Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
schenkte mir ein Glas Rotwein ein, und ich durfte mich neben Christoph setzen. Jipieyhe. Versonnen starrte ich auf meinen Schwarm, rot bis unter die Zehennägel. Hätte ich gar nicht lackieren zu brauchen. Manchmal berührte sein Knie das meinige, und er ließ es länger dort ruhen, als es nötig gewesen wäre.
Also schlimm, ehrlich schlimm. Eine Frau von, weit über, also weit über dem Zenit der Jugendlichkeit...und dann das. Als wäre ich nicht imstande, gescheit daher zu schwafeln, nippte ich die ganze Zeit einzig an meinem Rotwein und lauschte den markigen Ergüssen des Rasmus´ Brügge, den ironischen Bemerkungen seiner Mutter und den intelligenten Formulierungen Christophs.
„Sie trinken gar keinen Alkohol, Christoph?“, fragte ich, als ich erstaunt feststellte, dass in Christophs Glas Johannisbeersaft vor sich hin vegetierte.
„Christoph hat keine Unarten, ein fast makelloser Mensch. Trinkt nicht, raucht nicht, ...“, Rasmus Brügge lallte vor sich hin. Rasmus war im Gegensatz zu seinem Freund eine wahre Lasterhöhle. Christoph erwiderte daraufhin:
„Ich lebe nicht in Askese. Keineswegs. Aber Zigaretten schmeckten mir noch nie und Alkohol trinke ich nur gelegentlich, heute ist mir nicht danach.“
Er schmunzelte mich mit seinen weißen gebleichten Zähnen an. Was für ein Lächeln. Es galt ganz allein mir.
„Sonja kann alle unter den Tisch trinken. Sie ist standhaft wie ein Gardegeneral, nicht Christoph? Sie hat mich unter den Tisch gesoffen, und ich vertrage einiges. Sonja trinkt Wodka wie andere Wasser“, Herr Brügge blickte betrübt und in Erinnerungen schwelgend in sein Whiskyglas.
„Ja, Sonja war und ist, trotz ihrer Zartheit, ein echtes Weib. Sie war uns allen in vielem überlegen. Aber eine Sache konnte sie eben nicht ertragen, und du weißt, dass sie unter den gegebenen Umständen nicht weiter mit dir leben konnte. Sie wäre sich vorgekommen wie in einem Gefängnis. Und vergangen, Rasmus, ist vergangen“, Christoph sprach flüsternd, während ich immer tiefer in meinem Stuhl einsank. Ich wollte das doch alles gar nicht wissen. Frau Brügge Senior schüttelte ihren Kopf energisch, sie hätte ihren selbstmitleidigen Sohn wohl am liebsten geschüttelt.
„Sonja ist in New York, und du bist hier, mit deinen Neffen und deiner Nichte und meinen Enkeln. Und das ist gut so, reiß dich zusammen, Rasmus, das ist es nicht wert! ... Ich mache mich auf den Weg. Bis Sonnabend. Ich komme am frühen Nachmittag, da kann ich noch alles arrangieren, mit Ihnen, Antonia.“
Frau Brügge verabschiedete sich von uns. Sie würde den Freitag mit ihrer Freundin verbringen. Auch ich sollte mich langsam ins Bett trollen, und so verabschiedete ich mich von meinem Arbeitgeber und dessen Freund, der meine Hand in der seinen zum Abschied hielt, länger als nötig, bildete ich mir ein. Ausgedehnte Berührungspunkte. Der Wunsch als Vater des Gedankens.
Ich erwachte am nächsten Morgen durch das Kitzeln eines, nein nicht Sonnenstrahls, sondern einer Feder, welche mir Konrad aus experimentellen Gründen unter die Nase hielt. Ich nieste.
„Morgen Toni, kann is noch etwas bei dir kuseln. Nathan hat mis rausgesmissen.“
„Wie spät ist es denn?“
Gähnend zog ich ein Holzschwert unter meinem Rücken hervor und spießte es zwischen Matratze und Wand. Hatte ich wirklich darauf geschlafen?
„Is hell. Christoph is Jogging machen und Rasmus snarcht. Hab den auch mit der Feder nist wachgekriegt.“
Ich guckte schlaftrunken auf meine Armbanduhr. Die Zeiger auf 6:15 Uhr verschwammen vor meinen Augen, und Christoph joggte bereits. Er wurde in meinen Augen immer heldenhafter. Wir kuschelten ein Weilchen, dann erhob ich mich, um die anderen Kinder zu wecken. Ich warf mir einen Morgenmantel über und schlurfte schlaftrunken in die Küche, aus der es nach frisch aufgebrühtem Kaffee und Toast duftete. Christoph stand am Herd und briet gedankenverloren Rühreier. Der Tisch war bereits gedeckt und sogar die Brotbüchsen der Kinder aufgefüllt. Dieser Mann übertraf alles.
„Guten Morgen. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen. Wenn nicht, wir können ruhig die Räumlichkeiten tauschen.“ Er schenkte mir ein Zahnpasta-Lächeln.
„Guten Morgen. Nein, nein, alles schick“, hauchte ich hervor, während ich meine Rückenpartie massierte. Ein wenig Würde sollte ich mir schon bewahren. Die Kinder stürmten in die Küche, setzten sich an den Tisch und begannen zu frühstücken.
Da saßen wir nun, wie eine richtige Familie,
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