Traumhaft verliebt - Roman
hat mir meine Mutter tatsächlich einmal geholfen.« Sarah rieb sich das Kinn und dachte daran, wie sie ihrer Mutter über den Weg gelaufen war, als sie schluchzend und am Boden zerstört zurück zu Grammas Haus gerannt kam.
»Wie das?«
»Sobald wir wieder in Houston waren, scheuchte mich meine Mutter zum Labor der medizinischen Fakultät, holte einen Leichnam und zeigte mir ein menschliches Herz.«
»Mein Gott!«, rief Benny aus. »Das hat das Ganze sicher nur schlimmer gemacht!«
»Es klingt verrückt, aber es hat funktioniert. Obwohl Gramma Mia ausgeflippt ist, als sie davon erfahren hat. Meine Mutter erklärte mir, dass Emotionen nichts mit dem Herzen zu tun haben, dass alles nur im Kopf stattfinde und Gefühle nicht mehr als vorübergehende Reaktionen auf aktuelle Situationen seien, mit denen man auf rationale Art und Weise fertig werden könne. Es gebe keinen Grund, seine Persönlichkeit von Gefühlen bestimmen zu lassen.«
»Und ich habe gedacht, meine Mutter wäre durchgeknallt«, murmelte Benny und verdrehte die Augen.
»Nun, wenn man es recht bedenkt, hat sie gesunden Menschenverstand bewiesen. Sie sagte, ich müsse endlich aufhören, an Grams alberne Vorstellungen von vorherbestimmter Liebe zu glauben, wenn ich jemals eine offene, ehrliche Beziehung eingehen wolle, die auf gemeinsamen Interessen und Wertvorstellungen basiere wie die von ihr und meinem Vater.« Natürlich hatte Sarah das mit Aidan versucht, und man konnte sehen, wie gut das funktioniert hatte. Automatisch fuhr ihre Hand zu ihrem Bauch.
Benny betrachtete sie eindringlich. »Das erklärt vieles.«
»Was meinst du damit?«
»Es erklärt, warum du, seit ich dich kenne, nie eine Beziehung hattest. Scheint so, als hättest du als Heranwachsende so viele widersprüchliche Aussagen über die Liebe gehört, dass du nicht weißt, welche Richtung du einschlagen sollst.«
Hinzu kam noch das Problem ihrer Befangenheit wegen der Narbe, doch sie hatte Benny nie davon erzählt. Manche Dinge waren einfach zu schmerzhaft, um noch einmal ans Tageslicht geholt zu werden. »Nun verstehst du also, warum ich nicht scharf darauf bin, an den Ort des Geschehens zurückzukehren.«
Benny stand auf. »Aber das ist doch erst recht ein Grund, warum du dorthin fahren musst. Du musst dich deiner Angst stellen. Das ist die einzige Möglichkeit, damit abzuschließen. Außerdem, wer weiß, vielleicht löst es deine Schreibblockade.«
Sarah seufzte. »Das bezweifle ich.«
»Sei doch nicht so negativ! Ein Versuch kann doch nicht schaden!«
»Das ist leicht gesagt. Du bist schließlich nicht derjenige, der ein Rentiergeweih auf dem Kopf hatte.«
»He, es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Typ gar nicht mehr dort lebt.«
»Oh, er lebt noch dort.«
»Woher weißt du das?«
»Seine Familie zählt zu den Stadtgründern. Der Kerl ist dort fest verwurzelt.«
»Na und? Wenn du ihn siehst, lächelst du höflich, sagst Hallo und gehst weiter.«
»So einfach ist das nicht.«
»Nun stell dich doch nicht so an! Jeder wird dich für Sadie Cool halten. Du kannst stolz auf dich sein. Sieh doch nur, was du alles erreicht hast! Eine New York Times- Bestsellerautorin, deren Buch verfilmt werden soll, dabei bist du erst vierundzwanzig. Komm schon«, drängte er sie, legte ihr die Finger unters Kinn und hob ihr Gesicht zu seinem. »Denk daran, wie gut du dich fühlen wirst, wenn du darüber hinweggekommen bist. Keine Ängste mehr, hinter denen du dich versteckst. Du bist Sadie Cool. Du schaffst das.«
Sie stand auf, trat einen Schritt zurück und fuhr sich mit der Handfläche übers Gesicht. Was, wenn er recht hatte? Was, wenn ihre Schreibblockade tatsächlich auf irgendeine Art und Weise mit Twilight zusammenhing? Sie hatte Das magische Weihnachtsplätzchen als eine Art Katharsis geschrieben, eine Reinigung der Seele von ihren aufgewühlten Emotionen und inneren Konflikten. Wenn sie zurückkehrte und in die Vergangenheit eintauchte, könnte sie diese Emotionen, diese Angst – so schmerzhaft es auch sein mochte – womöglich bewältigen und in ebendie kreative Tatkraft umwandeln, die sie angespornt hatte, ihr erstes Buch zu schreiben.
Ihr Blick fiel auf das Blatt mit den Buntstiftbuchstaben neben ihrem Computer. Ich bin ein bisschen klein für mein Alter, weil ich schon lange krank bin. Sie konnte die Einsamkeit des Kindes förmlich spüren, und ihr Herz machte einen schmerzhaften Satz. Für sie waren es neun lausige Tage, doch diesem Kind würde ihr Besuch in
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