Traumjäger (German Edition)
sie aufbekommt. Sie war geschlossen.“
Toms Gesicht entspannte sich ein wenig. „Gut.“, sagte er. „Dann haben wir großes Glück gehabt. Denn die Traumlosen werden sie auch nicht aufbekommen. Um an das Ziffernblatt zu gelangen, um die Zeiger anhalten zu können, muss die Uhr geöffnet sein. Es wird wohl etwas dauern, bis sie es schaffen, den Deckel aufzubrechen. Uns bleibt also noch ein wenig Zeit. Wir haben noch eine letzte Chance, sie uns zurückzuholen!“ Er wischte mit der Hand über seine Augen. „Doch es wird ein schwieriger Weg sein.“, murmelte er. Dann legte Tom seine Hände auf meine Schultern und schaute mir fest in die Augen.
„Willst du der Welt ihre Träume bewahren, Andy?“, fragte er mit bedeutungsvoller Stimme. „Ja!“, erwiderte ich. „Natürlich!“
„Bist du bereit, die Uhr zurückzuholen?“
Ich nickte heftig. „Ja!“
„Andy, bist du bereit, ein Held zu sein?“
Mit großen Augen blickte ich ihn an. Ein Held! Ich nickte wortlos. Tom lächelte verschmitzt. „Du bist mir einfach zuvorgekommen, Andy, weißt du das? An dem Morgen, als du die Uhr am Strand gefunden hast, an dem Morgen bin ich auch da gewesen. Doch für mich hattest du nur noch die Kette übrig gelassen!“
Wir brauchten einen Plan. Ist ja klar: niemand kann einfach so hinter Traumlosen her jagen, ohne auch nur einen Plan zu haben! Wo waren sie? Wo sollten wir nach ihnen suchen? Wohin hatten sie unsere Uhr mitgenommen?
„Wann hast du einen von den Traumlosen zuletzt gesehen?“, fragte ich Tom, der eifrig im Zimmer auf und ab lief und sich Gedanken machte. „Vor etwa einem Jahr. Nach dem Verlust der Uhr haben sie sich nicht mehr bei mir blicken lassen. Vermutlich wussten sie, dass auch ich sie nicht mehr hatte.“
Dann drehte sich Tom auf einmal zu mir hin. „Du hast heute Nacht die Traumlosen nicht zum ersten Mal gesehen, habe ich Recht? Der weiße Falke, er hat dich vor ihnen bewahrt, stimmt's? Wieso habe ich mir das nicht gleich gedacht!“
„Es ist das vierte Mal, dass ich sie heute sah.“, gab ich kleinlaut zu.
Das Entsetzen auf Toms Gesicht entging mir nicht. Ich erzählte weiter.
„Ja, den ersten habe ich in der Nacht gesehen, bevor du mir den Brief geschickt hast. Aber ich konnte nur einen Schatten erkennen, weil der Wecker mich aus dem Traum zurückgeholt hat. Dann, in der darauf folgenden Nacht, hatte ich denselben Traum, und da sah ich ihn. Der Falke hat mich gerettet. Dann sind zwei in meinem Zimmer im Ferienhaus gewesen. Ich hatte mich unter dem Bett versteckt, sodass sie mich nicht sehen konnten. Aber sie suchten nach etwas. Nach der Uhr. – Und jetzt, beim vierten Mal, kamen drei Traumlose, und sie haben sie gefunden.“
Es tat mir so schrecklich leid, und ich gab mir Mühe, die Tränen diesmal zurückzuhalten.
„Ist schon gut.“, winkte Tom ab. „Es sind also mittlerweile drei. Das ist wichtig! Damit wir wissen, mit wie vielen wir es aufnehmen müssen!“
Er überlegte. „Sag mal, Andy, weißt du noch, wo du warst, als du nur den Schatten gesehen hast? Du hast gesagt, du hast geträumt. Erinnerst du dich noch an den Ort?“ Natürlich wusste ich noch den Ort. Ich erzählte ihm von dem großen Saal mit der Galerie.
„Der Schatten kam aus einem Bild! Einem lebendigen Bild!“, rief ich.
„Einem Bild?“ Tom war plötzlich ganz aufgeregt. „Prima, Andy, jetzt haben wir schon ein paar gute Anhaltspunkte: einen Saal und ein Bild. Lass uns keine Zeit verlieren. Komm, kleiner Traumjäger!“
Tom nahm mich an die Hand und schloss die Augen. „Wir haben heute Nacht viel zu tun und dürfen keine Zeit verlieren. Wir werden träumen müssen wie nie zuvor!“
Kapitel 14
Durch den Raum, gegen die Zeit
A ls ich die Augen öffnete, standen wir in einem prächtigen Saal. Säulen stützten die Decke des riesigen Raumes. Große Fenster ließen das helle Mondlicht hineinströmen. Schwere Schrankmöbel lehnten an den Wänden, und in der hinteren Ecke stand ein wunderbarer Flügel. Der Deckel war heruntergeklappt, sodass er den Blick auf die Tasten verwehrte. Wahrscheinlich hatte schon lange niemand darauf gespielt. Bilder gab es hier keine. Tom sah mich fragend an. „Ist er das?“
„Nein, Tom, das ist nicht der Raum. In meinem Raum gab es keine Möbel.“ „Keine Möbel!“, wiederholte Tom als würde er eine Liste über die Merkmale meines Saals führen. Er schloss die Augen, und ich ebenfalls. Ein leichter Ruck, der mir schon nur zu bekannt war, brachte uns an einen neuen
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