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Traumgespraeche

Titel: Traumgespraeche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Salhab , Bianca Jaeger
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Tisch auch nicht unglücklich. Erst als Jakob genauer nachfragt, warum Anton auch im Wachleben häufiger früher vom Tisch aufsteht, benennt Anton klar, welche Bedürfnisse hinter dieser Entscheidung stehen: Er
fühlt sich mit seinen Gesprächsbeiträgen bei Tisch oft missachtet und wünscht sich, dass man sich dafür interessiert, was er zu sagen hat.
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    Weitere Erkenntnisse: Betrachten wir die Ereignisse näher, die sich vor Antons Traum abgespielt haben, so können wir kritisch fragen, ob sich Antons Traum »nur« auf die Gesprächsatmosphäre beim Essen bezieht. Anton hatte sich am Vortag mit seiner Mutter gestritten. Dabei wurde ein Konflikt belebt, der die Beziehung zwischen den beiden schon länger belastet. Die Mutter wünscht sich, dass Anton sich in der Schule und im Sport aktiver zeigt. Anton möchte damit aber in Ruhe gelassen werden. Schauen wir, ob sich für diese Perspektive Anhaltspunkte im weiteren Gespräch zwischen Anton und seinem Vater finden lassen.
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    Jakob: Du wünschst dir also, dass wir deine Interessen mehr respektieren? (Spiegeln - Bedürfnisse benennen)
    Anton: Ja - aber die sind doch gar nicht so wichtig für euch. (Enttäuscht) Ich finde, die Mama und du - ihr wollt nur wissen, was die Sophie und die Marie machen. Sie sind halt beide ein Ass im Leichtathletik und in der Schule sowieso die Königinnen - da kann ich nicht mithalten.
    Jakob: Du meinst, dass du uns nur wichtig bist, wenn du glanzvolle Leistungen im Sport und in der Schule zeigst? (Spiegeln)
    Anton: Ist doch so. (Hat Tränen in den Augen.) Man wird ja hier nur beachtet, wenn man aktiv ist. Ist ja
nicht nur im Sport so - auch in der Schule. Die Mama rennt mir jeden Tag hinterher - »mach dies - mach das« - nie ist es genug.
    Jakob: Und da verkriechst du dich dann gerne mal, um wenigstens ab und zu für dich zu sein. (Spiegeln - Wünsche benennen)
    Anton: Ja - man kümmert sich ja sowieso nur um mich, wenn ich wieder was für die Schule machen soll.
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    Anton appelliert mit seinem Traum an die Eltern, endlich zu sehen, dass es ihm in seiner Familie nicht gutgeht. Seine Lage könnte er etwa so beschreiben: »Ich muss mir hier ein Ruheversteck suchen, um ungestört zu sein. Ich möchte nicht immer um Anerkennung und Zuwendung kämpfen - das ist anstrengend. Und mit dem, was ich euch anbieten kann, gewinnt man sowieso nichts. Aber keine Sorge - mir geht es in meinem Ruheversteck ganz gut - ich bin da nämlich trotzdem in eurer Nähe. Das ist mir sehr wichtig, denn ich liebe euch. Manchmal bin ich mir unsicher, ob ihr mich genauso liebt. Ich wünschte mir, ihr würdet mich genauso wichtig nehmen, wie die anderen hier in dieser Familie. Dann könntet ihr besser sehen, wie und wer ich wirklich bin.«
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    Jakob konnte Anton tatsächlich noch dazu gewinnen, das Traumstück in der eigenen Küche aufzuführen. Dabei übernahm jeder die Rolle, die er in Antons Traum innehatte. Vater, Mutter und die Schwestern saßen um den Tisch herum, während Jakob unter dem
Tisch kauerte. Jetzt konnte jeder sagen, wie er diese Situation empfand. Sophies Eindruck: »Man bemerkt ja gar nicht, dass Anton fehlt. Sagt ja sonst auch fast nie was.« Der Vater: »Ich vermisse Anton schon ziemlich. Wenn er hier oben sitzen würde, hätte ich männliche Verstärkung. Täte uns beiden sicher gut.« Daraus entwickelt sich eine intensive Diskussion, die allen alsbald klarmacht: Anton leidet darunter, nicht gesehen zu werden. Die Eltern und Schwestern lassen ihn bei Tisch nicht ausreden und die Mutter behandelt ihren 11-Jährigen immer noch wie ein kleines Kind - so hat es Jakob formuliert. Sie verordnet ihm zum Beispiel ein Lern- und Freizeitprogramm nach ihren eigenen Maßstäben. Dagegen lehnt sich Anton meist nicht offen mit Argumenten auf, sondern reagiert mit Rückzug. Als Resultat dieser intensiv geführten Gespräche stellten die Eltern Anton frei, welcher Freizeitbeschäftigung er nachgehen will. Anton entschied sich dafür, Schach spielen zu lernen und eine Zeit lang auf sein Leichtathletik-Training zu verzichten. Für den Nachmittag wurden mit Anton feste Lernzeiten vereinbart. Werden diese eingehalten, hat Anton für den Rest des Tages frei. Durch das Traumgespräch gelingt es den Eltern, das Bedürfnis, das sich hinter dem Wunsch verbirgt »für sich sein zu wollen« klar benennen zu

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