Traumgespraeche
auszudrücken.
Julien: Ach, dieses Spiel schon wieder! Lux, wieso warst du denn bös zu mir?
Tanja: ⦠und jetzt ist Lux dran. (Stellvertretend für die Traumfigur antworten lassen)
Lux: Wuff, Wuff, Wuff ⦠Darfst halt nix heimlich machen, weiÃt doch, dass die Diddl-Sachen der Anna gehören.
Tanja: Sag mal, du magst doch keine Diddl-Sachen. (Brücken ins Wachleben schaffen)
Julien: Nö, ist doch was für Mädchen.
Tanja: Du hättest aber gerne mit Theresa und Karina gespielt? (Wünsche benennen).
Julien: Ja, aber die lassen mich ja nie.
So denkt Tanja über Juliens Traum: Na ja, gestern hat er die Mädchen geärgert. Ich hab dann mit ihm geschimpft. Das hat ihn wohl im Traum nochmal beschäftigt. Bin ich vielleicht manchmal zu streng mit ihm?
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Vergleich von Wachleben und Traum: Schauen wir auf das Verhalten der Figuren im Traum, nämlich auf Lux, den Hund, und Julien. Lux ist in Wirklichkeit ein äuÃerst friedfertiges Tier, das niemals beiÃen würde - ja man kann sogar Ãhnlichkeiten zwischen dem Hund und Julien feststellen. Beide sind friedlich und gutmütig. Doch im Traum ist der Hund plötzlich bissig und unberechenbar. Und weil sich diese Verhaltensweise im Traum so grundsätzlich vom Wachzustand unterscheidet, liegt es nahe, dass Julien den Hund im Traum stellvertretend für sich selbst aggressiv werden lässt. Für Julien ist es normalerweise ein Problem, ärgerlich oder böse zu werden. In seinem Vorgehen am Vortag scheint also eine gehörige Portion Ãrger enthalten gewesen zu sein, denn sonst hätte ihn diese Situation nicht im Traum nochmals beschäftigt. Interessant ist, welche Lösungen Julien im Traum entwirft, um mit seinen aggressiven Impulsen umzugehen. Lux wirkt im Traum anfangs äuÃerst gefährlich, denn er will Julien in den Hals beiÃen, was lebensgefährliche Folgen haben kann. Ãbrig bleibt aber nur ein harmloses Zwicken mit dem Nasenloch. Diese Traumszene zeigt eindrucksvoll, dass Julien aggressive Gefühle offensichtlich als Bedrohung wahrnimmt. Sie können groÃen Schaden anrichten, wenn man ihnen freien Lauf lässt.
Seine Lösungsidee ist daher, sich vor Gefühlen wie Ãrger und Wut in Acht zu nehmen und sie im Zaum zu halten. Wir entdecken darin Juliens Stärken: Er hat für sein Alter ein beachtliches Maà an Selbstkontrolle entwickelt, und er ist fähig, seinen Hund verantwortungsvoll zu führen. Das sieht man daran, dass er im Traum rasch reagiert und das Tier in seine Schranken verweist, als es zubeiÃen will. Gibt es noch weitere Perspektiven, auf die der Traum aufmerksam macht? Das, was Julien im Traum heimlich tut, nämlich Kontakt mit den Mädchen aufnehmen, machte er am Tag davor ganz ohne Scheu und sogar aufdringlich. Eigentlich verheimlichen wir nur dann etwas, wenn wir wissen, dass wir mit unserem Verhalten eine Regel übertreten oder etwas Verbotenes tun. Es sieht ganz so aus, als meldete sich Juliens Gewissen im Traum, das da sagt: »Du hast ein Verbot missachtet!« oder: »Du hast dich danebenbenommen.« Doch was genau verbietet sich Julien? Die Heimlichkeit, mit der Julien zu Beginn des Traums zu Werke geht, könnte auch mit seiner Neugier für die Mädchen zu tun haben. Im Traum geht es ja darum, mädchentypische Interessen - die Diddl-Sachen - aufzuspüren. Julien scheint an einem Geheimnis zu rühren, das ihn sehr beschäftigt - vielleicht ist es die erwachende Sexualität der älteren Schwester.
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Weitere Erkenntnisse: Auf die Frage von Tanja, ob sie vielleicht manchmal zu streng mit Julien ist, können wir sagen, dass Aggressionen zum Menschsein gehören und keinesfalls immer destruktiv sind. Ohne eine gesunde Portion Durchsetzungswille könnten wir in
vielen bedrohlichen Situationen nicht bestehen. Erfahren Kinder, dass Streit und Konflikte möglichst vermieden werden sollten, dass Wut und Ãrger schlecht und zerstörerisch sind, kann das ihre gesunde soziale und emotionale Entwicklung gefährden: Kinder erleben sich dann als hilflos und minderwertig, richten manchmal ihre Wut gegen Schwächere oder entwickeln psychische und somatische Störungen. Auch wenn unter Geschwistern mal die Fetzen fliegen, böse Schimpfworte fallen oder Tränen flieÃen, sollten Eltern gelassen bleiben und nicht vorschnell versuchen, die »Fronten zu klären«. Kinder balgen, raufen und foppen
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