Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
Wächtern zusammen, um das beurteilen zu können. Sekunden der Stille vergehen und Hailey tritt nervös von einem Fuß auf den anderen. Schließlich räuspert Mat sich. An den Schweißperlen auf seiner Stirn merkt Hailey, dass die Antwort nicht positiv ausfallen wird, noch bevor er den Mund öffnet.
»Nein.«
Noch ein Wort. Ein Wort, das jede frisch erblühte Hoffnung rücksichtslos niedertrampelt.
»Wir können nicht länger warten. Mat, könnten Sie den Notfallalarm auslösen?«
Gespannt wartet Jules auf eine Antwort.
»Ich bin mir nicht sicher, ob das eine so gute Idee ist ...«
»Wir haben Ihre Schlüssel, also können wir es auch alleine tun. Meine eigentliche Frage ist: Sind Sie für oder gegen uns?«
»Ich ...«
»Mat, wir haben keine Zeit mehr!«
Drängend packt er ihn an den Schultern. Schweiß rinnt in Strömen über das Gesicht des Kontrolleurs. Obwohl Jules ihn festhält, bewegt er seinen Arm zum Gesicht, um es abzuwischen. Jules lässt ihn dafür los, nur um ihn kurz darauf wieder zu packen und ihm tief in die wässrigen Augen zu sehen.
»Na schön, ich helfe euch. Sobald der Alarm losgeht, werden alle über die Hauptkorridore nach draußen geführt. Ihr habt ungefähr drei Minuten Zeit, bis sie ihren Fehler bemerken. Bis dahin müsst ihr euren Freund befreit haben. Entweder schleifen sie ihn mit oder sie lassen ihn zurück. Auch wenn ich hoffe, dass sie ihn nicht mitnehmen, können wir nicht sicher sein.«
Er hält inne, wischt sich erneut über das Gesicht und leckt sich die trockenen Lippen. »Wenn sie ihn mitnehmen, werden die Wächter mit ihm ganz zum Schluss fliehen, um dem Gedränge zu entgehen. Folglich müsst ihr sie überwältigen – niemand von den anderen dürfte etwas mitbekommen. Dennoch wird es schwierig, zwei Wächter niederzustrecken ...«
»Lass das mal meine Sorge sein«, unterbricht Jules ihn und wirft ihm seine Schlüssel zu.
»Wie geht es weiter, wenn wir ihn haben?«
»Da alle evakuiert werden, könnt ihr so fliehen, wie der Junge es ursprünglich geplant hat: Durch die Essensluke. Das Personal dahinter wird ebenfalls zu den Ausgängen strömen. Die Küche hat einen Notausgang, der auf den Hinterhof führt. Dieser wird in Notfällen benutzt. Ihr meidet diesen und nutzt die normale Tür, die nicht gekennzeichnet ist. Dann kommt ihr in einen Gang, an dessen Ende der Weg in die Freiheit führt. Die Evakuierten sammeln sich auf dem Hinterhof, damit die Insassen im Falle eines Brandes sicher sind, aber nicht fliehen. Somit könnt ihr durch den Vorderausgang spazieren und dann –«
»Dann können wir uns ein Versteck suchen, um weitere Nachforschungen zu unserer Theorie anzustellen.«
»Richtig.«
Anerkennend mustert Mat Jules von oben bis unten.
»Du bist ziemlich schlau.«
»Vielen Dank.«
»Und jetzt los!«, unterbricht Kira sie und drängt zur Tür.
Mit fahrigen Fingern löst Mat einen Schlüssel von seinem Bund und drückt ihn Jules in die Hand.
»Direkt vor dem Speisesaal ist rechts eine Tür. Das ist die Medikamentenkammer, sie sollte leer sein. Geht dorthin, versteckt euch und wartet, bis die Gefangenen draußen sind. Danach könnt ihr wie besprochen fliehen.«
»Danke.«
Hailey ist von seiner Fürsorge gerührt.
»Mat?«
Vorsichtig nähert sie sich ihm, legt eine Hand auf seine Schulter und hebt den Kopf, um ihm in die Augen zu sehen.
»Danke.«
»Für dich immer, Hailey. Ich wollte dir nur helfen und dachte, die Klinik wäre eine Lösung. Wie ich sehe, ist sie das sogar ... Auch, wenn ich an eine andere Lösung dachte.«
»Ich weiß«, beschwichtigt Hailey ihn und sofort entspannt Mat sich merklich. Scheinbar hat die Schuld ihn schwer belastet. »Es ist alles in Ordnung. Danke, dass du uns hilfst«, bestätigt Hailey ihre Worte und drückt aufmunternd seine Schulter.
»Aber jetzt müssen wir los. Es sind knapp fünfzehn Minuten vergangen, seitdem wir Caleb zurückgelassen haben.«
Mit einem letzten Lächeln verabschiedet sie sich von ihm und geht gemeinsam mit Jules und Kira zu dem Lagerraum, dessen Schlüssel sie von Mat erhalten haben.
Jules schließt die Tür auf und die Drei quetschen sich in die enge Kammer, deren Wände nur aus Brettern bestehen, die mit verschiedenen Gläsern gefüllt sind. Die Inhalte der Behälter schimmern im Licht der nackten Glühbirne in den merkwürdigsten Farben.
Kurz nachdem sie die Tür hinter sich abgeschlossen haben, dringt ein markerschütterndes Alarmsignal durch das Gebäude und lässt die Gläser auf den
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