Traummann mit Zuckerkuss
Ist schon okay, ich bin auch so süß genug, Schätzchen.« Er lachte nervös, bezahlte und zog von dannen. Pearl ließ triumphierend die Kasse klingeln.
» Unser erster Kunde!«, rief sie stolz.
Issy lächelte. » Ich fürchte allerdings, dass ich ihn vergrault habe.« Sie sah nachdenklich drein. » Was ist denn, wenn er recht hat? Vielleicht sind wir ja zu schick für die Gegend?«
» Na, ich bin’s jedenfalls nicht«, knurrte Pearl und wischte einen winzigen Milchspritzer von der Theke. » Und morgens um halb acht isst sowieso noch niemand Kuchen.«
» Ich schon«, entgegnete Issy. » Und das macht bestimmt bald jeder. Die Leute essen doch auch Muffins. Muffins sind die amerikanische Art zu sagen ›Ich esse Kuchen zum Frühstück‹.«
Pearl sah sie an. » O mein Gott, du hast recht. Na, das erklärt so einiges.«
» Hm«, machte Issy.
Im Laufe der nächsten Stunde kamen neugierige Nachbarn vorbei, die sich wohl fragten, wer dieses Mal den zum Scheitern verurteilten Laden übernommen hatte. Manche von ihnen waren sogar so unhöflich, ans Fenster zu treten, sich die Nase an der Scheibe plattzudrücken und nach kurzem Glotzen wieder zu verschwinden.
» Das ist aber nicht sehr nett«, bemerkte Issy.
» Issy«, erwiderte Pearl, für die der Morgen schon hart genug gewesen war, immerhin war sie um Viertel vor sechs aufgestanden und hatte Louis zum neuen Kindergarten gebracht. » Du wohnst doch nicht hier. Das geht ja nicht gegen dich persönlich.«
» Wie kannst du das nur sagen?«, empörte sich Issy und ließ den Blick durch ihr leeres Café wandern. » Ich hab mein Herzblut in dieses Projekt gesteckt. Persönlicher geht es kaum!«
Um zwei vor neun marschierte ein dunkler kleiner Mann mit einem altmodischen Hut, den er sich tief in die Stirn gezogen hatte, über den Hof. Als er schon fast am Café vorbeigestapft war, machte er auf einmal eine Fünfundvierzig Grad-Wendung und stierte zu ihnen herüber. Er sah sie direkt an, taxierte sie finster für einige Sekunden, wandte sich dann wieder ab und ging weiter. Kurz darauf hörten sie das Geräusch einer metallenen Jalousie.
» Das ist der Eisenwarenhändler!«, rief Issy aufgeregt. Sie hatte bereits versucht, bei ihrem Nachbarn vorbeizuschauen und Hallo zu sagen, aber das urige Lädchen, in dem Töpfe und Pfannen verkauft wurden, schien etwas merkwürdige Öffnungszeiten zu haben, und sie hatte dort nie jemanden angetroffen. » Dem bringe ich jetzt eine Tasse Kaffee vorbei und freunde mich mit ihm an.«
» Ich wäre lieber vorsichtig«, wandte Pearl ein. » Du weißt doch gar nicht, warum die anderen Geschäfte hier schließen mussten. Dass er einen komischen Laden hat, ist schon mal klar. Vielleicht hat er ja auch komische Angewohnheiten. Womöglich hat er unsere Vorgänger vergiftet.«
Issy starrte sie an.
» Na ja, wenn er mir was zu trinken anbietet, dann sage ich einfach ›Nicht nötig, ich habe doch ein Café‹!«
Pearl zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts dazu.
» Gut, dann lasse ich uns vielleicht erst ein paar Tage Zeit«, lenkte Issy schließlich ein.
Um elf Uhr kam eine müde, erschöpft wirkende Mutter mit einem ebenso matten Kind herein. Obwohl die beiden Frauen viel Aufhebens um das kleine Mädchen machten, ging sie nicht darauf ein und griff, nachdem sie ihrer Mummy einen fragenden Blick zugeworfen und als Antwort eine resignierte Geste erhalten hatte, lediglich schweigend nach dem dargebotenen Kuchen.
» Ich hätte gerne einen Kaffee, schwarz bitte«, sagte die Frau. Sie nahm ihre Tasse, lehnte ab, als man ihr einen gratis Cupcake anbot (was Issy langsam wahnsinnig machte), und zählte den Betrag in Kleingeld auf die Theke. Dann setzte sie sich mit dem Mädchen auf das graue Sofa, in Reichweite von Zeitschriften, Zeitungen und Büchern. Für das alles hatte die Mutter jedoch keinen Blick. Sie schlürfte gemächlich ihren Kaffee und sah aus dem Fenster, während die Kleine ganz, ganz leise mit ihren Fingern spielte. Da sie jetzt zu viert im Lokal waren, fanden Pearl und Issy es bald schwierig, sich normal zu unterhalten.
» Ich lege mal ein bisschen Musik auf«, schlug die frischgebackene Cafébesitzerin vor. Aber als sie die neue Corinne- Bailey -Rae-Scheibe in ihren alten CD -Spieler schob, den sie dem Cupcake Café spendiert hatte, auf Play drückte und sanfte, süße Töne den Raum erfüllten, da stand die Frau augenblicklich auf und schickte sich zum Gehen an, so als wäre die Musik ein Zeichen oder als würde man sie
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