Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
auch eine andere Generation, dachte ich bei mir. Der Vergleich hinkte doch. Christoph war in seinem Auftreten viel zeitgemäßer und nicht so altbacken, ehrlich mal. Oder doch? War es vielleicht gerade Christophs klassisches Verhalten eines Kavaliers, welches so ansprechend auf Frauen wirkte?
Summend saugte Martha den Schmutz vom Boden und schob die Matchboxautos mit der Schuhspitze vor sich her. In einem jedenfalls hatte Martha zweifelsfrei Recht - „schein“ war der Christoph.
Ich suchte Herrn Brügge im großen Schuppen auf. Den hatte ich mir noch nie angeguckt, kannte einzig den Fahrradstand. Was sollte ein Schuppen denn auch Interessantes zu bieten haben außer Spaten, Harke und alter Gummistiefel.
„Hallo Herr Brügge...“, ich rief seinen Namen, während ich die Schuppentür quietschend öffnete. Spaten, Harken und alte Gummistiefel. Natürlich. Aber aus einem abgegrenzten Raum hörte ich gedämpfte Radiomusik.
Da stand er dann in einer alten Jeans, die Haare wild nach allen Richtungen aufgestellt, mit einem knappen langärmligen Unterhemd und einem Pinsel in der Hand vor einer großen Leinwand. Um ihn her einige Bilder und kleine Holzskulpturen in kreativem Chaos verstreut.
„Ah, hallo Antonia. Na, was halten Sie von meinem Meisterwerk?“
„Sie malen?“, verwirrt betrachtete ich seine Bilder, “Ich dachte, Sie seien Exporteur (von Staubsaugern) oder so.“
„Nein, nein. Vielleicht hätte ich das mal machen sollen. Ich bin ein, sagen wir, zweitklassiger Maler und Bildhauer. Aber ich kann tatsächlich und im Gegensatz zu anderen Künstlern recht gut davon leben. Sonst könnte ich mir Sie und Martha nicht leisten.“ Er griente, was sonst.
„Gelernt hab ich Schreiner, dann Restaurierung und Bildhauerei studiert und Möchtegernkünstler bin ich geworden. Die Muse streifte mein Antlitz mit unbarmherziger Macht. Als Atelier teile ich mir eine Fabriketage mit Kollegen in der Innenstadt. Am Wochenende kommt ein Kunde hier vorbei, der als Investor eine Ausstellung organisieren wird, mit Arbeiten „moderner gefragter“ Maler. Ich werde mit drei meiner Werke aus einer Reihe vertreten sein. Die befinden sich schon auf dem Weg nach Elbflorenz. Außerdem will er eines meiner Bilder hier für sein Kaminzimmer kaufen. Der Mann hat keine Ahnung von Malerei, aber solche Menschen wissen die Hingabe an ein Bild vielleicht am ehesten zu würdigen. Einfach weil sie es schön finden.“
Ich nickte. Ich verstand auch nichts von Malerei. Doch wenn mir ein Bild gefiel, dann war ich beeindruckt, tatsächlich.
„Da ich in mein Atelier niemanden hineinlasse, außer meine Modelle (ich musste schmunzeln), arbeite ich an meinem momentanen Projekt hier weiter.“
Sein augenscheinliches Projekt stand auf dem Kopf, wie mir schien. Es war das Portrait einer Frau. Mit einer ausladenden Geste wies er auf die Leinwände. Diese waren in unterschiedlicher Größe und in diversen Techniken bemalt, mit zum Teil unglaublich intensiven Farben und lebendigen Motiven. Eine Mischung aus Dali, Picasso und Rauch (viel mehr Maler kannte ich eh nicht). Sie alle schienen definitiv aus einer Hand gemalt und waren in Stil und Ausdruck doch gänzlich verschieden. Es gab zwei Zeichnungen, die empfand ich als kühl und distanziert, andere waren wunderschön, fast sinnlich. Ich sah einen Akt, der drückte solch Leidenschaft im Herzen des Malers aus, dass ich fast eifersüchtig auf das Modell wurde. Ihr Gesicht war ein ätherisches Strahlen, eine Madonnenschönheit, und ihr zart geschnittener Körper persönlich und liebevoll bis ins Kleinste illustriert. Bezaubert von dieser Hingabe blickte ich auf die Leinwand.
„Meine Frau, Exfrau.“ Rasmus Brügge stand hinter mir.
„Die große, wahre Liebe in meinem Leben.“
„Sie ist charmant“, antwortete ich. Wenngleich charmant nicht wirklich traf. Die Frau war viel mehr. Nie hätte ich für möglich gehalten, dass ein Brummbär wie Rasmus Brügge eine Fee zur Frau haben könnte.
„Ja, sie ist einzigartig und wunderschön, und sie ist mein Laster noch immer. Liebe, Antonia, Liebe kann wehtun, nicht wahr?!“ Ich bestätigte innerlich.
Rasmus liebte seine Frau augenscheinlich noch immer, und auf einmal tat er mir leid. Da war er nun, hier, mit Kindern die nicht seine eigenen waren, die er aber lieb hatte, weil sie die Kinder seiner Schwester sind, und dann war da die unbändige Zuneigung zu seiner Exfrau. Eine Liebe, die wohl lange dauern würde, bis sie von einer anderen Elfe abgelöst
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