Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
...?«
Ein sanftes Räuspern schneidet ihr das Wort ab.
»Hailey, beruhige dich. Er war ein von Wolfstein, ein Mitglied der Großwächterfamilie, der für die Randbezirke verantwortlich ist. Ein Wächter in Ausbildung. Es war klar, dass er uns nicht glauben wird. So wurde er nicht erzogen. Die anderen werden jede Chance nutzen, um der Regierungskontrolle zu entfliehen. Es gibt so viele Menschen, die nur auf diese Nachricht warten. Wir müssen sie ihnen nur bringen.«
»Und wie sollen wir das ohne Caleb anstellen?«, schluchzt Hailey. »Mein Vater konnte all das vielleicht. Er war ein Kämpfer. Aber ich bin nicht wie er. Ich bin ein Niemand. Eine Traumlose.«
»Falsch. Dank dir haben Macy und ich enger zusammengefunden. Deine Rettung hat uns gezeigt, wie viel wir uns wirklich bedeuten. Deinetwegen konnten wir Caleb und Kira ebenfalls helfen.«
»Und Kira ist meinetwegen in ihr eigenes Verderben gerannt! Bestimmt wurde sie längst wieder aufgegriffen und ist jetzt tot.« Hailey wird von heftigen Schluchzern geschüttelt. »Ich kann nicht immer die Starke sein. Es tut mir leid, Macy. Aber irgendwann geht es einfach nicht mehr. Ich kann nicht mehr so tun, als wäre mir das alles egal. Mir ist es nicht egal! Kira hatte Gefühle für Caleb und sie hat gesehen, wie ich ihn geküsst habe. Deshalb ist sie weggelaufen, direkt in ihr Verderben. Ich bin der Grund für all das. Meinetwegen habt ihr euch mit der Regierung angelegt. Ich ...« Sie bricht ab, als ein tränenerstickter Seufzer ihrer Kehle entrinnt.
»Falsch«, ermahnt Macy sie sanft, aber streng. Sie nimmt ihre beste Freundin in den Arm und streicht ihr über den Rücken. »Dank dir haben wir die Wahrheit erkannt. Und für diese Wahrheit wollen wir kämpfen.«
»Ihr meint es wirklich ernst.« Wolf sieht resigniert in die Runde.
»Wolf? Was? Wie?«, stammelt Hailey und wischt sich schnell die Tränenspuren aus dem Gesicht.
»Ich konnte nicht gehen. Mein Herz wollte das Gebäude einfach nicht verlassen. Also bin ich umgekehrt und habe mich angeschlichen.«
»Angeschlichen?« Jules mustert ihn misstrauisch.
»Als Wächter lernt man das und noch mehr, glaub mir.« Sobald er sich an Hailey wendet, verliert seine Stimme den hochnäsigen Tonfall. »Verzeih mir. Ich hätte nicht weglaufen dürfen. Ich dachte immer, dass Traumlose gefährlich sind. Aber du wirkst nicht gefährlich. Ich habe dir in die Augen geblickt und deine Angst gesehen. Ich habe dir geholfen, weil du ängstlich, verloren und allein gewirkt hast. Ich kann und will nicht glauben, dass ich mich so in einem Menschen getäuscht habe. Ich kam zurück, um dir das zu sagen ... Und um euch zu belauschen. Ja, ich gestehe, dass ich euch belauschen wollte und auch habe. Aber ich musste das tun, um sicherzugehen. Ich –«
»Still jetzt«, unterbricht Hailey ihn. »Du bist zurück, nur das zählt.«
Jules und Macy blinzeln überrascht, aber Hailey ignoriert sie. Sie ist sich sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Wolf hat sie gerettet, sie ist ihm einen Gefallen schuldig.
»Seine Bedingung war, dass er mit mir kommen darf«, erklärt sie ihren Freunden. »Auch wenn er damit vermutlich nur die Flucht aus dem Randbezirk gemeint hat – vielleicht sogar nur für wenige Stunden – habe ich ihm dieses Versprechen in dem Bewusstsein gegeben, dass er gemeinsam mit uns gegen die Regierung vorgeht. Ich werde mein Versprechen nicht brechen.«
Macy schmeißt hilflos die Arme in die Luft. Ihre blonden Locken stehen ihr wirr vom Kopf ab.
»Musst du wirklich in so einer Situation an deinem Ehrgefühl festhalten? Er ist ein Wächter in Ausbildung.«
»Und deshalb sehr nützlich«, kontert Hailey. »Ihr wolltet doch, dass ich nicht einfach so in die Festung stürze. Ich bin mir sicher, dass er einen anderen Weg kennt. Wenn er geht, stürme ich die Festung und rette Caleb alleine.«
An Macys grimmigen Gesichtsausdruck erkennt Hailey, dass sie gewonnen hat. Sie ist sich sicher, dass sie mit Wolfs Hilfe Caleb schneller helfen können als ohne ihn. Zudem möchte sie sich selbst nicht betrügen, indem sie ihre eigenen Versprechen bricht.
»Tatsächlich hätte ich eine Idee«, wirft Wolf ein und grinst schelmisch in die Runde. »Wenn ihr mir bitte folgen würdet. Und damit eins klar ist: Im Auto erzählt ihr mir alles von Anfang an.«
Zwölftes Kapitel
»Jules und ich machen das nur deinetwegen«, zischt Macy ihrer Freundin zu. »Wenn irgendetwas schief läuft, bist du verantwortlich. Und wehe, du setzt
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