Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
kurz darauf Caleb aus dem Auto zu helfen. Kira klettert alleine aus dem Auto und knallt die Tür lauter zu als nötig. Hailey ignoriert dieses kindische Verhalten geflissentlich und freut sich darüber, dass Caleb sich auf ihrer Schulter abstützt. Sie genießt seine Körperwärme und die beruhigende Wirkung, die er auf sie hat.
»Hier entlang.«
Jules steuert auf einen halb eingerissenen Maschendrahtzaun zu, der sich zwischen zwei Häusern erstreckt. Geübt stellt er seinen rechten Fuß auf ein herabhängendes Stück und schafft so einen Durchgang. Zuerst springt Kira darüber hinweg, dann helfen Jules und Hailey Caleb über das Hindernis. Er ist noch immer sehr schwach auf den Beinen, die manchmal unter ihm nachgeben. Immer wenn das passiert, kommt sein Gesicht Haileys so nah, dass sie seinen Atem auf der Haut fühlen kann. Caleb scheint die Nähe nicht zu stören. Im Gegenteil. Hailey wird das Gefühl nicht los, dass er sich ihr absichtlich annähert. Von der Situation überfordert, nimmt sie es hin, ohne darauf zu reagieren. Lediglich ein schüchternes Lächeln brennt sich für die Dauer ihres Fußmarsches durch die Ruinen in ihr Gesicht.
Schließlich führt Jules sie in ein dunkles Gebäude, das noch intakt ist. In der gegenüberliegenden Mauer der Halle ist eine Tür eingelassen, die er aufstößt, um kurz darauf loszurennen. Panisch laufen die anderen ihm nach. Als sie sehen, dass er Macy fest in die Arme schließt, atmen sie erleichtert auf.
Die beiden stehen im Licht der untergehenden Sonne und klammern sich aneinander, als hätten sie sich seit Jahren nicht gesehen. Bei diesem Anblick wird Hailey warm ums Herz. Macy lächelt nicht nur, sie strahlt – von innen und von außen. Ihre Locken wirken noch goldener und ihre Augen leuchten voller Lebenslust. Die aufrechte Haltung zeugt von neuem Selbstvertrauen. So wenige Wochen ohne Hailey und schon hat sich alles verändert.
»Sie lieben sich wirklich«, flüstert Caleb und reißt sie aus ihren Überlegungen.
»Ja, scheint so«, erwidert Hailey und beobachtet Caleb aus den Augenwinkeln. Er studiert ihr Gesicht so intensiv, dass Hailey unter seinem Blick errötet.
»Was ist?«, stößt sie hervor.
»Nichts. Ich bin nur froh, überlebt zu haben.« Er grinst schelmisch. »Auch wenn mein Körper einiges einstecken musste.«
Mit diesen Worten ist das Gespräch für ihn beendet. Er löst sich von Hailey und humpelt auf Jules zu.
»Das hier«, er breitet seine Arme aus, »ist unser neues Zuhause?«
»Eher eine Zwischenstation«, klinkt Macy sich ein und hält ihm die Hand hin. »Ich bin Macy.«
»Caleb.«
Macy nickt. Ihr Blick fällt auf Hailey und ein Freudenschrei entschlüpft ihr. Sie stürmt auf ihre beste Freundin zu.
»Ich habe dich vermisst.« Fest schließt sie Hailey in die Arme. »Du bist es wirklich.«
Hailey kommen die Tränen. Glücklich vergräbt sie ihr Gesicht an Macys Schulter.
»Ich habe dich auch vermisst. Danke, dass du mich gerettet hast ... Danke, dass du uns gerettet hast.«
Sie drückt Macy fest an sich und möchte sie am liebsten nie wieder loslassen.
»Wie dramatisch wir sind«, kichert Macy schließlich und wischt sich die Tränenspuren aus dem Gesicht. »Es war doch klar, dass wir uns wiedersehen.«
Beide wissen, dass dies nicht ganz der Wahrheit entspricht.
»Wir sind wirklich dämlich«, murmelt Hailey halb weinend, halb lachend.
»In der Tat.« Kiras Stimme zerstört jegliche Glücksgefühle. Wütend funkelt Hailey sie an. Kira hebt entschuldigend die Hände.
»Die Sonne geht bald unter. Ihr könnt auch gerne hier bleiben und weiter heulen. Die Jungs sind jedenfalls schon oben und haben alles vorbereitet. Ich soll euch holen kommen.«
Mit diesen Worten dreht sie sich um und verschwindet in einem der Gebäude, die den Innenhof umgeben. Macy wirft Hailey einen Blick zu, der eindeutig fragt:
»Was hat die denn?«
Hailey zuckt nur mit den Schultern und folgt Kira in die Dunkelheit. Direkt neben der Tür führt eine morsche Holztreppe nach oben. Vorsichtig setzt Hailey einen Fuß vor den anderen und versucht in der Finsternis ihr Gleichgewicht zu halten. Oben angekommen stößt Kira eine Tür auf und oranges Abendlicht flutet über Hailey hinweg. Sie kneift die Augen zusammen und tastet sich in den Raum vor, in dem Jules und Caleb auf dem Boden sitzen. Hailey lächelt, als sie bemerkt, dass Calebs Gesicht nicht mehr so blass ist wie vor wenigen Stunden. Angeregt diskutiert er mit Jules über ihr weiteres Vorgehen. Als
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