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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Jäger
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erbarmungslos. Die Steinwände verstärken sie unnatürlich, so dass Mat versucht ist, sich die Hände auf die Ohren zu pressen.
    »Weil ...«, beginnt er und seine Stimme versagt. Was soll er auch sagen? Weil er Hailey retten wollte? Weil die Regierung seinen Bruder auf dem Gewissen hat und zudem jeden belügt? Weil es das Richtige war?
    Stumm blickt er hinauf in die Dunkelheit. Die Finsternis ist so allumfassend, dass sich selbst ein Blinder im Vergleich zu dieser Schwärze sehend fühlen würde.
    Es gibt nichts, was Mats Leben retten könnte.
    »Weil?«, bohrt der Vorsitzende des Tribunals nach.
    »Sprechen Sie!«
    Ein Stein saust an Mats Ohr vorbei und trifft mit einem lauten Klacken auf die Wand hinter ihm. Eine Warnung.
    »Ihre Anklage lautet auf Hochverrat, das ist Ihnen bewusst?«
    Mat sinkt in sich zusammen. Selbst wenn er Hailey verrät, wird er sterben. Die Frage ist nur, wie qualvoll. Mit etwas Glück wird man ihn erschießen. Ein Knall und er könnte endlich zu seiner Mutter und alles klären.
    Im schlimmsten Fall werden sie Dinge mit ihm tun, die Mats Vorstellungskraft bei weitem überschreiten. Einmal war er zufällig in ein Verhör gestolpert, bei dem sie dem Gefangenen einzeln die Fingernägel ausrissen.
    Bei dem Gedanken wird Mat noch immer übel.
    »Also?«
    Schweiß rinnt über seine Stirn, sein Widerstand bröckelt.
    »Wenn Sie kooperieren, lassen wir Sie frei.«
    Ein Versprechen mit Worten so leer wie Mats Leben. Seine Gedanken wirbeln umher wie die Staubkörner im Scheinwerferlicht. Klein, nicht zu fassen, unbedeutend. Er wird nichts ändern können. Die letzte Entscheidung seines Lebens fällt ihm erstaunlich leicht. Alles, was noch kommen wird, liegt in weiter Ferne. Es zählt nur der Augenblick. Mat atmet tief durch und fühlt sich auf einmal wieder wie der kleine Junge, der hinter dem dunkelroten Vorhang hervorschaut und seine weinende Mutter auf dem Boden liegen sieht, während Männer in weißen Anzügen seinen großen Bruder mit sich nehmen. Vor wenigen Minuten hat er mit Mat noch Verstecken gespielt, nun verschwindet er für immer. Mat hat ihn nie wieder gefunden.
    Eine einzelne Träne rinnt über seine Wange und trocknet im heißen Scheinwerferlicht.
    »Geben Sie uns eine Antwort!«
    Erneut wird ein Stein geworfen, dieses Mal trifft er Mats Schulter. Ein heißer Schmerz durchzuckt ihn, aber er hält still.
    Langsam hebt er den Kopf nach oben und versucht, eine der dunklen Gestalten zu fixieren. Es wäre töricht, die Wahrheit zu sagen und Haileys Absicht zu verraten. Wenn die Regierung wüsste, dass sie ihnen auf der Spur sind, wären sie in noch größerer Gefahr.
    »Weil Sie meinen Bruder getötet haben.«
    Die Wahrheit. Überprüfbar und ehrlich. Eine kleine Hoffnung auf einen schnelleren Tod. Mat hört das leise Tippen auf einer Tastatur.
    »Er sagt die Wahrheit«, flüstert jemand in der Dunkelheit.
    »Erschießen Sie ihn«, ertönt die Antwort.
    Ein Knall und ein letztes Mal sieht Mat die verquollenen Augen seiner Mutter vor sich. Wie sie ihn damals fragend und flehend angeschaut hatte. Wie ihre Hand zitterte, als sie seinen Arm streifte, um ihn zur Vernunft zu bringen.
    »Warum mein Sohn? Warum ein Kontrolleur? Warum willst du eines dieser Monster werden?«
    Die Wahrheit hätte das Bild ihres Sohnes reinwaschen können, doch hätte dieses Wissen auch ihren Tod bedeutet.
    »Ich werde es dir gleich erklären können« , ist sein letzter Gedanke, dann versinkt Mats Verstand für immer in Finsternis.
    »Du bedankst dich, obwohl er das alles nur für deine Freundin getan hat? Solltest du dich nicht bei ihr dafür bedanken, dass sie dich nicht aufgegeben hat?«
    Missbilligend richtet Kira den Taschenlampenstrahl auf sie und mustert sie von oben bis unten. Hailey schluckt. Sie versteht nicht, wie ihre aufkeimende Freundschaft so schnell in Verachtung umschlagen konnte. Hailey fühlt sich, als hätte sie die falsche Flussgabelung gewählt und würde nun auf einen tosenden Wasserfall zu treiben, ohne Aussicht auf Rettung.
    »Ich habe mich dafür bedankt, dass er meine beste Freundin liebt«, entgegnet sie kühl. Kira möchte etwas erwidern, doch Caleb setzt sich auf und sofort wendet sie sich ihm zu.
    »Wie geht es dir?«
    »Mein Kopf schmerzt, mir ist übel und ich habe Hunger ... Aber sonst.«
    »Ich besorge dir etwas zu essen.«
    Sofort springt Kira auf.
    »Jules sagte, dass er morgen etwas mitbringt«, zischt Hailey und stellt sich ihr in den Weg. Einerseits möchte sie nicht, dass

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