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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Jäger
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Alles andere versteht sie nicht.«
    »Das ist grausam.«
    Wolf zuckt mit den Schultern.
    »Wenn du wüsstest, weshalb ihr die Erinnerungen genommen wurden, würdest du nicht so denken.«
    Hailey fröstelt und betrachtet den schlanken Umriss der Geprägten. Sie kann sich nicht vorstellen, dass solch eine zierliche Person ein Verbrechen begangen hat, welches diese Strafe rechtfertigt. Das Dienstmädchen öffnet eine massive Holztür und zieht sich mit tief nach unten gebeugtem Körper zurück. Hailey sieht ihr traurig nach. Macy ist so blass, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. Glücklicherweise hält Jules sie fest im Arm.
    »Onkel?«
    Wolf tritt durch den Türrahmen und breitet die Arme aus, als wäre er der Hausherr und würde eine Gruppe von Gästen begrüßen. Hailey und ihre Freunde folgen ihm schüchtern in den prunkvoll und erstaunlich modern eingerichteten Speisesaal. Die Wand gegenüber der Tür ist komplett verglast. Die Scheibe ist trüb und dunkel, woraus Hailey auf eine verspiegelte Glasfläche schließt. In der Mitte des Raumes steht ein großer gläserner Tisch, der von elegant geschwungenen Stühlen gesäumt ist. An der rechten Wand prasselt in einem hohen Kamin ein Feuer, während die linke Seite des Raumes von einem großen Portrait eingenommen wird, auf dem ein fettleibiger Mann zu sehen ist. Sein Doppelkinn sticht ebenso deutlich hervor wie sein dicker Bauch, der sich über den Hosenbund der braunen Lederhose wölbt. Er trägt ein weißes Hemd und thront auf einem goldenen Stuhl. Wässrig blaue Augen starren direkt den Betrachter an und erinnern Hailey an die Fischaugen, die im Biologiesaal der Schule stehen.
    Die Kombination aus dem alten Flair der Eingangshalle und dem modernen Speisesaal irritiert Hailey.
    »Friedolin«, ertönt eine tiefe Stimme. »Wie schön, dich zu sehen! Du hast Besuch mitgebracht?«
    Hailey blinzelt mehrmals, als plötzlich der Mann aus dem Portrait vor ihr steht und Wolf in die Arme schließt. In der Realität wirkt er nicht so plump wie auf dem Bild, sondern gutmütig und liebenswürdig.
    »Onkel, wir brauchen deine Hilfe.«
    Jules zieht scharf die Luft ein.
    »Er fällt gleich mit der Tür ins Haus, hm?«, raunt er Hailey zu und verdreht demonstrativ die Augen. Kalter Angstschweiß bildet sich auf Haileys Stirn. Als Wolf im Auto seinen Plan offenbarte, war Jules der Erste, der protestierte. Er wollte Wolfs Onkel nicht bitten, sie in die Festung zu bringen, sondern seine Schlüssel und seine Zugangsdaten stehlen. Nach einer langen und hitzigen Diskussion in der viel böses Blut geflossen war, hatte Wolf ihn davon überzeugt, dass er niemals seine eigene Familie hintergehen, und sein Onkel ihnen glauben und helfen würde.
    »Ich glaube und vertraue euch. Bitte tut dasselbe mir gegenüber« , waren Wolfs Worte gewesen, die jeden Widerspruch im Keim erstickt hatten.
    Nun stehen sie seinem Onkel, dem Vorsteher einer Großwächterfamilie, leibhaftig gegenüber und wollen ihm erklären, dass sein Lebenswerk auf Lügen aufgebaut ist. Das war Wolfs Bedingung gewesen.
    »Wir lügen nicht, wir sagen ihm die Wahrheit.«
    Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden gehabt, da Wolf am besten wissen muss wie man seinen Onkel zur Mitarbeit bewegen kann. Nur in Jules Augen war ein leichter Widerwille zu erkennen gewesen.
    »Jetzt setzt euch doch erst einmal«, fordert der Vorsitz der Familie von Wolfstein sie auf und bewegt sich selbst auf einen der eleganten Stühle zu. »Jeder Vorstehende darf nur einen Raum in diesem Haus verändern. Das ist Tradition. Ich habe den Speisesaal gewählt. Alles andere musste in diesem grässlichen Mix aus verschiedenen Stilen bleiben«, erklärt er. »Aber da ich mich die meiste Zeit hier aufhalte, fiel mir die Wahl des Raumes leicht. Ich weiß, dass die Eingangshalle wirklich fürchterlich aussieht, entschuldigt das bitte. Aber wenn ihr einmal das Kinderzimmer gesehen habt...« Er lässt den Satz unvollendet und reißt stattdessen mit seinen Zähnen ein Stück Fleisch aus einer schon angebissenen Keule, die auf einem Teller vor ihm liegt. »Ich weiß selbst nicht, weshalb diese Tradition existiert.«
    »Damit jeder Vorstand etwas in unserem Familienhaus zurücklassen kann, Onkel«, erläutert Wolf als wäre sein Onkel nicht ein mächtiges Regierungsmitglied, sondern ein kleines Kind, welches nicht einmal bis fünf zählen kann.
    Der fettleibige Mann winkt ab.
    »Ach, wenn unsere Familie Geschmack hätte, wäre das gar nicht mal so

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