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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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Sie den Raum für unendlich hielten. Unsere Mathematiker wissen längst, daß unendlich viele Raumarten denkbar sind, die keinerlei Widerspruch in sich enthalten. Nur ob unser Raum, die Bedingungsform unsrer Existenz, jene Eigenschaft der Krümmung besitzt, das ließ sich nicht beweisen. Nun sind wir aber tatsächlich immer geradeaus gefahren und doch wieder an dieselbe Stelle zurückgekommen. Also ist der Raum unsrer Erfahrung nicht ein sogenannter euklidischer Raum, sondern er führt nach 100000 Billionen Kilometer in sich zurück. Der Raum ist endlich. Ich habe das schon lange gewußt; hätten Sie mich meine Manuskripte mitnehmen lassen, da steht’s.’
    Der Teufel blieb eine Weile ganz starr und dachte nach.
    ,Was?’ rief er dann. ‚Der Raum ist wahrhaftig krumm? Das heißt, er ist nicht unendlich? Und das habe ich nie gemerkt? Freilich bin ich auch noch niemals so schnell geradeaus gefahren. Dann aber – wenn das so ist – ha! Dann weiß es auch der andre nicht! Dann ist ja die ganze Weltvernunft auf dem Holzwege! Dann ist die Form der körperlichen Existenz nicht ebenso unendlich wie die Form des Gedankens und der Idee? Ei, dann habe ich gewonnen! Dann kann ich ja nach und nach die ganze Natur, all ihren gesetzlichen Inhalt, aus ihrer Existenzform heraus werfen, ins Nichts verrinnen lassen – ich kann vernichten! Was kein Gott und kein Teufel zu begreifen vermochte – so ein Professor kriegt es heraus! Bei meiner Großmutter, du bist ein Prachtkerl! Bruderherz, ich muß dich umarmen!’
    Eigentlich war ich etwas beschämt; aber ich sagte doch: ‚Nun werden Sie aber wohl –’
    ,Ja natürlich!’ rief der Teufel. ‚Dich laß ich laufen. Um dich war’ es schade. So ein Genie muß den Menschen erhalten bleiben. Gleich bring’ ich dich auf die Erde zurück.’
    „Hohoho!“ lachte der starke Herr. „Da sind Sie aber schön ’reingefallen!“
    Der Professor schwieg und nickte ein paarmal leicht mit dem Kopfe. Dann nahm er einen Schluck aus dem Glase und zündete die Zigarre wieder an.
    „Nun, und? Was weiter?“ fragte die kleine Brösen.
    „Das war das letzte, was ich vom Teufel hörte. Ich fand mich in meinem Arbeitszimmer wieder. Die Uhr zeigte 25 Minuten nach zwei Uhr morgens. Sonntag. Ich war todmüde und ging zu Bett.“
    „Aber, Herr Professor“, fragte die blaue Dame, „die Geschichte ist doch wohl gar nicht wahr?“
    „Es ist alles wahr, ganz genau, bis auf die Hausnummer der Schlammstraße, 21; diese kleine Episode spielte in einer andern Wohnung. Aber das andere – darauf können Sie sich verlassen.“
    „Hohoho! Prosit Professor!“ rief der starke Herr.
    Der sanfte Jüngling goß sich ein Glas Wasser ein, und die blaue Dame sagte:
    „Es ist aber doch wirklich nett vom Teufel, daß er Sie wiedergebracht hat.“

 
Die Universalbibliothek
     
    „Nun setze dich endlich einmal her, Max“, sagte der Professor Wallhausen, „es ist wirklich nichts für deine Zeitschrift unter meinen Papieren. Was darf ich dir eingießen, Wein oder Bier?“
    Max Burkel trat an den Tisch und zog die Augenbrauen bedächtig in die Höhe. Dann ließ er seine kräftige Figur behäbig auf dem Lehnstuhl nieder und sprach:
    „Eigentlich bin ich Temperenzler geworden. Aber auf Reisen – ich sehe, ihr habt da so ein prächtiges Kulmbacher – ach, ich danke sehr, liebes Fräulein – nicht so voll! Na, wohl bekomm’s, alter Knabe, verehrte Freundin! Prosit, Fräulein Briggen! Das ist riesig gemütlich, daß ich wieder einmal bei dir sitze. Aber, da hilft nun nichts, schreiben mußt du mir doch etwas.“
    „Weiß augenblicklich wirklich nichts. Es wird überhaupt schon so entsetzlich viel Überflüssiges geschrieben und leider auch gedruckt –“
    „Das brauchst du einem geplagten Redakteur wahrhaftig nicht erst zu sagen. Es fragt sich nur, was davon das Überflüssige ist. Darüber sind Publikum und Autor sehr verschiedener Ansicht. Und unsereiner trifft immer gerade das, was die Kritik für überflüssig hält. Ha, ich freue mich“ – und er rieb sich vergnügt die Hände – „daß mein Vertreter noch drei Wochen für mich schwitzen muß.“
    „Ich wundere mich“, begann die Hausfrau, „daß Sie überhaupt immer noch etwas Neues zu drucken haben. Ich dächte, es müßte nun so ziemlich alles durchprobiert sein, was Sie mit Ihren paar Lettern zusammenstellen können.“
    „Das ist eigentlich wahr, Frau Professor – sollte man denken – aber, der menschliche Geist ist unerschöpflich

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