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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Jäger
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dann nicht ebenfalls alle Hebel in Bewegung, um mich zu retten.«
    »Ihr müsst nicht mitkommen«, erwidert Hailey schuldbewusst. »Das habe ich doch schon gesagt.«
    »Und dich mit dem Kerl alleine lassen? Niemals!«
    »Danke für das Kompliment«, flötet Wolf. »Wir sind übrigens da.«
    Hailey blickt auf die Rückbank zu Macy und Jules.
    »Ihr müsst das wirklich nicht tun.«
    »Wie Macy schon gesagt hat: Wir sind so weit gegangen, jetzt machen wir keinen Rückzieher mehr. Macy will an deiner Seite sein und ich an ihrer.«
    »Danke«, flüstert Hailey. Sie weiß nicht, was sie sonst entgegnen soll. Die Tatsache, dass diese beiden Menschen sich für sie opfern würden, kann nicht mit Worten ausgeglichen werden. Dennoch möchte sie irgendetwas sagen, dass ihre Dankbarkeit ansatzweise ausdrücken kann.
    Sie blickt auf. Jules hält Macys Hand und streichelt sie zärtlich. Diese Geste erinnert Hailey an Calebs Kuss. Ihr Herz wird schwer.
    »Ich weiß wirklich sehr zu schätzen, was ihr für mich tut. Ich ...«
    »Genug mit dem Gesülze. Dafür habt ihr später noch genug Zeit.«
    »Und was, wenn nicht?«, würde Hailey am liebsten rufen, aber sie nickt nur und steigt aus. Ein klammes Gefühl ergreift von ihr Besitz, als sie den Kopf hebt und die steinerne Fassade des Gebäudes betrachtet. Ein großes Vordach wölbt sich über der Eingangstür und schützt so, gemeinsam mit den niedrigen Mauern, die dort stehenden Schuhe vor Regen. Das Haus steht auf einem großen Stück Grünfläche, ein Luxus, den sich lediglich die sechs Großwächterfamilien leisten können. Das Bauwerk scheint aus einer anderen Zeit zu stammen, als Stein und nicht Glas das Zeichen für Reichtum und Wohlstand darstellte.
    Verschiedene Fenster zieren die Außenmauern. Nach oben spitzzulaufende, mit starken Eisengittern verriegelte, niedlich runde mit Spitzengardinen.
    Hailey schluckt. Diese Unstetigkeit lässt das Haus wie einen Geisteskranken wirken und sie möchte sich nicht ausmalen, welcher Wahnsinn hinter den Fassaden steckt. Die Sonne ist schon fast hinter dem Horizont verschwunden und die heraufziehende Dunkelheit verleiht dem Wohnsitz etwas noch Bedrohlicheres.
    »Sind wir hier wirklich willkommen?«, fiepst Hailey.
    »Keine Ahnung«, lacht Wolf und betätigt die Klingel.
    »Wohnst du nicht auch hier?«
    »Nein, hier wohnt der momentane Regierungsvertreter aus unserer Familie.«
    Haileys Mund klappt auf.
    »Ganz allein, in diesem großen Haus?«
    Wolf tätschelt ihr lachend die Haare.
    »Nein, du Dummerchen. Sein Dienstpersonal wohnt auch noch hier.«
    Haileys Antwort wird vom Quietschen der sich öffnenden Tür unterbrochen. Ein junges Mädchen verneigt sich tief vor ihnen.
    »Friedolin-Anton, schön, dass Sie uns beehren.« Wenn die Stimme des Mädchens nicht so emotionslos klingen würde, müsste Hailey laut loslachen. Aber ihr leerer Blick und die glanzlosen zurückgebundenen Haare jagen ihr einen Schauer über den Rücken.
    »Friedolin-Anton? Deswegen also der Spitzname. Verständlich«, denkt sie schadenfroh.
    Das Dienstmädchen ist ungefähr so alt wie Hailey und trägt ein schlichtes dunkles Stoffkleid sowie eine weiße Schürze. Ihre Hände hat sie ihm Schoß verschränkt.
    »Darf ich Sie zu Ihrem Onkel führen? Er hält sich gerade im Speisesaal auf.«
    »Wo sonst«, erwidert Wolf.
    »Ich verstehe nicht?«
    Diese Antwort verwirrt Hailey.
    »Ja, bring mich zu ihm.«
    Das Mädchen nickt und dreht sich um. Dabei wird ihre entblößte linke Schulter sichtbar. Aus dem Kleid wurde feinsäuberlich ein rundes Stück herausgeschnitten. Darunter glänzt die weiße Haut des Dienstmädchens sowie ein Emblem, das Hailey zu bekannt vorkommt.
    »Sie ist eine Geprägte?«, bricht es aus Hailey heraus. Beschämt schlägt sie sich die Hand vor den Mund. »Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzen.«
    Das Dienstmädchen nimmt keine Notiz von ihr, sondern führt sie weiter durch die große Halle, an deren Decke ein goldener Kronleuchter hängt. Der Boden ist mit weißem Marmor ausgelegt, die Wände sind bis zur Hälfte mit dunklem Holz vertäfelt. Hinter den Gemälden, welche die obere Hälfte der Wände fast vollkommen bedecken, erkennt Hailey eine dunkelrote Tapete mit Blumenmuster. Die Personen auf den Bildern sind mit kräftigen Farben gemalt und wirken äußerst lebensecht. Hailey ist fasziniert. Noch nie hat sie außerhalb eines Museums Gemälde gesehen.
    »Sie hört dir nur zu, wenn du sie direkt ansprichst und ihr einen Befehl gibst.

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