Traumjäger (German Edition)
Mädchen war, haben meine Frau und ich dieses Haus entdeckt und uns sofort in es verliebt. Damals sah es nicht viel anders aus als heute. Aber es strahlte so viel Charme aus! So viel Romantik lag in den Rosenbüschen des Gartens! Wir hatten ein zauberhaftes Bild vor Augen, wie es einmal aussehen könnte, wenn sich liebevolle Hände um es kümmern würden. Und dieses Bild ließ uns nicht mehr los. Wir haben das Haus gekauft und es ausgebessert. Dieses Stückchen Erde war unser Paradies, unser Traum. Meine Frau fotografierte gerne, und als wir den Garten hergerichtet, die Wände gestrichen hatten – als alles fertig war –, machte sie von hier oben ein Foto. Sie vergrößerte es und hängte es in unserem Wohnzimmer auf, damit wir stets auch drinnen sehen konnten, wie schön es draußen war. Kannst du dir vorstellen, was für ein wunderbarer Platz dies hier für einen Traumhüter war? Ja, ich bewachte damals die Uhren. Und die eine trug ich stets bei mir.“
Tom machte eine kleine Pause. Ich überlegte, ob ich nach seiner Frau fragen sollte, aber ich verkniff es mir. Wahrscheinlich würde Tom nur noch trauriger werden.
„Eines Tages musste ich in die Stadt.“, fuhr Tom unvermittelt fort. „Ich nahm Nicky mit. Meine Frau wollte sich daheim um die Rosen kümmern, die sie so sehr liebte. Wäre ich doch nur nicht gegangen, Andy! Hätte ich sie doch nur nicht alleine gelassen!“ Toms Stimme schwankte etwas. „Als ich zurückkam, war es dunkel in dem Haus. Richtig dunkel. Unnatürlich dunkel. So dunkel, wie es nur dann wird, wenn keine Freude mehr da ist. Ja, meine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Als ich das Haus betrat, warteten vier schwarze Gestalten auf mich. Vier graue, ausdruckslose Gesichter blickten mich aus leeren Augen an. Und eines der Gesichter kannte ich. Die blonden Haare meiner Frau waren ganz schwarz geworden, sie trug einen dunklen Umhang. Unverwandt blickte sie mich an. Gib sie her, Tom , forderte sie. Ihre Stimme war so schrecklich kalt, ganz fremd. Gib uns die Uhr! Natürlich wusste sie, dass ich sie hatte. Ich war vollkommen überrumpelt, aber es gelang mir trotzdem, einen kühlen Kopf zu bewahren. So schnell ich konnte, griff ich nach Nicky und floh mit ihr und der Uhr. Ich floh über diese Hügel, floh vor den Traumlosen und vor meiner eigenen Frau, die eine von ihnen geworden war, bis ich einen Ort fand, an dem wir für eine Weile sicher vor ihnen waren. Erst letztes Jahr haben sie uns doch gefunden! Nun ja, den Rest kennst du. Jedenfalls bin ich nie wieder hierher zurückgekommen.“
Tom tat mir so leid. Ich legte wortlos meinen Arm um seine Schulter.
„Sie sind gefährlich, die Traumlosen, Andy.“ Er klopfte sanft auf meinen Arm. „Wir müssen uns sehr in Acht vor ihnen nehmen.“
„War sie auch eine Traumjägerin?“, fragte ich leise. Tom schüttelte den Kopf. „Nein, wenn sie es gewesen wäre, hätten sie sie nicht so schnell auf ihre Seite ziehen können. Meine Frau, Dorothea – “
Ein Schatten erschien am Fenster und huschte hinter dem wehenden Vorhang vorbei. Tom brach mitten im Satz ab. „Sie sind da, Andy. Die Traumlosen sind hier“, wisperte er. „Es geht los.“
Wir überlegten uns, wie wir die Uhr am schnellsten und am ungefährlichsten wiederbeschaffen konnten.
„Es gibt einen geheimen Eingang.“, flüsterte Tom. „Ich denke nicht, dass die Traumlosen ihn gefunden haben. Es ist eine Luke im Boden, die mittlerweile so bewachsen sein muss, dass man sie nicht mehr erkennen kann. Es wird eine Weile dauern, bis ich sie unter den Ranken und dem vielen Unkraut freigelegt habe. Andy, ich werde in das Haus gehen. Versteck du dich so lange im Garten. Wenn ich dir ein Zeichen gebe, dann versuche irgendwelchen Krach zu machen. Schön laut. Irgendetwas, das die Traumlosen herauslockt. Aber du musst dich gut verstecken, damit sie dich draußen nicht sehen können, hast du gehört? In der Zwischenzeit hole ich die Uhr, und dann verschwinden wir beide von hier, so schnell es geht.“
Ich nickte. Das war eine gute Idee. Fast sah ich es bildlich vor mir, wie wir die Uhr retten würden. Ich konnte es kaum erwarten, den Plan in die Tat umzusetzen.
Langsam und schweigend krochen wir den Hügel hinunter, durch das hohe Gras, immer weiter, auf das flackernde Licht am Fenster zu.
Als wir den Garten erreichten, trennten wir uns. Tom wies wortlos in die Richtung, in die er gehen musste, und zeigte mir den Weg in den Garten. Ich sah, wie er hinter der
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