Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
verirrt.« Das blinde Untier kam näher und neigte ein Ohr in Frittis Richtung. »Wie heißt du?«
    Abermals zog Fritti die Möglichkeit in Betracht, die Flucht zu wagen. Er entschied sich dagegen. Hier war möglicherweise eine Situation, die sich zu seinem Vorteil wenden konnte. Natürlich, es konnte gefährlich werden, doch hier unter der Erde war schließlich alles gefährlich.
    »Hm … hm … Tunnelstreuner!«, platzte er nach einem kurzen Zögern heraus.
    »Prächtig. Dein Name hört sich so an, als wärst du genau der Richtige, uns zu helfen. Bist du von den Krallenwächtern? Deine Stimme hört sich sehr hoch an.«
    »Ich bin noch ziemlich jung«, erwiderte Fritti schnell.
    »Ach so«, keuchte Magerwicht zufrieden. »Natürlich. Im Zuge der letzten Vorbereitungen zwingt man sogar die Jungen zum Dienst. Hör mal, du musst uns führen. Wie du siehst, bin ich im Augenblick nicht ganz auf der Höhe.« Der böse zugerichtete Zahnwächter murmelte etwas, drehte sich um und schwankte den Gang hinunter. Fritti folgte ihm dichtauf. Letzte Vorbereitungen?, fragte er sich erstaunt. Was ging vor? »Du musst durch die Kochende Schlucht gekommen sein«, rief Magerwicht über die Schulter. »Ich hätte ihr niemals so nahe kommen sollen. Das Rauschen des Wassers verwirrt mich, fürchte ich. Ist es nicht unglaublich?«
    »Ja, ja, das ist sie gewiss, diese Schlucht«, stimmte Fritti ihm zu. »Was hat euch denn in diesen abgelegenen Teil des Hügels geführt?« Er beschleunigte seine Schritte, um die Antwort des haarlosen Untiers besser hören zu können. Zunächst schwiegMagerwicht, dann sagte er: »Ich fürchte, ich habe eine kleine Schlappe erlitten, musst du wissen. Ein junger Hüpfer wie du weiß das vielleicht nicht, aber es gibt hier eine Menge Ungerechtigkeit – gegenüber Leuten meines Schlages. Versteh mich recht. Nicht, dass ich Kritik üben wollte, o nein, doch ich wurde zu Unrecht bestraft, weil ein Gefangener ausriss. Aber ich war nicht mal dort – o nein, ich brachte nur meinem Herrn, Meister Heißblut, ein paar wichtige Neuigkeiten. Heißblut wurde vom Allerhöchsten Herrn bestraft, als der Ausbruch bekannt wurde. Anschließend war ich dann an der Reihe. Ungerechtigkeit, solche Ungerechtigkeit …« Mit einem leisen jammernden Gegurgel brach der Zahnwächter ab. Fritti begriff mit einem Schauder des Schreckens – und des Stolzes –, dass es seine Flucht war, von der Magerwicht gesprochen hatte.
    Nach einer Weile brach der Zahnwächter sein stummes Wehklagen ab und sagte: »Mein Kamerad ist gleich da vorne. Ich hoffe, dass er nicht weggegangen ist. Auch er hat Ungerechtigkeit über sich ergehen lassen müssen. Oh, ich glaube, ich kann ihn hören!« Traumjäger hatte an den Kameraden nicht mehr gedacht, doch jetzt konnte auch er den lauten, vollen Atem hören. Als sie um eine Ecke bogen, sah er eine große, dunkle Gestalt flach auf dem Tunnelboden liegen. Magerwicht schob sich vor, den Weg mit einer großen, faltigen Pfote ertastend, bis er an den mächtigen Körper stieß.
    »Steh auf, steh auf!«, rief er. »Ich habe den jungen Tunnelstreuner gefunden! Er wird uns helfen, den Rückweg zu finden. Steh auf!« Als die ruhende Gestalt sich zögernd umdrehte, sagte Magerwicht zu Fritti: »Vielleicht kennt ihr euch. Mein Freund war einmal ein wichtiger Anführer der …« Ein allzu bekanntes Gesicht sah Fritti an, als die Gestalt sich vollends herumdrehte und ihre hasserfüllten Augen auf Fritti richtete.
    »Traumjäger!«, heulte Kratzkralle und hob sich auf seine Vorderpfoten. Bevor Fritti ein Glied seines erstarrten Körpers rührenkonnte, hatte Magerwicht ausgeholt und Kratzkralle einen mächtigen Schlag ins Gesicht versetzt. Die Wucht des Tatzenhiebs holte den Krallenwächter von den Pfoten. Stöhnend fiel er wieder auf den Boden zurück.
    »Sei still, du Narr!«, fauchte der Zahnwächter und nickte Traumjäger mit seinem blinden Kopf zu. Fritti stand zur Salzsäule erstarrt daneben.
    »Nimm’s ihm nicht krumm«, versicherte ihm der Zahnwächter. »Er ist nicht richtig im Kopf, fürchte ich. Der Allerhöchste Herr ist wegen dieser Sache mit dem Gefangenen sehr rauh mit ihm umgegangen. Nun sieht er diesen Burschen in jedem Schatten. Ist doch traurig, nicht wahr?« Tatsächlich nahm Kratzkralle von dem leibhaftigen Fritti, der neben ihm stand, keine Notiz, sondern rubbelte sein Kinn im Schmutz und wiederholte stöhnend immer wieder Traumjägers Namen. Endlich hörte er auf und blickte den Zahnwächter an.

Weitere Kostenlose Bücher