Traumgespraeche
ein Kind ist es das Schlimmste auf der Welt, wenn die Eltern es nicht mehr haben möchten, wenn sie es wegschicken oder verlassen. Friedericke erlebt genau das in ihrem Traum. Mehr noch, sie muss erfahren, dass ihre Art des Widerstands nicht erfolgreich ist. An diesem Punkt kann Friederickes Mutter ansetzen. Die Traumerfahrung lässt sich dann bewältigen, wenn es Friedericke in der Vorstellung gelingt, der Mutter Paroli zu bieten. Schauen wir mal, wie sich der Dialog zwischen den beiden weiterentwickelt.
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Petra: Stell dir vor, du könntest selbst bestimmen wie der Traum ausgeht. Was würdest du dann machen wollen? (Gedankenexperiment)
Friedericke: Dann würde ich wieder aus dem Klo hoch kriechen und dich anschreien, du bist gar keine richtige Mutter, Veras Mutter ist ganz anders.
Petra (genervt): So, so also ganz anders, und kannst du mir mal bitte sagen, was du damit meinst? (Klären)
Friedericke: Du weiÃt, was ich meine, jeden Abend muss ich alleine spielen, damit du telefonieren kannst, mit deinen Freundinnen und ich nicht störe. Das ist aber langweilig. Wenn ich nur einen kleinen Bruder hätte, dann wär alles schön. Und du schimpfst immer
mit mir und immer muss ich machen, was du sagst. Immer gewinnst du! Ich bin schon ganz ballaballa (aggressiv). Ich glaube, ich werd verrückt. (Petra nimmt Friedericke in die Arme.)
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Petra ist es nicht leichtgefallen, Friedericke gewähren zu lassen, als sie wortgewaltig von ihr angegriffen wurde. Sie bleibt defensiv und ermöglicht Friedericke durch weiteres Nachfragen, die Wut, die sich in ihr angestaut hat, loszulassen und an sie zu adressieren. Petra macht das ganz richtig, indem sie gelassen bleibt und sich durch die ÃuÃerungen nicht provozieren lässt. Friedericke fühlt sich dadurch wertgeschätzt und ernst genommen, zumal sie dadurch das Gefühl erhält, auch mal ein Tauziehen zu gewinnen. Die Mutter demonstriert ihre Stärke dadurch, dass sie ruhig bleibt und der Tochter aufmerksam zuhört. So gewinnen beide.
Der bissige Lux - Julien (8 Jahre alt) träumt:
Ich und der Joel (Juliens Bruder) wollten heimlich die Diddl-Sachen von der Anna anschauen. Da ist auf einmal der Lux (Hund der Familie) gekommen und wollte mich in den Hals beiÃen. Dann hab ich seine Schnauze noch rechtzeitig gepackt. Und dann hat er mich mit dem Nasenloch in den Zeigefinger gezwickt. Dann hab ich losgelassen. Dann war er wieder lieb und ich hab ihn gestreichelt.
Wer ist Julien? Julien ist ein sanftmütiger und sensibler Junge, eigentlich ein sehr friedfertiges und ausgeglichenes Kind. Er macht seine Sache in der Schule wirklich gut. Die Lehrerinnen sind alle zufrieden mit ihm. Seine Klassenkameraden wollen richtig cool sein. Damit hat Julien Schwierigkeiten. Er ist ganz anders, eher still, verträumt und zurückgezogen. Die Nachmittage verbringt er meistens zu Hause, dann liest und bastelt er gerne.
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Was geschah an den Tagen vor dem Traum? Juliens Schwester Theresa (12) hatte Besuch von ihrer gleichaltrigen Freundin Karina. Die Mädchen fühlen sich manchmal durch die beiden Jungs, Julien und Joel, gestört. Da sie älter sind, wollen sie lieber alleine etwas machen. Julien hat das nicht akzeptiert und war ziemlich aufdringlich und neugierig.
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Julien und seine Mutter Tanja sprechen über den Traum:
Tanja: Wie, mit dem Nasenloch gezwickt? Das versteh ich nicht, wie soll das gehen? (Klären).
Julien: Er konnte mich doch nicht beiÃen, weil ich seine Schnauze zugehalten habe. Dann hat er halt das Nasenloch benutzt.
Tanja: Zum Glück hast du ihn noch rechtzeitig bei der Schnauze gepackt. (Spiegeln) Toll, wie mutig und schnell du reagiert hast. (Stärken benennen) Wie ging es dir denn, als der Lux dich beiÃen wollte? (Gefühle erfragen)
Julien: Ich hatte Bammel, weil der sonst nie beiÃt.
Tanja: Und was hast du so gedacht, als der Lux dich beiÃen wollte? (Nach Gedanken fragen)
Julien: Ich dachte, was hat der liebe Lux denn auf einmal. Dann war es wieder gut. Erst kein so schöner Traum, dann wieder schön.
Tanja: Frag doch mal den Lux, weshalb er so bissig war? (Mit den Traumfiguren ins Gespräch kommen)
Kinder projizieren in ihren Träumen ihre Stimmungen und Gefühle gerne auf Tiere. Ist ein Hund im Traum aggressiv, kann das ein Hinweis darauf sein, dass das Kind sich selbst als aggressiv erlebt oder auch Schwierigkeiten damit hat, Aggressionen
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