire Project. In bodenlange schwarze Umhänge gehüllt, standen die Bandmitglieder unbeweglich und mit gesenkten Köpfen auf der Bühne. Dann sahen sie auf, breiteten die Arme aus und öffneten dabei die Umhänge, die so geschnitten waren, dass sie wie Fledermausflügel aussahen. Die Sängerin trug ein paillettenbesetztes T-Shirt unter dem Umhang. Es war so kurz, dass es ihren flachen Bauch mit Bauchnabelpiercing entblößte. Ihr Gesicht kam mir unter dem Make-up zerkratzt und geschwollen vor, und nun war ich mir ganz sicher, dass sie meine Angreiferin gewesen war. Der Keyboarder, dessen nackter, tätowierter Oberkörper wie der eines Mitglieds der Red Hot Chili Peppers aussah, senkte die Arme und spielte einige dissonante Läufe, die schließlich in sehr unheimlich klingende Töne übergingen. Darius sah ins Publikum. Sein Gesicht war weiß geschminkt, seine Lippen hingegen waren tiefrot, und als er lächelte, entblößte er lange, spitze Zähne. Ich konnte nur hoffen, dass das Publikum sie für unecht hielt. »Willkommen zu Vampire Project«, sagte er. »Wir erforschen die dunkle Seite und umarmen die Nacht. Unsere Musik kommt aus einer Welt, die ihr nicht sehen könnt, sie spiegelt die Ängste, denen ihr nicht

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